Talente: Melanie Kreis (8):Jung, weiblich, ehrgeizig

Melanie Kreis macht eine ungewöhnliche Karriere bei der Post. Derzeit führt sie das Strategieteam

Caspar Dohmen

Wenn jemand etwas über die Post wissen will, sollte er Melanie Kreis fragen. Sie gehört zu den Bestinformierten unter den mehr als 500.000 Beschäftigten des Logistik-Konzerns.

Talente: Melanie Kreis (8): Von ihrem Büro im 40. Stock des Posttower hat Melanie Kreis einen weiten Blick ins Rheintal

Von ihrem Büro im 40. Stock des Posttower hat Melanie Kreis einen weiten Blick ins Rheintal

(Foto: Foto: ap)

Kreis leitet mit dem Konzernbüro und der Konzernorganisation einen der kleineren, gleichzeitig aber einen der wichtigsten Zentralbereiche des Unternehmens. Ihr 16-köpfiges Team ist an der Schnittstelle zwischen Aufsichtsrat und Vorstand tätig, bereitet beispielsweise die Aufsichtsratssitzungen vor. Hier brüten die Mitarbeiter über strategischen Problemen, zuletzt über einer Lösung für das defizitäre US-Expressgeschäft.

Der 37-Jährigen, die von sich selbst sagt, sie werde hibbelig, wenn sie nicht arbeite, macht der Job sichtlich Spaß. "Dabei hätte ich gelacht, wenn mir jemand nach dem Abitur gesagt hätte, dass ich 15 Jahre später einmal bei der Post in Bonn lande", sagt sie.

Physikstudium und Praktikum bei McKinsey

Kreis ist in Bonn aufgewachsen. Nach dem Abitur wollte sie eines, nämlich weg. Sie studierte Physik, erst in Tübingen, dann in den USA, am Ende wieder in Bonn. Ursprünglich wollte Kreis als Forscherin an der Universität bleiben. Während der Diplomarbeit zweifelte sie dann, "ob ich für das Leben im Labor wirklich geschaffen bin".

Sie beschäftigte sich damals mit Strukturen von Cäsiumatomen und experimentierte nachts, weil dann die Stromspannung für die Bestrahlung der Atome stabiler war. Dabei ging ihr immer wieder der Gedanke durch den Kopf: "Vielleicht verpasse ich etwas vom Leben."

Einige ihrer Freunde arbeiteten nach dem Studium als Unternehmensberater. Kreis entscheidet sich für ein Praktikum bei McKinsey. Am Ende blieb sie drei Jahre dort. "Für mich war es der optimale Umstieg von der Naturwissenschaft ins Management", sagt sie rückblickend. Hier habe sie wichtige Lektionen gelernt, wie "Klappern gehört zum Handwerk". Es reiche eben nicht, wenn man in der Wirtschaft gute Lösungen habe. "Man muss sie auch durchsetzen", sagt sie. Als Naturwissenschaftler tappe man leicht in eine Falle, wenn man erwarte, dass allein nach Faktenlage entschieden werde.

Trotzdem redet Kreis über ihre Karrierestation bei McKinsey nur ungern, weil es das Vorurteil bestärken könne, bei der Post sei das Fortkommen für "Meckies" einfacher. Tatsächlich waren viele Postmanager früher bei dieser Unternehmensberatung beschäftigt, einschließlich des jetzigen Chefs Frank Appel und seines Vorgängers Klaus Zumwinkel.

Traumangebot von der Post

Fragt man Kreis, welche berufliche Station sie geprägt hat, dann erzählt sie von einer Beteiligungsgesellschaft in London, wo sie vier Jahre gearbeitetet hat. Von dort warb ein Headhunter sie 2003 für die Post ab. "Böse Zungen sagten damals, wer bei Drei nicht auf dem Baum ist, den kauft die Deutsche Post", erzählt die Expertin für Unternehmenskäufe scherzhaft. Es sei für sie ein Traumangebot gewesen. Schließlich hatte der Konzern gerade das Schweizer Logistikunternehmen Danzas und das Expressunternehmen DHL übernommen.

Seite 2: Familie und Karriere im Einklang

Jung, weiblich, ehrgeizig

Kreis erinnert sich noch gut an die Anfangsphase bei der Post. Bei ihren ersten beiden Projekten habe sie dem Vorstand von einem Kauf abgeraten. "Da bin ich als Dealjunkie nervös geworden", sagt Kreis, die von ihrem Büro im 40. Stock des Posttower einen weiten Blick ins Rheintal hat.

Doch dann interessierte sich die Post für den britischen Logistiker Exel. Damit schlug die Stunde für die ehrgeizige Frau, die im dunklen Hosenanzug und mit Perlenohrring daherkommt. Kreis leitete das Übernahmeteam der Post. Diesmal ist es das Richtige für die Post, ist sie überzeugt.

Job und Familie

Doch als der Milliardendeal im Herbst 2005 unterschrieben wird, da ist sie in Mutterschutz. "Suboptimal" sei dies gewesen, sagt sie. Als sie zurückkommt, übernimmt sie die Integration von Exel in den gelben Konzern. So verbringt sie erneut viel Zeit in England, da der Konzernsitz von Exel bei London liegt, in Bracknell.

Damals lernt sie auch den Trott der Arbeiter im Logistikalltag kennen, die weltweit für den Transport der Waren zuständig sind. Sie hielt große Meetings, bei denen die Beschäftigten über die Folgen der Übernahme informiert werden. Kreis konnte diesen Karriereschritt nach ihrer Meinung nur machen, weil ihr Mann sie unterstützte. Während sie in England unterwegs ist, kümmert er sich um die Tochter. Dafür hat er sich ein Jahr Elternzeit genommen.

Heute bringt Kreis morgens die Tochter in die Kindertagesstätte, abends übernimmt ihr Mann. Neben Job und Familie bleibt wenig Zeit, "wenn ich gut bin, gehe ich am Wochenende eine halbe Stunde laufen", sagt sie.

Ende 2006 rief Zumwinkel an, bot ihr den jetzigen Job an. "Da habe ich ja gesagt", sagt Kreis. Zwei Wochen später fing sie an. Seitdem gehört sie zu den wenigen Frauen, die es bei der Post in die zweite Führungsebene mit ihren 180 Mitarbeitern geschafft haben.

Auf dem Sprungbrett

Der Vorstand ist bis heute frauenfrei. "Eines Tages wird es eine Frau schaffen", sagt Kreis, die von einer Quotenregelung nichts hält. "Dann sagen alle, jemand sitzt nur wegen der Quote im Vorstand." Fragt man sie nach den Gründen für die frauenlosen Vorstandsriegen, spricht sie davon, dass in der von Männern dominierten Logistikbranche ohnehin wenig Frauen arbeiten würden. Mit Blick auf ihren eigenen Bekanntenkreis ergänzt sie: Sie kenne Frauen, die mit Mitte dreißig die Prioritäten anders setzten, mehr Zeit für ihre Kinder haben wollten.

Kreis hat bislang versucht, beides zu verfolgen, Karriere und Familie. So ist sie bei der Post vorgerückt. Könnte es weiter aufwärts gehen, in den Vorstand? "Das Thema hat sich mir noch nicht gestellt. Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht", sagt Kreis.

Ihre Stelle ist ein gutes Sprungbrett. Schließlich ist ihr Vorgänger Hermann Ude nach einer Zwischenstation im operativen Geschäft kürzlich in den Vorstand gerückt. Dort geht Kreis heute auch schon ein und aus. Sie hat während des Gesprächs die Zeit vergessen. Plötzlich springt sie auf, verabschiedet sich hastig. Sie habe noch einen Termin bei Frank Appel, dem Post-Chef.

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