SZ-Serie zum Euro:Die Ablehnung ist nur schwer zu knacken

Kritiker werfen der Bundesregierung vor, zu wenig zu investieren, um die Skepsis der Bürger abzubauen / Partei Pro DM investiert für ihre Anti-Werbung mehr Geld

Werner Jaspert

Wenn's ums Geld geht, gibt es für die Deutschen nur zwei Themen: Stabilität und Renommee.

SZ-Serie zum Euro: Günter Jauch soll die Deutschen dazu bringen, dass sie ihre "Schlafmünzen" noch möglichst vor Einführung des Euro zur Bank bringen.

Günter Jauch soll die Deutschen dazu bringen, dass sie ihre "Schlafmünzen" noch möglichst vor Einführung des Euro zur Bank bringen.

Ein halbes Jahrhundert lang hat ihnen die D-Mark beides besser geboten als jede andere Währung in Europa. Dagegen kommt der Euro vielen Bürgern wie ein Himmelfahrtskommando vor. Nicht wenige haben Angst.

Nach Ansicht der Europäischen Kommission, der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels sowie vieler anderer Verbände, Politiker und Marketing-Experten müsste die Bundesregierung mit viel Geld umgehend dafür sorgen, dass die Euro-Skepsis abgebaut wird.

Die Forderung lautet: Information, Information und nochmal Information. Doch dafür, meinen die Kritiker, könnte es eigentlich schon zu spät sein.

Tatsächlich ist bisher wenig geschehen. Nicht einmal, so wird moniert, über das Aussehen, die Stückelung, den Geltungsbereich und die Fälschungssicherheit des Euro sowie seine Wertrelation zur D-Mark sei bisher hinreichend und für jedermann verständlich aufgeklärt worden.

Befürchtungen gehen um, dass vor allem ältere Menschen demnächst statt DM plötzlich Euro auf ihren Sparbüchern wiederfinden und nicht wissen, ob ihnen da ein böser Streich gespielt wurde.

Hauptangriffspunkt ist , dass die Bundesregierung für 2001 nur 5,4 Millionen Euro für Euro-Werbung ausgeben will.

Einschließlich weiterer Mittel aus diversen EU-Töpfen stehen 9,9 Millionen Euro zur Verfügung. Doch selbst damit rangiert Deutschland damit in Euroland unter ferner liefen, weit abgeschlagen selbst von Griechenland und Portugal.

Florian Schülke, der bei der Werbeagentur Publicis eine Prominenten-Kampagne mit Sabine Christiansen, Ulrich Wickert, Richard von Weizsäcker und Ex-Kanzler Helmut Schmidt betreut, kontert aber, dass insgesamt weitaus mehr Geld zur Verfügung steht.

Einschließlich der Mittel, die von der Europäischen Zentralbank, der Bundesbank und den Landeszentralbanken aufgebracht werden, kommen annähernd 15 Millionen Euro zusammen.

Ein brisantes Urteil

Allein die soeben von der Bundesbank gestartete Aktion "Her mit den Schlafmünzen" erfordert einen hohen Millionenbetrag.

Mit ihr werden die Bürger aufgefordert, ihr altes Geld möglichst bald auf Konten einzuzahlen. Dort tauschen es die Kreditinstitute kostenlos zum Euro-Start am 1. Januar 2002 in die neue Währung um.

Schülke verweist zudem auf die bereits in Fußgängerzonen und auf Marktplätzen laufende Aktion Euro-Zelt, die Euro-Hotline (Tel.: 0180/321 2002) und den Internet-Auftritt (www.aktion-euro.de).

Zudem setzt er darauf, dass das Thema Euro ab sofort verstärkt in Zeitungen, Zeitschriften und Bankbroschüren aufgegriffen wird.

Dennoch wirft Volker Nickel, Sprecher des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft, die Frage auf, ob Berlin dem so genannten Propaganda-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Aktenzeichen 2 BvE 1/76) gerecht wird.

Danach sind Regierungen und Verwaltungen nicht nur berechtigt, sondern geradezu verpflichtet, über Probleme, die den Bürgern auf den Nägeln brennen, zu informieren.

Zwar lässt er die Frage offen, ob das auf Berlin zutrifft. Doch vermisst er die Autorität der Bundesregierung bei der Euro- Einführung schon "ein wenig".

Sein Hinweis auf das Bundesverfassungsgericht ist nicht ohne Brisanz. Allein die Partei Pro DM, die an der letzten Bundestagswahl teilgenommen hat, will nach Angaben ihres Vorzeigeunternehmers Bolko Hoffmann - er ist Herausgeber des Effecten-Spiegels - seit 1998 annähernd 10 Millionen Euro in ihre Anti-Euro-Werbung gesteckt haben, darunter auch erhebliche Beträge in ganzseitige Zeitungsanzeigen.

Darin präsentiert sich Hoffmann als Euro-Experte. Schützenhilfe bekam der Düsseldorfer Magazin- Mann kürzlich vom Stern.

Er fragte:"Wer - außer Euro-Gegner Bolko Hoffmann - wusste schon, dass die neue Währung gleich im ersten Jahr ein Fünftel ihres Dollarwertes verlieren würde...?"Nur zu gern beruft sich der so Gelobte auf Euro-Skeptiker wie Hans Apel, der unter Helmut Schmidt Finanzminister war, Heide Simonis, die Ministerpräsidentin von Schleswig- Holstein, und nicht zuletzt Bundeskanzler Gerhard Schröder, der die Euro- Einführung noch vor vier Jahren als verfrüht abqualifiziert hat.

Das große Misstrauen

Dass Finanzminister Hans Eichel nun erklärt, er halte nichts von großen Werbekampagnen, lässt sich zwar werbetechnisch begründen, gilt aber ebenfalls nicht als vertrauensbildend.

Jedenfalls stellte das Institut für Demoskopie Allensbach nach seiner Euro-Umfrage von Mitte März fest:"Egal, von welcher Seite man an den Euro herangeht, die Bevölkerung antwortet in ihrer Mehrheit nur noch negativ."

Hatte vor zwei Jahren die Hälfte aller Deutschen weniger bis gar kein Vertrauen in den Euro, so sind es jetzt nahezu zwei Drittel.

Trost kommt von Bernd M. Michael, Chef der Werbeagentur Grey. Er kennt die Probleme, die Menschen mit Neuerungen haben und weiß, dass sich die Ängste schnell verflüchtigen, wenn die Dinge abgehakt sind.

Wer bei seiner ersten Reise in Euroland erfahre, dass er überall mit Euro bezahlen könne, statt hoher Wechselgebühren zu berappen, werde ganz sicher schnell zum Euro-Fan.

Das Euro-Zeichen mit seinen zwei Querstrichen durch das E erinnert Michael an die Embleme von £ und $.

Das signalisiere Zugehörigkeit zur Champions-League der Währungen. Auch zollt er der Schlafmünzen-Kampagne der Agentur Michael Conrad & Leo Burnett hohes Lob. TV-Star Günther Jauch, der die Botschaft überbringt, läuft in den Personality-Profilen der Werbewirtschaft als "Schwiegersohn-Typ."

Er wird damit vom Gros der Deutschen als brav, bodenständig, vertrauenswürdig, aber auch als politisch korrekt und sozialorientiert empfunden. Er, so wird vielfach empfohlen, wäre der Richtige, um dem Euro in einer noch weitaus größer angelegten Werbekampagne als der Schlafmünzen-Aktion zu einem besseren Ansehen zu verhelfen. Dazu sei jetzt die richtige Zeit.

Erst wenn ein Ereignis unmittelbar bevorstehe, komme Werbung richtig an.

Michael hat noch einen anderen Vorschlag: ZDF und ARD sollten ganz fix eine Euro-Show nach dem Beispiel des früheren Frankenfeld-Straßenfegers "Vergiss mein nicht, die Postleitzahl" auf die Bildschirme bringen.

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