Telekom-Spitzelaffäre:Besuch beim Staatsanwalt

Der ehemalige Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke will die Ermittler persönlich von seiner Unschuld im Spitzelskandal überzeugen.

H. Leyendecker u. K. Ott

Diese Woche hatte Kai-Uwe Ricke in Dubai am Persischen Golf zu tun, und auch sonst kommt der ehemalige Vorstandschef der Deutschen Telekom viel herum. Er ist als Berater unterwegs. Demnächst will der gelernte Bankkaufmann, der inzwischen in der Schweiz wohnt, unbedingt wieder in Bonn vorbeischauen, von wo aus er zwischen 2002 und 2006 die Telekom führte. Ricke zieht es allerdings nicht an seine alte Wirkungsstätte zurück, er will ein paar Straßen weiter bei der Staatsanwaltschaft vorsprechen.

Ricke hatte sich, als er noch im Amt gewesen war, wiederholt über Indiskretionen geärgert und die Konzernsicherheit beauftragt, nach den Lecks im eigenen Unternehmen zu suchen. Man könne nicht durchgehen lassen, dass erneut Interna in der Zeitung stünden, schrieb Ricke einmal in einer E-Mail. Er wies die Konzernsicherheit an, eine "professionelle Nachverfolgung" in Gang zu setzen. Der Ex-Konzernchef sagt aber seit der Enthüllung der Spitzeleien vor eineinhalb Jahren, es sei ihm immer nur um rechtmäßige, legale Kontrollen gegangen. Er habe die Erhebung und Auswertung von Telefonverbindungsdaten weder angeordnet noch davon gewusst.

Kai-Uwe Ricke und Klaus Zumwinkel

(Foto: Foto: dpa)

Die Strafverfolgungsbehörde ermittelt seit eineinhalb Jahren gegen den ehemaligen Konzernchef, den früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel und etliche weitere Beschuldigte wegen des Spitzelskandals bei dem Telefon- und Internetunternehmen. In den nächsten Wochen soll das Verfahren abgeschlossen werden; dann entscheidet sich, wer angeklagt wird und wer nicht.

Ricke will die Staatsanwaltschaft nun persönlich von seiner Unschuld überzeugen und erreichen, dass die Ermittlungen gegen ihn eingestellt werden. Der ehemalige Telekom-Chef werde der Behörde "Rede und Antwort stehen", sagt ein Sprecher Rickes.

Zumwinkel hat das gleiche Ziel, er hofft ebenfalls auf eine Einstellung des Verfahrens, er wählt allerdings einen anderen Weg. Sein Anwalt Hanns Feigen will nach eigenen Angaben noch im November einen "umfassenden Schriftsatz bei der Staatsanwaltschaft einreichen" und darin schildern, warum sein Mandant keine Schuld an dem Skandal habe.

"Professionelle Nachverfolgung"

Die Telekom hatte Mitte des Jahrzehnts die Telefonverbindungsdaten von eigenen Aufsichtsräten, von Journalisten und von anderen Personen ausgewertet, um herauszufinden, wer vertrauliche Informationen aus dem Unternehmen an die Presse gegeben haben könnte.

Tätig geworden war die Abteilung Konzernsicherheit, zusammen mit der Berliner Beratungs- und Recherchefirma Network, die auch in der Datenaffäre der Deutschen Bahn eine Rolle spielt. Mindestens ein damaliger Mitarbeiter der Konzernsicherheit soll angeklagt werden, ebenso wie der Network-Chef Ralph Kühn. Was mit den übrigen Beschuldigten geschieht, darunter auch Ricke und Zumwinkel, ist noch offen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Bruch des Fernmeldegeheimnisses und wegen der Veruntreuung von Konzernvermögen.

Ricke hatte sich, als er noch im Amt gewesen war, wiederholt über Indiskretionen geärgert und die Konzernsicherheit beauftragt, nach den Lecks im eigenen Unternehmen zu suchen. Man könne nicht durchgehen lassen, dass erneut Interna in der Zeitung stünden, schrieb Ricke einmal in einer E-Mail. Er wies die Konzernsicherheit an, eine "professionelle Nachverfolgung" in Gang zu setzen. Der Ex-Konzernchef sagt aber seit der Enthüllung der Spitzeleien vor eineinhalb Jahren, es sei ihm immer nur um rechtmäßige, legale Kontrollen gegangen. Er habe die Erhebung und Auswertung von Telefonverbindungsdaten weder angeordnet noch davon gewusst.

Rickes Frankfurter Anwalt Rainer Hamm hat die Staatsanwaltschaft wegen ihres Tatverdachts gegen seinen Mandanten wiederholt hart attackiert und der zuständigen Abteilung sogar vorgeworfen, populistisch orientiert zu sein. Der Vorwurf der Untreue gegen Ricke, schrieb Hamm in einem Schriftsatz an das Amtsgericht Bonn, trage alle Merkmale von Willkür. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass ein früherer Mitarbeiter der Konzernsicherheit in einem Memo festgehalten habe, das betreffende Projekt sei auf einen Auftrag des damaligen Konzernchefs Ricke zurückgegangen. Bei diesem Projekt mit Namen Clipper waren Telefonverbindungsdaten genutzt worden, um nach Kontakten von Journalisten zu Aufsichtsräten und anderen Insidern zu suchen. Herausgekommen war dabei aber nichts.

Anwalt Hamm bezichtigte die Staatsanwaltschaft sogar rechtswidriger Übergriffe und drängte auf ein baldiges Ende des Verfahrens. Ricke habe sich eine raschere Klärung seiner Unschuld erhofft, schrieb der Anwalt. Schließlich erleide sein Mandant durch den in den Medien verbreiteten Status als Beschuldigter erhebliche berufliche Nachteile. Die Telekom sah das etwas anders. Vorstandsmitglied Manfred Balz schrieb im Februar 2009 in einer E-Mail an die Staatsanwaltschaft, ihm sei mitgeteilt worden, der ehemalige Konzernchef Ricke werde wegen des schleppenden Fortgangs des Verfahrens "ungeduldig". Er, Balz, mache sich das selbstverständlich nicht zu eigen und sehe hier keinen Handlungsbedarf.

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