SZ-Serie: Generation D:Jan Otte und die coole Hilde

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Eine Rentnerin aus dem Fitness-Studio hat den Studenten auf die Idee gebracht, ein Netzwerk für alle Generationen zu starten.

Christian Lauenstein

Die Anregung lieferte Oma Hilde aus dem Fitness-Studio. Fast 80 Jahre alt ist sie, und sie trainiert regelmäßig Beine, Bauch, Bizeps, wie all die Jungen auch. "Ach, wie cool, die Hilde ist wieder da", heißt es dann oft, wenn sie zum Training antritt. Niemand tuschelt oder lästert, Hilde gehört einfach dazu. So fiel sie auch Jan Thomas Otte, 26, irgendwann auf.

Die Generationen verbinden: Mit seinem Netzwerk Move On will Jan Otte den Wissenstransfer zwischen Älteren und Jüngeren fördern und erleichtern. (Foto: Foto: oh)

Er war fasziniert von dem entspannten Verhältnis zwischen Jung und Alt. Immerhin trennen Hilde und die meisten ihrer Trainingspartner rund 50 Jahre Lebenserfahrung. Und je häufiger der Theologiestudent über Hilde nachdachte, desto häufiger fragte er sich: Wie können die Enkel von den Großeltern lernen und umgekehrt? Wie lassen sich die ewigen Klischees abschütteln, dass Rentner uncool und Teenager verzogen sind?

Ottes Antwort: Move On - der Arbeitstitel für ein soziales Online-Netzwerk, das mitlernt und mitwächst. "Beide Seiten, Jung und Alt, denken leider noch viel zu oft in Schubladen", argumentiert Otte: "Das Internet als barrierefreies Medium kann die Generationen verbinden, so dass wir miteinander und voneinander lernen."

Anregung zum Wissenstransfer

Er will keinen Ableger der Online-Netzwerke Facebook oder StudiVZ. "Sinnlose Gedankenblasen gibt es genug im Netz, wir wollen den Nutzern einen Mehrwert bieten." Und der besteht für ihn vor allem im Wissenstransfer.

Bislang ist es nur eine Idee, an der fleißig gebastelt wird, online ist Move On noch nicht. Das Konzept sieht so aus: Wie in einem Mehrgenerationenhaus sollen sich alle Nutzer "unter einem Dach" wiederfinden können. Gründer Otte hat bereits Internetadressen reserviert, zum Beispiel "mach3generationen.de". Auf dieser Startseite gibt es dann für den Zugang zum Netzwerk drei Balken.

Nach dem Login ist die Bediener-Oberfläche auf die jeweilige Altersgruppe zugeschnitten. Senioren können sich über Wandergruppen im Schwarzwald austauschen, Mittvierziger über den besten Kindergarten in ihrem Stadtviertel, und für Jugendliche gibt es Spaß- und Lernspiele. Jedoch erhalten alle Mitglieder, egal ob sechs oder 60 Jahre, das gleiche Profil: Foto, Alter, Hobbys.

Die Angaben sind kein Muss. In Chats und Foren treffen die Generationen schließlich aufeinander. "Vielleicht finden schwache Lateinschüler einen pensionierten Lehrer, der ihnen über das Internet Nachhilfe erteilt", sagt Otte. "Ältere Menschen könnten von Jüngeren lernen, wie leicht man das Leben nehmen kann." Das Internet überwinde spielend leicht den Gruppenzwang, sich nur mit Gleichaltrigen durchs Leben zu bewegen.

Gemeinsam mit seinen Kommilitonen Gregor Landwehr und Dino Trescher tüftelt Otte seit mehreren Monaten am Konzept von Move On. Die Absprachen fallen nicht immer leicht. Otte studiert in den Vereinigten Staaten, Landwehr wohnt in Tübingen, Trescher in Berlin. Über eine wackelige Skype-Verbindung tauschen sie ihre Ideen über den Atlantik aus. Die ersten Seiten sind bereits programmiert, bis die Homepage online geht, kann es aber noch dauern.

Über schlechte Nutzerzahlen machen sich die drei Studenten keine Sorgen. Die künftigen Nutzer hat Otte in bestehenden Online-Netzwerken ausgemacht. StudiVZ-Surfer würden in den kommenden Jahren nach einem "ruhigeren Netz" verlangen. Zudem gebe es immer mehr alte, einsame und technikbegabte Menschen. "Bei der Altersspanne zwischen zehn und 30 Jahren haben wir sicher schlechte Chancen, aber darunter und darüber, das ist unser Markt."

Eine, wenn nicht die entscheidende Frage haben die drei noch nicht gelöst. Woher kommt das Geld? "Es gibt Ideen", sagt Otte. Von Nutzern ab 30 Jahren könne man einen Mitgliedsbeitrag verlangen. "Wenige Euro, die sich durch den Mehrwert des Netzwerks rechtfertigen." Otte kann sich Move On auch als eine gemeinnützige Organisation vorstellen. "Vielleicht helfen uns auch das Familienministerium oder die Kirchen."

Generation-D ist ein bundesweiter Ideenwettbewerb von Studenten für Studenten. Ausgezeichnet werden die besten Projekte studentischer Teams zu den Themen Arbeit, Wirtschaft & Unternehmen, Bildung & Kultur sowie Soziale Gesellschaft. Einsendeschluss unter www.gemeinsam-anpacken.de ist der 31. Juli. Getragen wird der Wettbewerb von Süddeutscher Zeitung, Allianz SE, Bayerischer Elite-Akademie und Stiftung Marktwirtschaft. Die schnellsten und pfiffigsten Ideen stellt die Süddeutsche Zeitung in den nächsten Wochen vor.

Auf das Internet ist Jan Otte jetzt angewiesen: Er studiert in den USA, seine Projektpartner Gregor Landwehr und Dino Trescher dagegen in Tübingen und in Berlin.

© SZ vom 04.06.2009/kaf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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