Süddeutsche Zeitung

SZ-Wirtschaftsgipfel:Guttenberg über Trump und Merkel: "Da trifft Bart Simpson Mutter Teresa"

Der ehemalige Verteidigungsminister erklärt die US-Politik - und was der "eitle Prolet" Trump im Weißen Haus erreichen kann.

Von Jannis Brühl, Berlin

Mit dem Establishment kennt sich der Baron, der gerne englische Wörter wie "luminaries" und "global player" in seine Sätze streut, aus. Und Karl-Theodor zu Guttenberg weiß, dass auch der künftige US-Präsident Donald Trump den elitären Teil Amerikas braucht, über den er im Wahlkampf so sehr gewettert hat: "Am Ende wird er ohne das sogenannte Establishment nicht auskommen." Trump müsse nun Leute aus dem ganzen Land anwerben, die er vorher "abgewatscht" habe, sagt Guttenberg auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel in Berlin.

Der ehemalige Wirtschafts- und Verteidigungsminister, der mittlerweile eine Beratungsfirma in New York hat und für eine Schweizer Risikokapitalfirma arbeitet, sitzt auf der Bühne des Adlon-Hotels und erklärt Amerika. Als Berater und Venture-Kapitalist kann er sich nicht nur locker kleiden - Jeans, Jackett, Drei-Tage-Bart - er kann auch "frei von der Leber" reden, wie Günther Oettinger sagen würde. Glücklicherweise nimmt sein Auftritt keine oettinger'schen Ausmaße an.

Guttenberg sagt über den kommenden US-Präsidenten Sätze wie: "Ich hätte nicht gedacht, dass ein pöbelnder, eitler Prolet es überhaupt durch die Vorwahlen schafft." Und zum transatlantischen Verhältnis und der Frage, wie man sich einen Besuch von Trump bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorstellen müsse: "In Zukunft muss man das Gefühl haben, da trifft Bart Simpson Mutter Teresa."

Auf der analytischen Ebene geht es dann weniger um Zeichentrickfiguren als darum, was Trump nach seinen Ankündigungen tatsächlich bewirken kann. Seine geplante Mischung aus Protektionismus, Steuersenkungen und Infrastrukturinvestitionen erklärt Guttenberg für nicht sinnvoll.

Er könne zwar "ein konjunkturelles Strohfeuer" entfachen, die Globalisierung aber könne Trump nicht eigenhändig rückgängig machen: "Am Ende des Tages werden die Jeans nicht wieder in den USA hergestellt werden." Freihandels-Verfechter Guttenberg, der auch für das Abkommen Ceta zwischen der EU und Kanada warb, sagt: "Man hat das Gefühl, dass der Vorsitzende von Attac demnächst im Weißen Haus sitzt."

In Kabul seien die Straßen teilweise besser als in New York

Trumps Spielraum sei aber begrenzt, selbst wenn die Republikaner neben dem Weißen Haus auch den Kongress beherrschten. Für den stehe in zwei Jahren sowieso die nächste Wahl an: "Kein Abgeordneter hat Lust, sich wegen gewisser Idiotien, die aus dem Weißen Haus kommen, aus dem Amt kegeln zu lassen." Geld in die Infrastruktur zu stecken sei allerdings in jedem Fall sinnvoll in den USA: "Ich bin teilweise in Kabul über bessere Straßen gefahren als in New York."

Militärische Bauchentscheidungen irren Ausmaßes - etwa über den Einsatz von Atomwaffen - traut Guttenberg Trump nicht zu: "Auch er will irgendwann unbeschadet in seinen Trump Tower zurückkehren." Für die Europäer bedeute es allerdings das Ende der Bequemlichkeit, wenn Amerika mit sich selbst beschäftigt sei. Wenn es um die "Drecksarbeit" gehe, wie Bombenangriffe auf den IS - Guttenberg nennt ihn ganz amerikanisch "ISIS" - könnten sich die Europäer in Zukunft wohl weniger auf die USA verlassen. Froh kann in solchen Zeiten sein, wer kein deutscher Verteidigungsminister mehr ist.

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