Talente: Frank Mastiaux (3):Spezialist für frischen Wind

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Frank Mastiaux soll im Eon-Konzern das Geschäft mit erneuerbaren Energien in die Weltspitze führen - mit einer Führungskultur der kurzen Wege und flachen Hierarchien.

Hans-Willy Bein

Düsseldorf kommt im Vergleich mit anderen Großstädten eher bieder daher. Aber unbestritten strahlt die Dienstleistungsmeile Medienhafen mit den schrägen Bauten des Stararchitekten Frank O. Gehry, dem Stadttor oder den unzähligen Restaurants, Cafés und Bistros internationales Flair aus.

"Effizient aber sehr informell", beschreibt Frank Mastiaux seinen Arbeitsstil. "Die Krawatte ist bei uns keine Benchmark."
"Effizient aber sehr informell", beschreibt Frank Mastiaux seinen Arbeitsstil. "Die Krawatte ist bei uns keine Benchmark." (Foto: Foto: Karlheinz Jardner)

Am Rande dieses Szeneviertels hat sich die Eon Climate & Renewables angesiedelt, die neue Führungsgesellschaft für Klima und erneuerbare Energien des Düsseldorfer Energiekonzerns.

Der Standort sei wegen des jungen und internationalen Teams der Gesellschaft ideal, findet Frank Mastiaux, der seit Oktober 2007 an der Spitze des jungen Unternehmens steht. Ganz bewusst habe er keine Büros im Eon-Mutterhaus gewählt.

Das Geschäft mit erneuerbaren Energien wächst sehr dynamisch und folgt eigenen Gesetzen. "Mit unserem Führungsmodell, das sich ganz eng an den Anforderungen unseres Geschäfts orientiert, wagt Eon etwas Neues", sagt Mastiaux. Und im Rahmen der Finanzvorgaben lässt der Vorstand ihm dabei freie Hand. "Im ersten Jahr wurde kein Investitionsvorschlag von uns abgelehnt." Mehr noch. Das Budget wurde innerhalb kurzer Zeit von drei auf sechs Milliarden Euro verdoppelt. Damit stellt der größte deutsche Energiekonzern bis 2010 zehn Prozent seiner Ausgaben für neue Energien bereit.

Eon-Chef Wulf Bernotat und Mastiaux kennen sich gut aus früheren Tätigkeiten für Veba Oel und Aral. Mehr als eine kollegiale Beziehung verbindet Mastiaux mit dem für neue Märkte bei Eon verantwortlichen Vorstand Lutz Feldmann. Feldmann, der bis Ende 2006 für BP in London gearbeitet hatte, war es auch, der den 44 Jahre alten Manager im vergangenen Jahr bei dem ehemals gemeinsamen Arbeitgeber abgeworben hatte. Der promovierte Chemiker Mastiaux verantwortete bei BP zuletzt das Flüssiggasgeschäft in 15 Ländern.

Bernotat und Feldmann wollten Mastiaux unbedingt als Chef der neuen Eon-Sparte, die weltweit agieren soll. Neben den Managerqualitäten Mastiauxs gab die Erfahrung im globalen Geschäft den Ausschlag.

Und was hat Mastiaux nach Stationen in den USA und London zum Wechsel nach Düsseldorf animiert? "Ich komme aus der Öl- und Gasindustrie und habe 15 Jahre lang erleben müssen, wie Stellen abgebaut wurden. Jetzt will ich sehen, wie es ist, Stellen zu schaffen", sagt er. Um sich diesen Traum zu erfüllen, hat er seine Frau und drei Kinder in London zurückgelassen und kann es jetzt kaum erwarten, dass sie zum Wechsel des Schuljahres im Sommer nachkommen.

Wie das neue Führungsmodell aussehen soll, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Erneuerbare Energien spielen eine wachsende Rolle im Eon-Energiemix. Allein das Geschäft mit Strom aus Windkraft soll sich bis 2020 verfünffachen. Die neue Market Unit, wie die Führungsgesellschaften im Eon-Konzern heißen, setzt die Strategie um und lotet aus, wo der Konzern einen Wettbewerbsvorteil erringen kann. Eon Climate & Renewables eröffne dem Konzern Zugang zu einem bedeutenden Wachstumsmarkt, sagt Mastiaux. Und das geschehe nicht nur, um gesellschaftspolitisch gut dazustehen. Schließlich gebe es billigere Wege, als sechs Milliarden Euro zur Imagepflege auszugeben.

Kurze Entscheidungswege - flache Hierarchien

Die neue Eon-Tochter ist bereits an 13 Standorten von Toronto über Malmö bis Madrid präsent und beschäftigt etwa 600 Leute. In der Zentrale in Düsseldorf ist ein Team von 50 Mitarbeitern vorgesehen. 30 sind bisher gefunden. Das Team steuert den Bau von Windparks, erledigt den Einkauf und leistet technischen Service. "So viel zentrale Steuerung wie gerade nötig und so wenig Abstimmungsprozesse wie möglich", beschreibt Mastiaux seinen Führungsstil.

"Wenn 20 Länder gemanagt werden müssen und das jeweils über komplexe formale Gremienbeschlüsse gehen soll, kommt in kurzer Zeit keine Entscheidung zusammen." Dem Unternehmen würden täglich Investitionsmöglichkeiten angeboten. "Da müssen wir schnell reagieren, manchmal innerhalb von 24 Stunden, weil diese enorme Geschwindigkeit in der Branche herrscht."

Die Entscheidungswege sollen daher kurz sein, die Hierarchien flach. "Effizient aber sehr informell", beschreibt Mastiaux den Arbeitsstil. Entschieden werde im Team. "Die Krawatte ist bei uns keine Benchmark." Wie das Outfit der Führungsleute unterscheidet sich auch das Ambiente der Büros von klassischen Geschäftsarbeitsplätzen. Das Design passt sich der internationalen Ausrichtung des Teams an. Alle Büros sind sehr funktionell und so weit wie möglich offen. Wenn die Etagen im Düsseldorfer RWI-Haus fertig eingerichtet sind, sollen an vielen Stellen Sitzecken mit Sofas zur Kommunikation einladen. Schon heute stehen an zentralen Plätzen große Schalen mit frischem Obst.

Nicht alle Mitglieder des erweiterten Führungsteams haben ihre Büros in Düsseldorf. Aber alle sollen bei Bedarf hier arbeiten können. Dafür müssen sie nicht an Katzentischen Platz suchen, zeitweise benötigte Arbeitsplätze sind voll integriert. Bei ihrer starken internationalen Ausrichtung hätte die junge Eon-Führungsgesellschaft auch an einem anderen Ort angesiedelt werden können. Die Wahl fiel schließlich auf Düsseldorf - wegen der zentralen Lage in Europa.

© SZ vom 21.4.2008/sme/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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