Telefonauskunft in der Krise:Katzenjammer unter 118000

Feldbusch, Hilton, Katzenberger: 118000-AG-Chef Harisch hat schon viele It-Girls eingespannt, um seine Telefonauskünfte bekannt zu machen. Jetzt ist der schillernde Telekom-Konkurrent gefährdet - weil die Telefonbuchverlage nicht mehr mitspielen.

Jannis Brühl

Klaus Harisch hatte sie alle. Die Feldbusch. Die Hilton. Und natürlich die Katzenberger. Im Kampf gegen den Platzhirsch Telekom hat der Unternehmer konsequent auf eine Werbestrategie gesetzt: Die vermeintlichen Dummchen - in Wahrheit allesamt erfolgreiche Selfmadefrauen - machten mit selbstironischen Spots Werbung für seine Auskunftsdienste. Die Chancen, dass Harischs aktuelles Unternehmen, die 118000 AG, ein weiteres It-Girl für eine teure Kampagne engagieren kann, sind nun dramatisch gesunken: Die Gelbe-Seiten-Verlage haben ihre Verträge gekündigt - und 118000 damit in die Krise gestürzt.

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Nullen und Stullen: Daniela Katzenberger warb bis vor kurzem für die Nummer 118000.

(Foto: dpa)

Zehn Prozent halten die Verlage an der 118000-Tochter Goyellow GmbH, die das gleichnamige Online-Branchenbuch betreibt. Zum 30. September steigen sie aus dem Deal aus - es sei denn, sie müssen wesentlich weniger zahlen. Doch Goyellow will sich auf keinen Fall auf diese schlechteren Konditionen einlassen, heißt es aus der Zentrale in München.

Die Einnahmen des Tochterunternehmens, das dem Anrufer keine Nummern ansagt, sondern ihn direkt mit dem Gesprächspartner verbindet, könnten für Harischs 118000 AG entscheidend sein: Der Vorstand sieht laut Mitteilung vom Wochenende nicht nur einen "massiven Umsatzrückgang" auf das Unternehmen zukommen, sondern sogar dessen Bestand gefährdet.

Bisher warben die Vertreter der Verlage bei Unternehmern nicht nur für einen Eintrag ins Telefonbuch, sondern auch auf der Seite GoYellow. Sie zahlten dafür, dass ihre Daten auch auf die Website kamen. Einen Teil des Geldes erhielt Harischs Unternehmen. Jetzt bricht diese Einnahmequelle weg. Dringend sucht das Unternehmen nach neuen Partnern. Eine 118000-Sprecherin sagt zu sueddeutsche.de: "Da gibt es schon Gespräche." Wer ein neuer Partner sein könnte, will sie aber nicht sagen.

Seit den neunziger Jahren versucht Harisch, den einstigen Monopolisten Telekom herauszufordern. Nicht nur privat umgibt sich das Mitglied der Münchner Schickeria gern mit Promis. Seine Überzeugung: Nur mit aggressiver Werbung können kleinere Anbieter ihre Auskunftsnummer bekannt genug machen, um der 11833, der etablierten Nummer der Telekom, Marktanteile abnehmen zu können. Am bekanntesten wurde die Kampagne mit Verona Feldbusch für die Nummer 11880: Ihr Satz "Da werden Sie geholfen" schaffte es zwischenzeitlich in den allgemeinen Sprachgebrauch.

Paris Hilton war zu teuer

Harisch verließ 2004 den von ihm gegründeten 11880-Betreiber Telegate und übernahm den Chefsessel bei der 118000 AG. Den Feldbusch-Erfolg versuchte der 46-Jährige mit Paris Hilton zu wiederholen. Für den Spot räkelte die Hotelerbin sich im Bett, in Erwartung der Semmeln, die ihr der über GoYellow bestellte Bote bringen würde. Der war Asiate und hielt Paris die Gebäck-Tüte mit einem zweideutigen "Blödchen?" vor die Nase.

Der umstrittene Spot funktionierte: Laut Harisch verzehnfachten sich während der Kampagne die Aufrufzahlen von Goyellow. Doch wie bei vielen Seiten ließen sich die Klicks nicht so leicht in Einnahmen umwandeln. Der Vertrag mit Hilton wurde bald zu teuer. Harisch kündigte ihn früher als geplant.

Seit 2010 war Daniela Katzenberger das Gesicht der 118000: Trash-Doku-Star Katzenberger malte im Spot die Nummer mit Lippenstift auf ihren Badezimmerspiegel und sang dabei fast schon dadaistisch: "118000, mit drei Nullen, wie drei Stullen". Die Unterstützung durch die pfälzische Blondine half zunächst wenig: Für das vergangene Jahr meldete das Unternehmen 3,5 Millionen Euro Verlust. Katzenbergers Vertrag lief im vergangenen Monat aus.

Erst im Herbst will sich die 118000 einen neuen Werbeträger suchen. Dann dürfte auch die Datenbank endlich fertig sein, in der Millionen deutsche Handynummern gespeichert sind. Von dieser Sammlung erhofft sich das Unternehmen viele neue Kunden. Dass dann wieder Katzenberger für die Auskunft wirbt, will die Sprecherin nicht ausschließen.

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