SZ-Wirtschaftsgipfel:"...sonst bin ich schnell wieder Geschichte"

Thomas Hitzlsperger

„Ich weiß, dass ich täglich unter Beobachtung stehe“: Thomas Hitzlsperger

(Foto: Andreas Gebert/dpa)
  • Hitzlsperger und Walkenhorst sehen Ähnlichkeiten zwischen Spitzensportlern und Spitzenmanagern.
  • Beide müssten in der Lage sein, Rückschläge nicht nur wegzustecken, sondern aus den Fehlern schnellstmöglich zu lernen.

Von Angelika Slavik

Thomas Hitzlsperger findet, die Sache mit der Ungeduld sei ein Problem. "Alle wollen immer Kontinuität, wir reden auch davon", sagt er. "Aber das ist schwer, weil die Ungeduld eben immer da ist." Der frühere Fußballnationalspieler Hitzlsperger, 37, ist heute Vorstandsvorsitzender des VfB Stuttgart. Am Dienstag machte er sich gemeinsam mit der Beachvolleyball-Olympiasiegerin Kira Walkenhorst, 28, Gedanken über die Parallelen zwischen Leistungssport und Wirtschaftsleben. Und die Ungeduld, konstatierte Hitzlsperger, sei in beiden Bereichen ein Problem. Den Fokus auf den langfristigen Erfolg zu richten, ist in der Theorie eben leichter als in der Praxis - wenn doch kurzfristig Bundesligaspiele gewonnen oder Quartalszahlen präsentiert werden müssen.

Auch Walkenhorst sieht Ähnlichkeiten zwischen Spitzensportlern und Spitzenmanagern, beide müssten in der Lage sein, Rückschläge nicht nur wegzustecken und weiterzumachen, sondern aus den Fehlern immer schnellstmöglich zu lernen. Nur so, sagt Walkenhorst, könne man sicher sein, die bestmögliche Leistung zu bringen. Hitzlsperger findet, das treffe derzeit auf ihn selbst in besonderem Maße zu: Schließlich sei er zwar seit Kurzem Vorstandschef beim VfB, habe aber "keine klassische Managerausbildung" durchlaufen. "Ich weiß, dass ich täglich unter Beobachtung stehe", sagt er. Es gebe schließlich Bereiche, in denen er nicht viel Erfahrung habe. "Das muss ich mir schnell aneignen, sonst bin ich schnell wieder Geschichte."

"Das hätte ich mir niemals träumen lassen."

Hitzlsperger war schon während seiner Karriere als Spieler einer, der sich Gedanken machte, die über 4-3-3 oder 4-2-3-1 hinausgingen. Er engagierte sich früh für gesellschaftliche Themen und er machte sich Gedanken über die Zeit nach dem Rücktritt als aktiver Spieler: Was sollte da kommen? Ihm sei immer klar gewesen, dass er nicht einfach vom verdienten Vermögen zehren und in den Tag hineinleben wolle, sagt er rückblickend. "Aber eine genaue Vorstellung davon, was ich machen wollte, hatte ich auch nicht." Dass er schließlich Vorstandsvorsitzender bei seinem Herzensklub VfB Stuttgart werden würde, "das hätte ich mir niemals träumen lassen".

Vielen anderen Spieler aber, sagt Hitzlsperger, fehle die Fantasie, sich überhaupt vorzustellen, dass es nach der Spielerkarriere noch ein anderes, spannendes Leben geben könnte. Dass sich viele Spieler neben dem Training hauptsächlich für ihre Erfolge an der Playstation interessierten, sei jedenfalls kein Klischee. "Es ist unsere Aufgabe, ihnen zu zeigen, dass es auch ein Leben nach der Spielerkarriere gibt", findet Hitzlsperger.

Bei Kira Walkenhorst sind diese Überlegungen schon recht konkret, schließlich hatte sie ja sogar schon das Ende ihrer Karriere verkündet. Nun arbeitet sie aber doch wieder am Comeback, nach insgesamt zehn Operationen. "Ich habe auch wegen der vielen Verletzungen immer gewusst, dass es schnell vorbei sein kann mit der aktiven Karriere", sagt Walkenhorst. Zudem hätten ihre Eltern darauf geachtet, dass sie eine ordentliche Ausbildung machte, bevor sie sich dem Profisport widmete - Walkenhorst ist ausgebildete Physiotherapeutin. In der Zukunft sieht sie sich dennoch eher in der Start-up-Szene: "Am besten in Verbindung mit dem Sportbereich."

Ein bisschen Start-up-Dynamik könnte dem VfB auch nicht schaden, findet Hitzlsperger, allerdings mag er es auch traditionell - bei den Umgangsformen: In einem Spitzenjob müsse man manchmal auch harte Entscheidungen treffen. "Aber dabei kann man trotzdem freundlich und verbindlich bleiben, das ist mein Anspruch."

Trotzdem geht es im Alltag, auch da sind sich Sport und Wirtschaftsleben ähnlich, keineswegs immer nur nett zu. Erst kürzlich wurde Niko Kovač als Trainer des FC Bayern gefeuert, weil er, wie es heißt, "die Kabine verloren" hatte. Dieses Phänomen sehe man im Sport und in der Wirtschaft, und in beiden Fällen sei es fatal: Ein Trainer müsse die Mannschaft von seiner Vision überzeugen, ein Manager seine Mitarbeiter. Nur wenn alle an den Erfolg glaubten, bringe das Team am Ende auch Bestleistung. "Als Verantwortlicher muss man Leidenschaft vorleben", sagt Hitzlsperger. Leidenschaft - die würde manchem Spitzenmanager auch nicht schlecht zu Gesicht stehen.

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