Tariflöhne:Schock nach der Abrechnung

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Ebbe im Portemonnaie: Die Tariflöhne steigen, doch die Wirtschaftskrise frisst viel weg. Besonders betroffen sind Mitarbeiter in Betrieben mit Kurzarbeit.

Sibylle Haas

Bei vielen Arbeitnehmern sind 2009 die Lohnerhöhungen nicht im Geldbeutel angekommen. Die tariflichen Monatsverdienste stiegen zwar im Durchschnitt um 2,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt erklärte. Auch kletterten die Verbraucherpreise mit 0,4 Prozent nur moderat, sodass die Einkommen real gestiegen sind. Doch Kurzarbeit und gestrichene Sonderzahlungen führten dazu, dass den Arbeitnehmer effektiv nicht viel mehr Geld übrig blieb. Darauf verweist das Statistische Bundesamt.

Monatliche Monatsverdienste nach Branchen im Jahr 2009 (Foto: SZ-Grafik)

In einigen Tarifverträgen wurde außerdem vereinbart, dass die wöchentliche Arbeitszeit erhöht wird. Andere Tarifabschlüsse sahen wiederum vor, dass Lohnerhöhungen auf später verschoben werden, schränken die Statistiker weiter ein.

Mit all diesen Maßnahmen haben Unternehmen, Gewerkschaften und Arbeitnehmer auf die Rezession reagiert. Viele Beschäftigte hatten deshalb 2009 sogar weniger Geld in der Tasche als 2008.

Nach Berechnungen des Tarifarchivs des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung sind die effektiven Bruttoeinkommen um nominal 0,4 Prozent gesunken. Bereinigt um Preiserhöhungen gingen die Löhne sogar um 0,8 Prozent zurück. Damit mussten die Beschäftigten laut WSI das sechste Jahr in Folge Reallohnverluste verkraften. Eine Befragung von Betriebsräten durch das WSI ergab außerdem, dass 22 Prozent der von der Wirtschaftskrise betroffenen Unternehmen die Löhne gekürzt haben oder dies planen.

Massive Folgen nach der Kurzarbeit

Besonders gravierend waren die nominalen Einschnitte im produzierenden Gewerbe, da dort viele Betriebe in Kurzarbeit sind. Allerdings gab es im produzierenden Gewerbe auch überdurchschnittliche Tarifsteigerungen von 3,0 Prozent, so die Wiesbadener Statistiker.

Am stärksten stiegen die tariflichen Monatsverdienste in der Energie- und Wasserversorgung sowie in der Entsorgungswirtschaft (plus 3,2 Prozent). Schlusslicht war das Gastgewerbe mit einem Zuwachs von nur 1,3 Prozent (Grafik). Dass trotz der Wirtschaftskrise die Tariflöhne relativ kräftig erhöht wurden, liegt daran, dass die Zuschläge bereits 2008 vereinbart wurden.

© SZ vom 30./31.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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