Tarifverhandlungen:Nullrunde plus kleines x

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Baden-Württembergs Verbandschef Stefan Wolf ruft die IG Metall vor der nächsten Tarifrunde zur Mäßigung auf. Schon jetzt seien die Löhne für viele Mittelständler zu hoch. Aber was sagt die Gewerkschaft dazu?

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Stefan Wolf empfängt in der neuen Hauptquartier des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, einem schmucken Bau mitten in Stuttgart. Die elegant geschwungene und mit viel glänzendem Weiß und Glas verkleidete Fassade kündet von zehn fetten Jahren, in denen die Geschäfte der Metall- und Elektro-Industrie in Baden-Württemberg zuletzt brummten und brummten und brummten. Diese Zeiten sind vorbei, betont Verbandschef Wolf. Das liegt aber auch nahe: Im März beginnen die Tarifverhandlungen. Kein Wunder also, dass der Chef des schwäbischen Autozulieferers Elring-Klinger die IG Metall zur Mäßigung aufruft. Wolf spricht von "enormen Herausforderungen", vor denen die deutsche Industrie stehe. "Die Personalkosten sind uns in den letzten Jahren aus dem Ruder gelaufen", sagt er. Die Tariflöhne hätten ein Niveau erreicht, "das wir für einen längeren Zeitraum anhalten müssen". Klingt wie eine Forderung nach einer Nullrunde, aber diesen Begriff will Wolf lieber nicht in den Mund nehmen. Über Einmalzahlungen könne man reden, falls die Konjunktur sich bessere.

Die Tarifabschlüsse von 2018, bei denen das Ergebnis aus Baden-Württemberg Pilotcharakter hatte, haben laut Wolf viele mittelständische Betriebe "überfordert" und zur Flucht aus dem Flächentarifvertrag getrieben. Das dürfe nicht noch einmal passieren, fordert er: "Wenn wir künftig auch bei Elektro-Antrieben führend sein wollen, dann sollten wir uns schnell verständigen." Sollte keine wirtschaftlich vernünftige Lösung zustande kommen, "dann werden wir auch die Transformation nicht schaffen".

In der deutschen Metall- und Elektro-Industrie sind etwa vier Millionen Menschen beschäftigt. Nach Angaben von Südwestmetall macht derzeit fast jedes fünfte Unternehmen Verluste. Auch deshalb planen viele Firmen Stellenabbau und Kurzarbeit, beides steige "ganz deutlich" an. Wolf befürchtet zwar keine Krise wie 2009, dafür werde die Flaute aber "länger anhalten".

Laut Südwestmetall macht fast jedes fünfte Unternehmen in der Branche Verluste

Zusätzlich zur Konjunkturdelle seien die Unternehmen durch die Transformation vom Verbrenner- zu Elektro-Antrieben belastet. "Dieser Transformationsprozess wird extrem viel Geld kosten, deshalb brauchen wir langfristige Planungssicherheit", sagt Wolf. Er appelliert an die IG Metall, sie solle "konstruktiv" mithelfen, dass die Auto- und Zulieferer-Industrie in Deutschland "auch in zehn Jahren noch an der Weltspitze" steht. Neben Industrie und Politik müssten "auch die Beschäftigten" einen Beitrag zur Zukunftssicherung leisten.

Baden-Württembergs IG Metall-Chef Roman Zitzelsberger hat bereits angedeutet, dass der Fokus in den Verhandlungen diesmal auf Beschäftigungssicherung und Weiterbildung liege, und nicht auf Lohnsteigerung. Die IG Metall startet ihre internen Beratungen am 16. Januar. Ende Februar will sie ihre Tarifforderungen dann kommunizieren.

© SZ vom 16.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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