SZ-Serie: Generation D:Colloquium privatissime

Vier Studenten bauen ein Internetportal auf, in dem Videos aus Vorlesungen und Seminaren abrufbar sind - und bringen so die Uni ins Wohnzimmer.

Steffen Uhlmann

Hannes Klöpper, Jan Barth, Ralph Müller-Eiselt und Simon Lange sind in den vergangenen Jahren viel herumgekommen. Klöpper hat in Dresden, Straßburg und Berlin studiert, Müller-Eiselt in Freiburg und Madrid, Lange wiederum in Bielefeld und in den USA. Barth ist zum Studium nach Freiburg und Fribourg in der Schweiz gegangen. Jetzt beendet er sein Rechtswissenschaftsstudium in München, die anderen drei belegen in Berlin an der Hertie School of Governance einen Master-Studiengang für Public Policy.

SZ-Serie: Generation D: Die Idee zu einem Bildungsportal für ihre Kommilitonen haben die Studenten aus Berlin und München "aus einer Laune heraus" entwickelt.

Die Idee zu einem Bildungsportal für ihre Kommilitonen haben die Studenten aus Berlin und München "aus einer Laune heraus" entwickelt.

(Foto: Foto: M. Huber)

"Wir kennen uns schon lange", sagt Barth. "Obwohl jeder seinen Weg gegangen ist, sind wir irgendwie immer wieder zusammen- gekommen." Zur Zeit sitzen sie mehr denn je zusammen, denn die vier Studenten, allesamt Mitte 20, treiben seit rund einem Jahr ein ehrgeiziges Projekt voran, das zunächst einmal aus einer Laune entstand.

Surfen aus Langeweile

Lange, der gern in der Medienbranche arbeiten würde, absolvierte im Herbst 2007 ein Praktikum beim Privatsender ProSieben in München und fühlte sich dort schlichtweg unterfordert. Zur Abwechslung surfte er stundenlang durchs Internet und stieß dabei auf den Universitätskanal der Princeton University. "Vorlesungen und Gastvorträge kann man dort per Video verfolgen", sagt Lange. "Wirklich eine gute Quelle, wenn man sein Wissen gerade auf dem Gebiet der Politik vervollkommnen will."

Lange sprach mit seinem Freund Klöpper darüber, und bald war die Idee geboren, so etwas auch für Deutschland zu machen. Schnell stellten sie fest, dass es hierzulande schon einige Beispiele gibt. So betreibt etwa die Universität in Tübingen seit 1998 das Videoportal Timms. Auch die Universität Karlsruhe archiviert seit langem reguläre Vorlesungen im Videoformat und stellt diese online.

So richtig gut fanden sie keines der Portale. "Bei genauerer Untersuchung der Angebote stellten wir ziemlich viele Mängel fest", sagt Klöpper. "Die meisten der Portale sind nicht benutzerfreundlich, häufig sehr einseitig und wenig zeitgemäß." Die beiden Studenten entwickelten darum einen neuen Ansatz und bezogen in diese Suche auch Barth und Müller-Eiselt mit ein.

Dabei sei es Barth gewesen, der nicht mit Kritik an den Ideen für ein Bildungsportal gespart hätte, sagt Klöpper. "Barth ist der erste Kritiker in unserem Team. Wenn er überzeugt ist, dass die Sache funktioniert, dann ist schon viel gewonnen." Die drei überzeugten ihn schließlich von der Machbarkeit ihrer Internetplattform, für die mit bildungsrepublik.de auch schnell ein Namen gefunden wurde. "Dabei ist der Name zugleich Programm", sagt Müller-Eiselt. "Wir wollen mit unserem Videoportal Bildung wirklich erlebbar machen, nicht nur für Studenten, sondern auch für Schüler, Wissenschaftler und darüber hinaus für all jene, die lebenslang lernen wollen."

Lesen Sie weiter, inwiefern das Online-Portal von der Breitbandtechnologie profitieren soll.

Colloquium privatissime

Die vier jungen Leute, mit Computer und Internet aufgewachsen, setzen dabei auf den Trend, der Informationstechnologie mehr und mehr vom reinen Effizienzverstärker zum Intelligenzverstärker macht. "Mit der Breitbandtechnologie ergeben sich immer mehr technische Möglichkeiten", sagt Barth. Die könne man jetzt für ein umfassendes Informations- und Weiterbildungsangebot strategisch nutzen. "Darauf läuft", so Müller-Eiselt, "unser gesamtes Konzept auch hinaus."

Angebot ist kostenlos

Geplant ist, das für Nutzer kostenlose Internetportal zur zentralen Plattform für akademische Videoinhalte aus dem deutschsprachigen Raum aufzurüsten. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Hochschulen und Universitäten dafür Videoaufnahmen von Vorlesungen, Vorträgen oder Diskussionsrunden und Kolloquien aus unterschiedlichen Wissen- und Lehrgebieten zur Verfügung stellen. Lange sieht darin kein Problem. Schließlich könnten die Bildungseinrichtungen so "Werbung in eigener Sache" machen.

Seit die vier Studenten mit bildungsrepublik.de zu den Preisträgern des Wettbewerbs "Generation-D" gehören, fühlen sich sie bestätigt in ihrem Tun. Doch ihre Plattform ist längst noch nicht online gegangen. "Das dürfte auch noch Monate dauern", ist Lange überzeugt. "Wir müssen jetzt unter uns zu mehr Verbindlichkeit kommen." Vieles gibt es zu bedenken und voranzutreiben.

Noch sind längst nicht alle potentiellen Lieferanten von Inhalten gewonnen. Noch steht nicht fest, ob das als selbst organisierendes System konzipierte Portal auch praktisch funktionieren wird. Zunächst wollen die Initiatoren einen Dummy erarbeiten und damit die erste Testphase starten. Zugleich laufen Verhandlungen mit Unternehmen aus der Wirtschaft, die nicht nur mit Geld, sondern auch mit Know-how in das Projekt einsteigen. Das Interesse sei da, sagt Klöpper. "Es wird sich noch steigern, wenn die Firmen daraus selbst einen Nutzwert ziehen können - zum Beispiel für die Werbung oder Ausbildung von dringend benötigten Fachkräften."

Einen Nutzen erhoffen sich die vier Studenten auch für sich selbst. Jeder der vier kann sich vorstellen, mit dem Portal in die unternehmerische Selbständigkeit zu starten. "Ganz gegen den Trend", sagt Klöpper nüchtern.

Schließlich werde in Deutschland immer noch beklagt, dass junge Absolventen kaum den Sprung in die Selbständigkeit wagen. "Wir könnten dafür einen Gegenbeweis antreten", ergänzt Barth. Für den kritischen Geist der Truppe sei das nicht die schlechteste Idee.

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