Taxifahrer gehören zu den am schlechtesten bezahlten Beschäftigten in Deutschland. 87 Prozent gelten als Niedriglöhner. Im Durchschnitt kommen die 200 000 Taxler gerade einmal auf 6,85 Euro brutto die Stunde. Das hat ganz offiziell das Statistische Bundesamt ermittelt.
Der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband beziffert das Stundensalär für die Frau oder den Mann hinter dem Steuer eines Taxis sogar auf nur sechs bis 6,50 Euro. Mehr bleibt demnach nicht im Geldbeutel übrig, wenn man richtig umrechnet und die Wartezeiten auf Fahrgäste miteinbezieht. In dem Gewerbe gibt es ja keine Stundenlöhne, die 200 000 angestellten Taxifahrer sind in der Regel mit 40 bis 45 Prozent der Einnahmen am Umsatz beteiligt. Doch das könnte sich bald ändern.
Voraussichtlich in den nächsten Wochen wird erstmals in der Geschichte der Branche bundesweit über einen Tarifvertrag verhandelt. Dabei wollen sich der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband, der etwa zwei Drittel der 33 000 Taxiunternehmen vertritt, und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi auf eigene Lohnuntergrenzen für die Taxifahrer einigen. Ihr Ziel: die Übergangsfrist beim gesetzlichen Mindestlohn zu nutzen und so zwei Jahre mehr Zeit zu haben, die Bezahlung bis Ende 2016 schrittweise an den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro anzupassen. Dieser wird von 2015 an gelten. Ist in vom Bundesarbeitsministerium für allgemein verbindlich erklärten Tarifverträgen etwas anderes geregelt, haben deren Lohnuntergrenzen noch zwei Jahre Vorrang.
Was ist Arbeitszeit, was Standzeit, was eine Pause?
"Wir hoffen, dass die Gespräche in der zweiten Augusthälfte beginnen, und haben das Ziel, bereits im September einen Abschluss zu erreichen", sagt Thomas Grätz, Geschäftsführer des Taxiverbands. Dieser hatte Anfang Juli eigens die Satzung erweitert, um als Arbeitgeberverband auftreten zu dürfen. Auch Verdi wünscht sich eine Lösung. "Dieser Markt ist völlig ungeregelt", sagt eine Sprecherin. "Was ist Arbeitszeit, was Standzeit, was eine Pause? Wie gehen wir mit der Umsatzbeteiligung um?" Es gebe viel zu klären.
Die Verhandlungen dürften allerdings schwierig werden: Der Taxiverband pocht darauf, keine einheitlichen Mindestlöhne für 2015 und 2016 zu fixieren. "Wir brauchen unterschiedliche Löhne für wirtschaftsstarke und strukturschwache Gebiete", sagt Grätz. Diese gebe es sowohl im Westen wie im Osten des Landes, es bringe daher nichts, zwischen alten und neuen Bundesländern zu unterscheiden. Mehr Spielraum für höhere Löhne gebe es etwa in München, Stuttgart, Leipzig oder Dresden. In Dortmund wie in weiten Teilen Brandenburgs oder Mecklenburg-Vorpommerns könne man hingegen nicht so hoch einsteigen, weil dort häufig nur vier bis fünf Euro pro Stunde verdient werden.
Firmen müssten ihre Fahrer überwachen, um sicherzugehen
Auch werde es nicht leicht, für die Umsatzbeteiligung eine Lösung zu finden. Die Taxiunternehmen müssten umdenken. "Viele hatten bislang die Devise, Hauptsache die Autos sind auf der Straße, und es gibt Umsatz." In Zukunft müssten die Firmen ihre Fahrer überwachen können, um sicherzustellen, dass ihre Mitarbeiter etwas tun. Komme es zu keiner Einigung und gelte der Mindestlohn bereits von 2015 an, könnte es für viele Unternehmen mit mehreren Fahrzeugen eng werden. Dazu dürfe es jedoch nicht kommen. "Es kann ja keiner wollen, dass wir vor allem selbst fahrende Einzelunternehmer haben, die sich dann die schönsten Fahrzeiten raussuchen können", warnt Grätz.
Wie sich Mindestlöhne in der Branche umsetzen lassen, dürfte nicht zuletzt von den Städten und Landkreisen abhängen. Sie legen die Taxipreise fest. Mehr als 800 Tarifordnungen gibt es in Deutschland. Grätz hatte in einem Brief an Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) schon mal vorsorglich gefordert, die Tarife bundesweit um einheitlich 25 Prozent zu erhöhen. Doch die Kommunen lassen sich dabei nicht hineinreden. Außerdem dürften die Stadt- und Kreisräte kein allzu großes Interesse haben, Bürger mit hohen Preisaufschlägen gegen sich aufzubringen.