Tarifstreit:Lufthansa-Chef entschärft den Ufo-Streik

Chief Executive Officer Of Deutsche Lufthansa AG Carsten Spohr News Conference

Lufthansa-Chef Carsten Spohr (Archivbild)

(Foto: Bloomberg)
  • Im Tarifstreit zwischen Lufthansa und der Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo hat sich die Stimmung etwas entspannt.
  • Lufthansa-Chef Carsten Spohr schaltet sich nun persönlich ein, die Airline gibt in einigen Punkten nach.

Analyse von Jens Flottau, Frankfurt

Es war gegen Mitternacht, als die Lufthansa-Vorstände und die Spitze der Unabhängigen Flugbegleiter Organisation (Ufo) einen Kompromiss gefunden hatten. Im Schulungszentrum der Lufthansa in Seeheim suchten sie einen Ausweg aus der ständigen Eskalation ihres Tarifkonfliktes. Noch am Mittwochmorgen feilte man an den letzten Formulierungen. Die Bemühungen waren erfolgreich: Das Unternehmen und die Gewerkschaft der Flugbegleiter einigten sich auf ein Positionspapier, in dem einige Eckpunkte für künftige Verhandlungen und eine Schlichtung festgezurrt wurden.

Kurzfristig das Wichtigste: Der ursprünglich für Donnerstag und Freitag dieser Woche geplante Streik der Flugbegleiter ist abgesagt. Ufo verpflichtet sich zudem, bis zum 2. Dezember nicht zu streiken. An diesem Tag soll der von der Lufthansa vorgeschlagene sogenannte Jobgipfel nun doch stattfinden, und zwar möglichst mit Beteiligung aller drei betroffenen Gewerkschaften - neben Ufo sind das die Vereinigung Cockpit (Piloten) und Verdi (Bodenpersonal). Sollte das Ergebnis Ufo zufriedenstellen, wird es auch danach zunächst keine Streiks geben, sondern einen weiteren Schlichtungsversuch. Damit würde wohl zumindest für die kommenden Monate bei den Kabinenmitarbeitern mehr Ruhe einkehren.

Der Chef mischt sich ein

Neue Streiks sind vorläufig vor allem deshalb nicht zu befürchten, weil sich Lufthansa-Vorstandschef Carsten Spohr persönlich in die Verhandlungen eingeklinkt hat. Er war in Seeheim zusammen mit Personalvorstand Bettina Volkens und Karl-Ulrich Garnadt erschienen, der noch bis Ende Dezember für die sogenannte "Lufthansa Passage", zu der die unter der Marke Lufthansa fliegenden Jets gehören, zuständig ist. Damit war Spohr einer Aufforderung von Ufo-Chef Nicoley Baublies nachgekommen, dessen Verhältnis zu Volkens mittlerweile als zerrüttet gilt. In einem von beiden Seiten unterzeichneten Dokument heißt es: "Im Rahmen unseres Gespräches ist uns allen deutlich bewusst geworden, dass wir gemeinsam - jeder von uns - Konfliktpartei sind und wir es nur gemeinsam schaffen, zum Wohle unseres Unternehmens, unserer Mitarbeiter und Kollegen neue Wege zu gehen. Es ist unser gemeinsames Verständnis, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann." Dass Spohr andeutet, auch die Lufthansa sei schuld an der Eskalation, ist bei Ufo sehr gut angekommen.

Für eine Entwarnung im Tarifstreit ist es allerdings noch deutlich zu früh. Denn die Eckpunkte, auf die sich beide Seiten in der Nacht auf Mittwoch geeinigt haben, definieren nur die Basis für Verhandlungen, bei den Zielen liegen beide Parteien noch deutlich auseinander. "Unsere Vermutung, dass der Vorstand in den vergangenen Monaten zu deutlich veränderten Planungen gekommen ist, die in Teilen schlicht nicht mehr zu unseren bisherigen Vereinbarungen zu passen scheinen, hat sich bewahrheitet," so Ufo-Chef Baublies.

Lufthansa geht auf Flugbegleiter zu

Allerdings hat die Lufthansa nun doch wieder eine zwischenzeitlich zurückgenommene Zusage bestätigt. Demnach erklärt sie sich grundsätzlich dazu bereit, mit Ufo Tarifverträge über die Arbeitsbedingungen bei deutschen Airlines abzuschließen, die mehrheitlich in ihrem Besitz sind. Dies zielt vor allem auf den neuen Billigableger Eurowings. Es löst aber die Auseinandersetzung nicht komplett: Denn Lufthansa hat in Wien die Eurowings Europe gegründet, für die die österreichische Gewerkschaft Vida zuständig wäre. Außerdem werden die Eurowings-Langstrecken von Sun Express Deutschland durchgeführt, an der Lufthansa über die Muttergesellschaft Sun Express nur mit 50 Prozent beteiligt ist.

In einem zweiten wichtigen Punkt hat die Lufthansa ebenfalls nachgegeben. Sie bestreitet nicht mehr, dass "Ufo zu nachhaltigen Senkungen der Bruttopersonalkosten in der Kabine bereit ist". Äußerungen von Volkens, die Ufo-Forderungen würden die Kosten um bis zu 25 Prozent steigern, hatten die Gewerkschaft schwer erzürnt, denn Ufo hatte die Notwendigkeit von Reformen und niedrigeren Kosten nie bestritten. Ufo hatte bei der Alters- und Übergangsversorgung eine jährliche Kostensenkung von 70 Millionen Euro zugesagt. Ein möglicher neuer Tarifvertrag zu beiden Themen soll auch für neue Mitarbeiter gelten. Nach zehn Jahren wird allerdings nach schon heute definierten Kriterien überprüft, ob die Lufthansa dann noch wirtschaftlich in der Lage ist, die Leistungen weiter anzubieten.

Alle Themen, die unter der sogenannten "Agenda Kabine" und dem "Bündnis für Wachstum und Beschäftigung" zusammengefasst sind, sollen in einer Schlichtung behandelt werden. Dabei geht es unter anderem um weitere Zugeständnisse bei Personalkosten und die Arbeitsplatzsicherung bei Lufthansa und Germanwings. Ufo und Lufthansa wollen dadurch erreichen, dass auch das Kerngeschäft wieder wachsen kann. Allerdings heißt es in der Vereinbarung auch: "Lufthansa kann keine Zusage auf tatsächliches Wachstum geben." Denn dafür müsste es auch eine Einigung mit den Piloten geben - und davon ist sie noch meilenweit entfernt.

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