Telekom:"Ethisch unvertretbar"

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Die Betriebsräte des Konzerns kritisieren ein angeblich gewerkschaftsfeindliches Verhalten der US-Tochter T-Mobile US einschließlich Einschüchterungsversuchen. Sie fordern den Vorstand und den Großaktionär Bund auf, hier einzugreifen.

Von Benedikt Müller, Berlin

Wenn Telekom-Chef Tim Höttges vom Geschäft in den USA erzählt, dann spricht er von "unserem Wachstumsstar": Die Telekom-Tochter T-Mobile US hat in den vergangenen Jahren Millionen Kunden gewonnen. Der Bonner Konzern erwirtschaftet mittlerweile fast die Hälfte seines Umsatzes in Amerika. In diesem Jahr konnte die Telekom schon zweimal ihre Gewinnprognose anheben, dank T-Mobile US.

Aus Sicht von Arbeitnehmervertretern hat jener "Star" jedoch eine Schattenseite: Sie kritisieren seit Jahren, dass T-Mobile US Druck auf Beschäftigte ausübe, die sich gewerkschaftlich engagieren, manchen mit Kündigung oder der Schließung ihres Standorts drohe. "Viele Beschäftigte haben Angst, sich offen zur Gewerkschaft zu bekennen oder sich gar gewerkschaftlich zu betätigen", monieren Betriebsräte der Telekom nun in einer neuen Initiative.

Darin fordert der Konzernbetriebsrat, dass T-Mobile US verbindlich zusagen sollte, sich neutral gegenüber Gewerkschaftern zu verhalten. "Niemand darf wegen seiner Mitgliedschaft in und wegen Aktivitäten für eine Gewerkschaft benachteiligt werden", heißt es in der Initiative. Die Telekom verhalte sich selbst "ethisch unvertretbar und unglaubwürdig", wenn sie mutmaßliche Einschüchterungsversuche in den USA dulden würde. Die Betriebsräte appellieren auch an den Bund, der noch 32 Prozent der Telekom-Aktien hält, dass er sich für ein Neutralitätsabkommen einsetzen sollte.

In den nächsten Jahren könnte das Amerika-Geschäft der Telekom weiter an Bedeutung gewinnen. Als drittgrößter Mobilfunkanbieter in den USA will T-Mobile die Nummer vier im Markt, Sprint, übernehmen - für mehr als 20 Milliarden Euro. Wenn die Behörden die Fusion genehmigen, würde die Telekom künftig fast 60 Prozent ihres Geldes in Amerika verdienen.

Der Konzern betont, dass T-Mobile US mehrere Auszeichnungen als einer der attraktivsten Arbeitgeber der USA erhalten habe. Die Telekom stehe klar zum Recht auf Koalitionsfreiheit, sagt ein Sprecher. "Jeder Mitarbeiter hat das Recht auf gewerkschaftliche Vertretung im Rahmen der jeweiligen nationalen Regelungen."

In den USA sind heute viel weniger Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert als noch in den Siebzigerjahren. Umso mehr hoffte etwa die Gewerkschaft Communications Workers of America (CWA) auf Zuspruch bei der US-Tochter der traditionell mitbestimmten Deutschen Telekom. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert, dass der Bonner Konzern die Praktiken von T-Mobile US dulde und mithin billige. "Verantwortung endet nicht an Landesgrenzen", sagt Verdi-Chef Frank Bsirske. Der Bund sollte als größter Telekom-Aktionär nicht behaupten, dass er sich nicht ins operative Geschäft einmischen könnte. "Der Bundesfinanzminister muss sich des Themas annehmen", so Bsirske.

Der Verdi-Chef warnt, dass eine amerikanische Managementkultur auch in anderen Geschäftsbereichen der Telekom ankomme. "Jüngstes Beispiel ist das brutale, unsoziale Vorgehen bei der T-Systems", sagt Bsirske. Die IT-Tochter der Telekom will in den nächsten Jahren knapp 6000 Arbeitsplätze in Deutschland abbauen. In einem ersten Schritt müssen sich derzeit 3000 Beschäftigte von T-Systems neu bewerben - auf nur etwa 1200 verbleibende Stellen.

© SZ vom 28.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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