Telekom-Datenspion belastet Zumwinkel und Ricke:"Der Auftrag kam von ganz oben"

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Er spähte im Auftrag der Telekom Journalisten und Mitarbeiter aus - jetzt belastet der Datenspion die frühere Telekom-Spitze. "Der Auftrag war mit dem Vorstand abgestimmt." Erst als Renè Obermann Chef wurde, blieben die Aufträge aus.

Der ehemalige Vorstandschef der Deutschen Telekom, Kai-Uwe Ricke, sowie der Ex-Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Zumwinkel sind nach einem Bericht des Handelsblatts offenbar tiefer in die Bespitzelungsaffäre verstrickt als bislang bekannt.

In der Bespitzelungsaffäre bei der Telekom gibt es neue Vorwürfe. (Foto: Foto: dpa)

Der Chef des von der Telekom engagierten Recherchediensts network.deutschland GmbH in Berlin hat eingeräumt, über Monate hinweg systematisch Hunderttausende Verbindungsdaten ausgewertet zu haben. Damit sollten telefonische Kontakte zwischen Journalisten und Mitarbeitern des Unternehmens nachgewiesen werden.

"Der Auftrag kam von ganz oben und ist mit dem Telekom-Vorstand abgestimmt worden", sagte Ralph Kühn, Chef von network.deutschland, dem Handelsblatt. Die Telekom wollte wegen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dazu keine Stellungnahme abgeben, schrieb das Blatt weiter.

Der Kontakt zur Telekom sei über über die Abteilung Konzernsicherheit gelaufen, sagte Kühn dem Handelsblatt. Die erste Ausspähaktion habe im Jahre 2005 stattgefunden. Als Ende 2006 der Wechsel von Kai-Uwe Ricke zu René Obermann an der Telekomspitze vollzogen wurde, seien neue Aufträge ausgeblieben.

Da Kühn nach eigenen Angaben noch Forderungen von über 400.000 Euro gegen die Telekom hatte, drohte er dem Konzern per Fax "mit Konsequenzen". Sein Fax sei später zum Nachrichtenmagazin Der Spiegel gelangt. "Ich war sauer und habe es dabei sicher etwas übertrieben", bedauerte Kühn im Handelsblatt.

Auch der frühere Personalvorstand der Deutschen Telekom, Heinz Klinkhammer, sagte der Zeitung: "Der Mitarbeiter der Konzernsicherheit, der diesen Auftrag bekommen hat, hat mir versichert, dass Ricke und Zumwinkel ihm in der Angelegenheit einen Maulkorb erteilt haben."

Klinkhammer war von 1996 bis 2006 als Personalvorstand auch für die Konzernsicherheit verantwortlich. Ein Mitarbeiter dieser Abteilung sollte vor drei Jahren offenbar herausfinden, wie interne Unterlagen und Daten an die Presse gelangt sind und ob Mitglieder des Aufsichtsrats vertrauliche Informationen weitergereicht haben. "Dieser Auftrag, die Lücken für die Indiskretionen zu finden und zu schließen, ist an mir sowie am Chef der Konzernsicherheit vorbei aus dem Umfeld Ricke und Zumwinkel erteilt worden. Der Mann, der diesen Auftrag hatte, durfte weder mit mir noch mit seinem Chef darüber sprechen", sagte Klinkhammer der Zeitung.

Ricke wies die Behauptungen seines ehemaligen Vorstandskollegen zurück: "Diese Vorwürfe sind unwahr und haltlos", sagte er dem Handelsblatt. Ein Sprecher von Zumwinkel erklärte: "Herr Zumwinkel hat keinen persönlichen Auftrag erteilt. Die Geschäfte eines Unternehmens führt der Vorstand." Die Deutsche Telekom wollte sich laut Bericht nicht zu diesem Thema äußern.

Der Aufsichtsrat der Deutschen Telekom will sich an diesem Mittwoch in einer außerordentlichen Sitzung mit dem Thema beschäftigen. Die 20 Mitglieder des Kontrollgremiums sollen über den Stand der Dinge informiert werden und das weitere Vorgehen beraten.

Der Konzern hatte am Wochenende eingeräumt, dass zwischen 2005 und 2006 mindestens ein Jahr lang Telefondaten ausspioniert worden sind. Betroffen waren wohl vor allem Aufsichtsräte, deren Kontakte etwa zu Journalisten geprüft wurden, wie es im Umfeld des Unternehmens hieß.

Die Daten seien an ein Berliner Unternehmen zur Auswertung gegangen. Ziel war es offenbar, undichte Stellen zu stopfen, damit vertrauliche Informationen nicht weiter an die Öffentlichkeit gerieten.

Die Staatsanwaltschaft Bonn will noch in dieser Woche entscheiden, ob sie auf Grundlage der von der Telekom selbst eingereichten Unterlagen Ermittlungen einleitet. Es gehe um mögliche Verstöße gegen das Datenschutzgesetz und die Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses.

© dpa/Reuters/dmo/dgr/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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