Tchibo:Jede Woche eine neue Welt – jetzt sogar mit Haus

Lesezeit: 2 Min.

Die Kaffeekette Tchibo bietet nun auch solche Wochenendhäuser an. (Foto: Tchibo)

Tchibo hat künftig neben Schlafanzügen und Apfelschneidern sogar Häuser im Angebot. Warum verkauft die Kaffeekette jetzt auch noch Immobilien?

Von Paulina Würminghausen, Wolfsburg

Tchibo, da denkt man an Kaffeebohnen. An verheißungsvoll-klingende Geschmackssorten wie „Beste Bohne“ und „Feine Milde“, an diesen nett lächelnden Schnauzer-Mann aus der Werbung, Mr. Tchibo, der zu Lebzeiten selbst gar keinen Kaffee, sondern Tee trank.

Doch man bekommt in dem deutschesten aller Läden längst nicht mehr nur Kaffee. Sondern auch Schlafanzüge, einen orange-blau-geblümten etwa. Oder, passend für diese Jahreszeit, einen Teller mit einem Porzellan-Osterhasen in der Mitte sowie die passende Osterhasen-Backform in Lila (erinnert ehrlicherweise etwas an diese lilafarbene Milka-Kuh). Es gibt auch Bettwäsche, Küchenmesser, Lampen, Bürostühle, Gartentische.

Prinzipiell bekommt man bei Tchibo also alles, was man nicht braucht, ein durchaus kluges Geschäftskonzept. Jede Woche eine neue Welt, jede Woche neue Dinge, die man vielleicht jeden Tag, vielleicht aber auch nie wieder benutzt. Es gibt wenige Orte, an denen sich die deutsche Alltagskultur so gut besichtigen lässt wie in einer Tchibo-Filiale.

Nun aber bietet das Hamburger Unternehmen etwas an, das dann doch etwas aus dem bisherigen Sortiment hervorsticht: Neuerdings gibt es bei Tchibo auch Häuser. Um ganz genau zu sein: Wochenendhäuser aus Holz. Ab sofort verfügbar vom Hersteller Weka, mit ein paar Klicks im Onlineshop, zwei Etagen, drei Räume, 66 Quadratmeter Wohnfläche – für 44 999,99 Euro. Man kann sich das Tchibo-Haus sogar aufbauen lassen, 5000 Euro kommen dann noch obendrauf.

Totaler Quatsch, könnte man rufen, ein Marketing-Gag, und hätte damit vermutlich nicht mal unrecht. Insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Häuser nicht besonders gut ausgestattet scheinen: Die Fenster etwa sind noch nicht mal abschließbar. Okay, ein gewiefter Einbrecher könnte neben dem Fenster ins Holz sägen, aber trotzdem: Die Ausstattung könnte durchaus luxuriöser sein. Passt aber vielleicht nicht zu Tchibos bodenständigem Image.

So stellt sich der Hersteller das Innenleben seines Wochenendhauses vor. (Foto: Tchibo)

Nun möchte man aber natürlich trotzdem wissen: Warum macht Tchibo das? Warum wagt man sich auch noch in den Immobiliensektor? Werden vielleicht der Kaffee und so ziemlich alle anderen Non-Food-Produkte gar zu langweilig für Tchibos Kunden?

Man könnte aber auch mutmaßen, dass Tchibo ein soziales Brennpunktthema angehen möchte. Die Wohnungsnot, die die deutschen Großstädte plagt und von der Politik weitgehend ignoriert wird. Aber nein, das Haus ist bloß ein Wochenendhäuschen. Es ist also gedacht für all diejenigen, die bereits ein Haus haben und einfach ein zweites, kleineres Häuschen im Garten stehen haben wollen. Die Schere zwischen Arm und Reich, sie wird durchs Tchibo-Häuschen womöglich noch größer.

Warum also plötzlich Häuser? Weil das, was man alles in den Tchibo-Welten kaufen kann, auch einen Platz braucht? „Wir wollen unseren Kunden immer wieder, so kitschig es klingt, eine Überraschung anbieten“, sagt dazu ein Tchibo-Sprecher. Und natürlich gibt es irgendwo auch wirtschaftliche Gründe. Man wolle auch eine andere Käuferschicht ansprechen als den üblichen Tchibo-Käufer – und damit vielleicht jemand anderen als den, der alle paar Wochen einen Apfelschneider oder ein Frühstücksbrettchen kauft. So ein Haus bringt vermutlich auch mehr Geld in die Kassen als ein Apfelschneider.

Tatsächlich hat Tchibo schon mal eine ganze Reihe Produkte angeboten, die man dem vermeintlich bodenständigen Kaffeeröster gar nicht zugetraut hätte: Hausboote, Inseln, Oldtimer, Sportboote, ja, sogar Tiny Houses. Jede Woche eine neue Welt, wortwörtlich. Die Frage ist: Gibt es immerhin eine Packung Kaffee zum Oldtimer oder zum Haus dazu? Oder gar eine lebenslange Vorratsversion? Vielleicht würden sich manche dann eher auf so ein Investment einlassen.

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