SZ-Wirtschaftsgipfel:Feindbild Huawei

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Wie kommt der Ausbau des schnellen Internets in Deutschland voran? Bei einer Veranstaltung des SZ-Wirtschaftsgipfel-Salons mit Politikern, Unternehmern und Telekom-Anbietern gab es eine rege Debatte.

Von Mauritius Kloft, Berlin

Kann Deutschland es sich leisten, beim Ausbau der 5G-Netze den chinesischen Konzern Huawei einzubinden - einen Konzern, dem eine Nähe zur Kommunistischen Partei vorgeworfen wird und Spionage? Der Beauftragte für digitale Wirtschaft und Start-ups des Bundeswirtschaftsministeriums, Thomas Jarzombek, fordert eine klare Grenze. Mindestens 50 Prozent der Aufträge müssten an Anbieter aus Europa gehen, so der CDU-Mann. "Wir dürfen unsere Kompetenz nicht verlieren", sagte er am Montag beim SZ-Wirtschaftsgipfel Salon in Berlin, wo Unternehmer, Politiker und Telekom-Anbieter über die Aufholjagd beim Ausbau der digitalen Netze debattierten.

Die Unternehmen zeigen sich gelassener, wohl auch weil sie ohne die Zusammenarbeit mit Huawei nicht auskommen. Telefónica/O2 zum Beispiel arbeitet mit Huawei zusammen und vertreibt dessen Geräte. "Solange die Vorwürfe nicht bewiesen sind, sollten wir nicht schon die Schuld zuweisen", sagte Valentina Daiber, Vorstandsmitglied der Telefónica Deutschland. Auch Andreas Müller, bei Bosch für den Netzausbau zuständig, sagte: "Wir können sie nicht von vornherein ausschließen". Bosch arbeite aber an einheitlichen Sicherheitsstandards. Diese würden dann für alle Anbieter gelten.

Für ihre Sicherheit setzen die Unternehmen vor allem auf sogenannte Campusnetze. Das sind eigene, lokale Netze, die sich ein Unternehmen aufbauen kann. "Es liegt dann in unseren Händen, welche Daten wir herausgeben", sagte Müller. Damit sei man nicht von den öffentlichen Netzen abhängig. Die Unternehmen wollen dadurch auch flexibler werden. So können Daten durch das 5G-Netz in Echtzeit übertragen werden. Daimler forscht beispielsweise an einer "chaotischen Fabrik", die sich selbst steuert. Auch Bosch wünscht sich Fabriken, bei denen nur die Decke, die Wände und der Boden fest sei, so Müller. "Der Rest kann sich dann flexibel und spontan umgestalten", sagte er.

Bis 2021 sollen nahezu alle Haushalte einen Breitbandanschluss haben

Die öffentlichen 5G-Netze sollen von den großen Mobilfunkunternehmen betrieben werden. Von März bis Juni wurden große Teile der neuen 5G-Frequenzen versteigert - aber eben nicht alle. In den kommenden Monaten sollen nun weitere Frequenzen an Unternehmen aus anderen Branchen vergeben werden - wie eben Bosch oder Daimler. "Damit ist Deutschland Vorreiter", sagte Jarzombek. Die Möglichkeit, dass Unternehmen eigene 5G-Netze aufbauen, habe es bisher nicht gegeben. Auch Michael Ziesemer, Präsident des Elektroindustrie-Verbandes (ZVEI), lobte die Versteigerung. "Die Industrie hat ein großes Interesse an den lokalen Frequenzen", sagte er.

Bei den Telekom-Firmen stieß das Verfahren auf Kritik. Die Auktion hat die Telekom, Vodafone, 1&1 und Telefónica mehr als sechs Milliarden Euro gekostet. Sie fürchten, dass ihnen ein Teil des Geschäfts wegbricht, wenn Frequenzen an Unternehmen vergeben werden. Zumal sie ja Verpflichtungen haben: Bis Ende 2021 sollen in jedem Bundesland 99 Prozent der Haushalte schnelles Internet haben. Das ist Teil einer Vereinbarung mit dem Verkehrsministerium. Dafür müssen sie die Rechnung aus der Auktion erst bis 2030 bezahlen. Auch Jarzombek will schnellstmöglich "die letzten weißen Flecken schließen".

Es gibt weitere Probleme: Einige Bürger lehnen es ab, dass das Netz 5G-tauglich gemacht wird. Der Grund: die angeblich gefährliche Strahlung von 5G. Es gibt Studien, wonach die elektromagnetische Hochfrequenzstrahlung Krebs erzeugen kann. CDU-Mann Jarzombek verweist auf festgelegte Grenzwerte. Diese lägen weit unter dem, was schädlich sei. "Das Schlimme ist immer noch das Telefonieren mit dem Handy direkt am Ohr", sagte er.

Ohnedies kann es noch dauern, bis 5G in der Breite verfügbar ist. Da waren sich alle einig. Von 5G profitieren werden zunächst deutsche Unternehmen. Zumindest, wenn sie herausfinden, wie sie Huawei bändigen.

© SZ vom 25.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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