SZ-Wirtschaftsgipfel:Unternehmer stehen unter Trump-Schock

SZ-Wirtschaftsgipfel: Nennen ihre Angst lieber "Sorge": Unternehmer auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel im Berliner Hotel Adlon.

Nennen ihre Angst lieber "Sorge": Unternehmer auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel im Berliner Hotel Adlon.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Eine Umfrage auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel zeigt, dass die meisten anwesenden Unternehmer Donald Trump als eines der größten Risiken für die weitere Wirtschaftsentwicklung sehen.
  • Trotzdem nennen sie ihre "Angst" lieber "Sorge" - und machen sich gegenseitig Mut.
  • Der SZ-Gipfel findet vom 17. bis 19. November im Hotel Adlon in Berlin statt. Alle Texte und Videos finden Sie hier.

Von Caspar Busse und Harald Freiberger

Einer kann dem neuen US-Präsidenten Donald Trump eine überraschende Seite abgewinnen: Egon Pfadt, Geschäftsführer einer Immobilien-Entwicklungsgesellschaft in Berlin, will Trump demnächst in New York mit einem Freund besuchen. "Wir bringen ihm eine Kiste Kallstadter Kobnert mit, Pfälzer Wein aus der Gegend, aus der Trumps Vorfahren stammen", sagt der Unternehmer. Der Großvater Trumps hat deutsche Wurzeln. Das brachte Pfadt auf die Idee, ihm einen Gruß aus der Heimat seiner Väter zu überbringen. Ob er dann auch vorgelassen wird, ist für ihn zweitrangig. "Wir probieren es einfach, wenn es nichts wird, ist es auch nicht schlimm", sagt Pfadt.

Zehn Tage nach der US-Wahl war der Ausgang der Präsidentschaftswahl ein großes Thema auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel. Der Schreck gerade in der exportorientierten deutschen Wirtschaft war nach dem Votum groß. Bei einer Publikumsabstimmung im Saal sehen die meisten anwesenden Unternehmer Donald Trump als eines der größten Risiken für die weitere Wirtschaftsentwicklung. In der vergangenen Woche hatte schon Ulrich Grillo, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), gesagt: "Die Verunsicherung in der Wirtschaft ist riesengroß." Trump sei gut beraten, die US-Wirtschaft nicht von der Welt abzuschotten, mahnte er.

Kein Wunder: Die USA sind trotz des Aufstiegs von China noch immer der weltweit größte Absatzmarkt für Waren aus Deutschland. Insgesamt sind etwa 5000 deutsche Unternehmen in den USA präsent, darunter fast alle großen, viele von ihnen sind mit eigenen Tochterfirmen und großen Produktionsstandorten dort vertreten. Doch inzwischen kehrt Realismus ein, das wurde auch in Berlin deutlich, manche sprechen auch von Opportunismus.

Rocket-Internet-Chef Samwer hat "hundert Prozent Vertrauen"

Der Chef der Start-up-Holding Rocket Internet, Oliver Samwer, etwa gibt sich zuversichtlich. Er rechne unter einem US-Präsidenten Trump nicht mit einer einschneidenden Kurswende zulasten der Internet-Wirtschaft. "Ich glaube nicht, dass die Amerikaner von einem Pro-Internet, einem Pro-Fortschritt weggehen", sagte Samwer.

Trump habe nicht nur Erzkonservative in seine Mannschaft geholt, sondern beispielsweise auch den Internet-Unternehmer und -Investor Peter Thiel. Er, Samwer, habe "hundert Prozent Vertrauen", dass es mit der Digitalisierung auch in den USA weiter vorangehe. Rocket Internet gilt als größte deutsche Internet-Firma, beteiligt sich international an jungen Internet-Start-up-Unternehmen und ist vor zwei Jahren an die Börse gegangen.

Was die Regierungen vor allem tun müssten, sei aber, für mehr "digitale Chancengleichheit" zu sorgen, fügte Samwer an. Es müssten überall gleiche Bedingungen gelten, dann könnten auch alle an dem Wandel teilnehmen und profitieren. Es sei deshalb wichtig, dass Unternehmensgründungen nicht nur im Silicon Valley oder in Berlin möglich seien, weil es dort die Infrastruktur und die richtigen Mitarbeiter gebe, sondern auch an vielen anderen Orten. Voraussetzung dafür sei, das die notwendige Netze geschaffen würden.

"Jeder war geschockt, vielleicht auch Trump selbst"

Auch der Chef der Fluggesellschaft Emirates Airline, der Brite Sir Tim Clark, blickt positiv nach vorne. "Donald Trump ist ein Geschäftsmann", sagte er. Dieser werde die USA nicht in die wirtschaftliche Isolation führen und die Globalisierung nicht zurückdrehen. "Ich bin auf der optimistischen Seite", versicherte er. Clark glaubt, dass die Weltwirtschaft und auch das Fluggeschäft weiter wachsen werden. Die USA sind auch für Emirates ein wichtiger Markt, die Fluggesellschaft fliegt zehn amerikanische Städte an, in Europa sind es etwa 35.

Keine Angst vor Trump hat auch der Amerikaner Bill McDermott. Der Vorstandschef des Softwareunternehmens SAP sagte unter Gelächter zur Wahl: "Jeder war ziemlich geschockt, vielleicht auch Trump selbst." Der Manager geht davon aus, dass der neue Präsident einen moderateren Kurs als angekündigt verfolgen und für gute Geschäftsmöglichkeiten sorgen wird. "Wenn er Präsident ist, wird er die Macht des Digitalen nicht übersehen", betonte McDermott.

Konzernchefs machen sich gegenseitig Mut

"Gebt ihm eine Chance. Lasst es uns positiv angehen", sagt schon zwei Tage nach der Wahl Siemens-Chef Joe Kaeser. Für den Münchner Konzern sind die USA nach wie vor der größte Einzelmarkt, der Umsatz dort liegt bei 22 Milliarden Dollar, es werden knapp 50 000 Menschen beschäftigt. Siemens hofft jetzt auf neue Aufträge, wenn Trump in die öffentliche Infrastruktur investiert oder die Fabriken des Landes digitalisiert werden. Kaeser bietet jedenfalls Zusammenarbeit an.

Groß in den USA ist auch BMW. Der Autobauer produziert auch dort, unterhält in Spartaburg eine Fabrik und ist nach eigenen Angaben der größte Exporteur von Automobilen aus den USA. "Es hilft uns, dass wir dort auch als US-Unternehmen wahrgenommen werden", sagt BMW-Chef Harald Krüger. Aber er weiß auch, dass gerade die deutsche Autoindustrie auf den freien Welthandel angewiesen ist und Donald Trump bisher für mehr Protektionismus geworben hat.

Sorge, aber keine Angst

Viele in Berlin sind trotzdem besorgt, dass die Wirtschaft in Europa leiden könnte, wenn Trump seine Ankündigungen umsetzen sollte. "Wenn es ganz schlimm kommt, wären wir indirekt sicher betroffen", sagte Gabor Friedrich, Chef von ISB, einer Softwarefirma aus Karlsruhe mit 200 Mitarbeitern. Er bietet individuelle Software-Lösungen für Unternehmen aus vielen Branchen an, zum Beispiel für Automobilhersteller und -zulieferer. "Es sind eine Reihe negativer Auswirkungen denkbar, die das Geschäft dieser Unternehmen beeinträchtigen könnten, das würde uns auch treffen", sagt Friedrich. Auf der anderen Seite hofft er, dass es so schlimm schon nicht kommen wird. Auch er sagt, zuversichtlich stimme ihn, dass Trump Geschäftsmann sei: "Er wird den Erfolg suchen, das ist das Einzige, was für ihn zählt."

Die Wahlnacht hat Friedrich bangend erlebt. "Ich konnte die halbe Nacht nicht mehr schlafen", erzählt er. Trumps Rede am nächsten Morgen habe ihn dann wieder zuversichtlicher gestimmt. "Wenn man den Wahlkampf nicht erlebt hätte, hätte man meinen können, dass da ein weißer Obama an die Macht kommt", sagt Friedrich. "Ich sehe das Glas halbvoll", macht sich Friedrich Mut.

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