Taxonomie:Deutschland legt Veto gegen "grüne" Atomkraft ein

Die Bundesregierung findet es falsch, dass die EU-Kommission Kernenergie als nachhaltig labeln will.

Von Markus Balser, Berlin

Die Bundesregierung geht gegen Pläne aus Brüssel vor, der Atomkraft ein grünes Label auszustellen. Deutschland habe gegenüber der französischen Ratspräsidentschaft erklärt, ein Veto gegen den entsprechenden Rechtsakt einzulegen, teilte das Finanzministerium mit. Wenn die EU-Staaten oder das Europaparlament Einwand erheben würden, könne verhindert werden, dass der Rechtsakt in Kraft tritt, so das Ressort von Minister Christian Lindner (FDP). Frankreich hat in Brüssel derzeit den Vorsitz unter den EU-Staaten inne.

Mit ihrer Taxonomie will die EU-Kommission den Finanzmärkten mehr Klarheit geben, welche Investments tatsächlich nachhaltig sind. Das soll das so genannte "Greenwashing" verhindern: Banken und Fonds sollten nicht länger mit nachhaltigen Produkten werben, die in Wahrheit keine sind. Die Einstufung von bestimmten Geldanlagen als nachhaltig soll zudem Investoren anlocken, um die Energiewende voranzubringen. Die EU-Kommission hatte Ende 2021 trotz breiter Kritik zudem vorgeschlagen, Investitionen in Gas und Atomkraft übergangsweise als nachhaltige Geldanlagen einzustufen.

Allerdings ahnt man auch in Deutschland, dass das Veto die Pläne wohl nicht stoppen kann. "Die Bundesregierung erwartet nicht, dass das deutsche Votum die Taxonomie aufhält", heißt es aus dem Ministerium weiter. Eine Klage plant Deutschland nicht. In der Koalition sei festgelegt worden, dass Deutschland keine Klage gegen den Rechtsakt erhebe, hieß es weiter. Bislang hatten sich neben Deutschland auch Portugal, die Niederlande, Österreich, Luxemburg und Dänemark gegen die Pläne positioniert. Um die Pläne scheitern zu lassen, müssten sich jedoch 15 Mitgliedsstaaten, die für 65 Prozent der Bevölkerung stehen, gegen die Pläne aussprechen.

Im Juli soll das EU-Parlament über seine Position zum Vorschlag abstimmen. "Das deutsche Nein ist eine Ohrfeige für die EU-Kommission", erklärte der Grüne EU-Parlamentarier Rasmus Andresen.

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