Tarifkonflikt bei der Bahn:Noch nicht am Ende des Tunnels

Bahn-Chef Mehdorn soll den Streikenden einen eigenen Tarifvertrag versprochen haben. Doch GDL-Chef Schell will von einem Kompromiss keine Kenntnis haben.

In den festgefahrenen Tarifkonflikt bei der Bahn scheint wieder Bewegung zu kommen: Nach Informationen des Spiegel hat sich das Unternehmen mit der GDL auf einen eigenen Vertrag für die Lokführergewerkschaft geeinigt.

Ob dieser auch als Tarifvertrag bezeichnet werden könne, sei noch unklar. Die Bahn wollte den Bericht am Samstag nicht kommentieren und verwies auf den Montag, an dem sie ein neues Angebot vorlegen will.

GDL-Chef Manfred Schell erklärte, er habe keine Kenntnis von einem solchen Kompromiss, zeigte sich aber optimistisch mit Blick auf das neue Angebot der Bahn. Die Einigung sei beim Treffen des Aufsichtsratspräsidiums am Donnerstag erzielt worden, schrieb der Spiegel unter Berufung auf einen Teilnehmer.

Der Vertrag werde zu mehr als 90 Prozent deckungsgleich sein mit dem Tarifvertrag der übrigen Bahn-Mitarbeiter und zusätzlich lokführerspezifische Punkte klären. Dazu gehöre etwa die Vergütung von Leerstunden, die anfallen, wenn Lokführer am Zielort Aufenthalt haben.

Für die Gehälter werde es zwei weitere Verhandlungsrunden geben zwischen Bahn und GDL sowie zwischen der GDL und der Tarifgemeinschaft der übrigen Gewerkschaften. Die GDL habe sich verpflichtet, bis zum 31. Oktober nicht mehr zu streiken.

Laut Bahn-Personalvorstand Margret Suckale will die Bahn mit ihrem neuen Angebot die Lohngerechtigkeit für die 240.000 Beschäftigten wahren. "Wir sind nicht nur 8.000 streikwilligen Lokführern verpflichtet, sondern allen anderen Berufsgruppen bei der Bahn", sagte sie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Die spezifischen Bedürfnisse der Lokführer wolle man aber mit verbesserten Schichten und Aufstiegsmöglichkeiten berücksichtigen. Außerdem wolle man die Entgeltstruktur überarbeiten und neu gestalten. Es gebe auch Spielraum bei Lohnerhöhungen, die sich an Produktivitätssteigerungen orientierten.

Suckale erklärte, eigenständige Regelungen für die Lokführer müssten sich "konflikt- und widerspruchsfrei in unser Tarifgefüge einpassen". Man gehe davon aus, dass es während der Verhandlungen bis Ende des Monats keine neuen Streiks geben werde.

GDL-Chef Manfred Schell sagte im Hessischen Rundfunk, die Sachlage sei unverändert. Die GDL warte auf das neue Angebot der Bahn. Der Bild am Sonntag sagte, er rechne dabei mit einem eigenständigen Tarifvertrag.

"Wenn dann noch ein ordentliches Gehaltsplus dabei ist, lassen wir unsere Forderung nach 31 Prozent mehr Lohn sofort fallen." Dann könne es eine schnelle Einigung ohne weiteren Streik geben. Schell drohte aber zugleich mit einer befristeten Fortsetzung des Arbeitskampfes, wenn Bahn-Chef Hartmut Mehdorn der Gewerkschaft nicht entgegenkommen sollte.

Rund ein Drittel der Züge ausgefallen

Nach Bahnangaben fiel wegen des Streiks am Freitag rund ein Drittel der 26.000 Nahverkehrszüge aus. Schwerpunkte waren Berlin, Hamburg, München, Stuttgart und Halle/Leipzig sowie Rostock, besonders beeinträchtigt war der Bahnverkehr in Ostdeutschland.

Am Samstag sei der Bahnverkehr wieder normal angelaufen. Der Streik kann der Bahn immense Einbußen bei den Zahlungen der Länder für den Nahverkehr bescheren. Bahnsprecher Achim Stauß bestätigte einen Bericht der "Neuen Presse" in Hannover, wonach Bundesländer und Verkehrsverbünde für nicht gefahrene Züge auch keine Zahlungen an die Bahn leisten müssen.

Es gehe dabei aber nicht um Rückforderungen, sondern die Länder könnten nach Streiks einfach im Rahmen ihrer monatlichen Zahlungen an die Bahn weniger Geld überweisen.

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