SZ-Serie Finanzplanung Teil I:Mit System zu mehr Geld

Die wenigsten Deutschen sorgen systematisch für Anschaffungen und fürs Alter vor. Doch private Finanzplanung wird in unsicheren Zeiten immer wichtiger - und ist gar nicht so schwer.

Von Thomas Öchsner

Ob Riester-Rente, Aktienfonds oder Risikolebensversicherung - beim Thema Geldanlage fühlen sich viele Bundesbürger überfordert.

"Das Durchschnittswissen ist hier eher bescheiden. Mehrere Umfragen haben gezeigt, dass das finanzielle Analphabetentum leider weit verbreitet ist", sagt Michael Huber, Finanzplaner des VZ Vermögenszentrums in München.

Tabuthema Geld

Das liegt aber nicht nur daran, dass in den Schulen über praktische Geldfragen meist wenig geredet wird. "Geld ist in unserer Gesellschaft nach wie vor ein Tabuthema. Keiner macht sich gerne Gedanken darüber, wie viel Erspartes zum Beispiel für einen gesicherten Ruhestand nötig ist", weiß Huber.

Dabei spricht einiges dafür, sich mit dem Thema private Finanzplanung auseinander zu setzen:

Das Einkommen: Die Zeiten prächtiger Lohn- und Gehaltserhöhungen sind vorerst vorbei. Die Sozialabgaben steigen. Die Kaufkraft der Nettoeinkommen bei den Arbeitnehmern ist zuletzt zurückgegangen. Gleichzeitig ist die Gefahr gestiegen, plötzlich arbeitslos zu werden, was die Bildung finanzieller Reserven erst recht nahe legt.

Die Rente: Das Niveau der gesetzlichen Rente dürfte gemessen an den Löhnen und Gehältern in den nächsten 30 Jahren immer weiter zurückgehen. Nach Berechnungen des zur Deutschen Bank gehörenden Instituts für Altersvorsorge wird zum Beispiel ein Durchschnittsverdiener, der 1975 auf die Welt kam, nur noch 37 Prozent seines letzten Nettoeinkommens als gesetzliche Rente erhalten.

Zugleich steigen die Ausgaben für die Ruheständler, nicht nur weil die Lebenserwartung zunimmt und damit die Kosten für Gesundheit und Pflege, sondern auch weil Ruheständler heute mobiler und damit weniger sparsam sind als noch im letzten Jahrhundert.

Diese Einkommenslücke ist zu schließen, sonst droht die Armut im Alter. "Die meisten Bürger haben aber völlig überhöhte Vorstellungen davon, was sie einmal als gesetzliche Rente erhalten", sagt Huber.

Die Inflation: Häufig wird auch überschätzt, wie viel das Ersparte in Zukunft wirklich wert ist, weil die schleichende Geldentwertung nicht mitberechnet wird. Ein Beispiel: Ein 30-Jähriger will mit 65 Jahren über eine Reserve von 200.000 Euro verfügen. Steigt die Inflation um jährlich zwei Prozent, beläuft sich die Kaufkraft der 200.000 Euro in 35 Jahren auf tatsächlich ungefähr die Hälfte, also 100.000 Euro.

Mit System zu mehr Geld

Die Produkte: Für einen Laien ist es äußerst schwierig geworden, die Vielfalt der Angebote zu durchschauen und Geeignetes herauszufischen. "Wer wahllos bei irgendeinem Anbieter einen Vertrag abschließt, nur um zum Beispiel eine Kapitallebensversicherung zu haben, kann voll danebengreifen", sagt Hartmut Strube, Finanzjurist der Verbraucherschutzzentrale Nordrhein-Westfalen.

Es gibt also mehrere Gründe, sich mit der eigenen Finanzplanung zu befassen. Viele Interessierte werden sich aber fragen, wie sie das Thema am besten anpacken können.

Vier-Töpfe-Strategie

Geld-Coach Huber schlägt hier vor, in drei Schritten vorzugehen: Als erstes ist die Vermögenslage zu prüfen. Was liegt schon auf der hohen Kante? Wofür wird gespart? Über welche Einnahmen kann der eigene Haushalt verfügen? Wofür wird eigentlich das Geld genau ausgeben?

Im zweiten Schritt legt der Sparer die Ziele fest. Wofür ist Vermögen anzulegen? Für die neue Kücheneinrichtung? Für einen gut gesicherten Lebensabend? Welche Summen sind dafür nötig? Welchen Risiken sind abzudecken?

Im dritten Schritt wird dann geprüft, ob die womöglich bereits begonnenen Sparprogramme und Versicherungen für die gesteckten Ziele ausreichen (siehe Link rechts).

Tausende Berater buhlen um die Kunden

In den meisten Fällen wird der Verbraucher bei der Antwort auf diese Fragen Hilfe suchen. Dafür gibt es zahlreiche Anlaufstellen: Die Sparkassen und Volksbanken haben sich schon immer um den kleinen Privatkunden gekümmert.

Die Großbanken haben ihn nach dem Ende des Börsenbooms wiederentdeckt. Außerdem buhlen Finanzdienstleister wie DVAG, MLP oder AWD um Kunden genauso wie tausende von freien Vermögensberatern.

Ob die von diesen Banken, Vermittlern und Beratern angebotenen Produkte jedoch immer den Bedürfnissen der Kunden entsprechen, bezweifeln Verbraucherschützer wie Strube.

Blick auf die Provisionen

Bei den Geldinstituten sieht der Finanzjurist zwei gravierende Probleme: Im Massengeschäft verkaufen die Banken und Sparkassen vor allem standardisierte Produkte aus dem eigenen Haus, die aber müssen nicht zu den besten gehören.

Außerdem stehen die Bankberater selbst unter Druck. "Es gibt häufig Zielvereinbarungen für den Verkauf bestimmter Produkte. Und wer die nicht schafft, hat ein Problem."

Bei den Beratern, die ins heimische Wohnzimmer kommen, rät Strube ebenfalls zur Vorsicht: "Hier besteht die große Gefahr, dass immer die Produkte verkauft werden, die dem Vermittler am meisten Provision bringen."

Die Macher in der Geldbranche sehen dies natürlich ganz anders. Was sie in Sachen private Finanzplanung dem Kunden bieten, ist in den nächsten Folgen der SZ-Serie zu lesen.

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