Talente: Anke Meier (15):Die Multikulti-Managerin

Vielfalt auf allen Ebenen: Anke Meier sorgt beim Konsumgüterhersteller Henkel dafür, dass die Globalisierung im Unternehmen selbst ankommt.

Stefan Weber

Der Henkel-Renntag auf der Düsseldorfer Galopprennbahn ist traditionell ein fröhliches Familienfest. Neben Hüpfburg und Ponyreiten für die Kleinen lockt eine Picknickwiese mit freiem Blick auf die malerische Anlage im Stadtteil Grafenberg.

Talente: Anke Meier (15): Anke Meier hat keine Berührungsängste mit fremden Kulturen.

Anke Meier hat keine Berührungsängste mit fremden Kulturen.

(Foto: Foto: Wilfried Meyer)

Im VIP-Bereich wetteifern Damen mit ausgefallenen Hüten um Aufmerksamkeit. Und für Freunde des Galoppsports ist die Veranstaltung ohnehin ein Muss: Das Rennen um den Preis der Diana unter dem Patronat von Henkel ist mit mehr als 600.000 Euro das höchstdotierte Stutenrennen in Deutschland.

Seit 130 Jahren ist der Persil-Hersteller in Düsseldorf zu Hause. Und mit Veranstaltungen wie dem Renntag am ersten Sonntag im August betont das Unternehmen regelmäßig seine Verbundenheit zum Standort. Aber so bodenständig wie sich der Konzern bei diesen Gelegenheiten gibt, ist er keineswegs.

"Die deutsche Firma Henkel gibt es so nicht mehr", sagt Vorstandschef Kasper Rorsted. Henkel sei heute ein globales Unternehmen mit deutschen Wurzeln. Tatsächlich erwirtschaftet die Firma 80 Prozent des Umsatzes im Ausland, und von 100 Mitarbeitern haben nur 17 einen deutschen Pass. Auch der Vorstand ist so international besetzt wie kaum ein anderes Führungsteam unter den Dax-Konzernen: Drei der fünf Topmanager sind keine Deutschen.

Rorsted, ein Däne, ist im April dieses Jahres an die Spitze des Vorstands gerückt. Zu den vielen Dingen, die er bei Henkel anstoßen möchte, gehört, das Management noch stärker zu mischen - nach Alter, Geschlecht, aber auch nach Nationalitäten.

Blick für die Vielfalt

"Die Mitarbeiter, die wir jetzt suchen, müssen internationale Erfahrungen haben und im Ausland gearbeitet haben", fordert der Henkel-Chef. Dieses Thema voranzutreiben ist eine der Aufgaben von Anke Meier.

Sie hat im November vergangenen Jahres eine Stelle angetreten, die es im Management von Henkel bisher nicht gab: als Verantwortliche für Diversity, also Vielfalt. "Wir wollen Teams so zusammensetzen, dass unterschiedliche Talente, Ansichten und Kulturen zu einer besseren Lösung von Problemen beitragen und Henkel im Wettbewerb Vorteile bringen", sagt die 45-Jährige.

Sie untersteht direkt Vorstandschef Rorsted. Und der Vorstandschef hat ihr eine sehr anspruchsvolle Vorgabe gegeben: "Wenn die Leute in ein paar Jahren Henkel hören, sollen sie möglichst gleich an Diversity denken."

Meier hat zunächst einmal eine Bestandsaufnahme über die Diversity-Aktivitäten bei dem Markenartikel-Hersteller gemacht. Schließlich ist das Thema so neu nicht, nur die Verantwortlichkeit und damit der Stellenwert haben sich geändert. Wenn es um Vielfalt ging, liefen die Fäden früher in der Personalabteilung zusammen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Herausforderungen Anke Meier bei Henkel bewältigen muss.

Die Multikulti-Managerin

Meier musste viele Dinge nicht aufwendig recherchieren; sie kennt die Henkel-Welt seit 13 Jahren. Die Finanzkommunikation war ihre erste Station, später arbeitete sie als Finanzchefin von Henkel in Großbritannien und Irland, ehe es zurück nach Deutschland in die Konzernrevision ging. Dass es in ihrer neuen Aufgabe weniger um Zahlen als um Menschen geht, empfindet die Frau mit der blonden Kurzhaarfrisur als Herausforderung. Es kann nach ihrer Auffassung mitunter nicht schaden, wenn ein Fachfremder eine Aufgabe übernimmt.

Unterwegs in der Henkel-Welt

Aber sie räumt ein, dass es am Anfang "schwierig" gewesen sei: "Ich musste mir viele Dinge anlesen." Hilfreich seien auch die Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen bei Henkel und in anderen Unternehmen gewesen, die ebenfalls über ein Diversity-Management verfügen. Inzwischen fühlt sie sich "gut im Thema", und nach der Bestandsaufnahme der Diversity-Aktivitäten hat sie die Gewissheit, dass Henkel in dieser Disziplin so schlecht nicht dasteht: Etwa die Hälfte des Managements - dazu zählt Henkel die nichttarifgebundenen Mitarbeiter - sind Ausländer. Und in den Führungskreisen eins bis drei ist jede vierte Position von einer Frau besetzt.

Etwa ein Drittel ihrer Arbeitszeit ist die im kolumbianischen Bogota geborene Volkswirtin unterwegs, um in der Henkel-Welt den Blick für das Thema Vielfalt zu schärfen. Mit unterschiedlicher Resonanz. So mancher altgediente Manager habe anfangs gesagt: "Was soll das? Unsere Teams sind doch schon international gemischt." Im späteren Gespräch, so meint Meier, sei es ihr dann doch gelungen darzulegen, warum Vielfalt wichtig ist: Etwa weil ein nach Alter, Geschlecht und Nationalität gemischtes Teams besonders innovativ ist. Von Quoten hält die Diversity-Managerin dagegen nichts. "Entscheidend für die Verteilung von Aufgaben und auch Beförderungen sind allein die Kompetenz und das Potential eines Mitarbeiters", betont sie.

Auch auf diesem Feld hat sie Befürchtungen aus der Belegschaft zerstreuen müssen. Denn mancher Mitarbeiter mutmaßte, über das Weiterkommen entscheide künftig vor allem die Nationalität.

Keine Stereotypen

Dennoch: In Wachstumsregionen wie zum Beispiel China oder Osteuropa ist die Suche nach hochqualifizierten Mitarbeitern für Henkel eine Herausforderung. "Das sind Länder, in denen wir stark wachsen wollen, und wer dort lebt, kennt die Spielregeln der Märkte am besten", sagt Meier.

Aber sie kämpft gegen Stereotypen. Etwa wenn es heißt, im Marketing sollten vornehmlich jüngere Kräfte arbeiten, weil die flexibler und innovativer seien als ältere. Auch hier, so meint sie, komme es auf den richtigen Mix aus Erfahrung und verschiedenen Perspektiven im Team an.

Diversity-Management ist keine Disziplin, in der sich Erfolge rasch einstellen. Deutliche Veränderungen, so meint Meier, seien möglicherweise erst in drei bis fünf Jahren zu erkennen.

Manchmal geht es aber auch ganz schnell, wie bei der Betriebsfeuerwehr in der Düsseldorfer Zentrale: Als in deren Reihen größere Lücken drohten, weil viele Mitarbeiter in den nächsten Jahren in Pension gehen, bemühte sich Henkel um die Erlaubnis, Nachwuchskräfte ausbilden zu dürfen. Mit Erfolg - seit kurzem kann man bei Henkel auch Feuerwehrmann werden.

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