Supermarktkette Carrefour:Chinesen drohen im Internet mit Boykott

Im Internet braut sich eine gewaltige Unternehmung zusammen - chinesische Surfer planen aus gekränktem Nationalgefühl den Totalboykott der Supermarktkette Carrefour.

Nach heftigen Protesten anlässlich des olympischen Fackellaufs in Paris wird in chinesischen Internet-Foren ein Boykott französischer Produkte gefordert. Besonders betroffen ist davon der Einzelhandelsriese Carrefour, der mit seinen 122 Läden und 40.000 Angestellten bislang zu den beliebtesten Supermärkten des Landes gehörte.

Supermarktkette Carrefour: "China darf nicht beschimpft werden" - Chinesische Surfer planen den Totalboykott der Supermarktkette.

"China darf nicht beschimpft werden" - Chinesische Surfer planen den Totalboykott der Supermarktkette.

(Foto: Foto: Reuters)

Die Ladenkette solle ab 1. Mai komplett boykottiert werden, denn die Franzosen und ihre Regierung hätten sich über die Gefühle der Chinesen hinweggesetzt, hieß es in zahlreichen Internetforen: "China darf nicht beschimpft werden." Der Vorwurf: Carrefour unterstütze das geistliche Oberhaupt der Tibeter, den Dalai Lama, finanziell.

Verbraucher sollten ab dem 1. Mai nicht mehr bei Carrefour einkaufen, hieß es in Chatrooms und in SMS-Nachrichten. In dem Boykott-Aufruf hieß es weiter: "Angesichts der Unterstützung tibetischer Separatisten durch das französische Volk während des Fackellaufs in Paris, gibt es keinen Grund, den Franzosen Geld zu geben, indem man ihre Waren kauft."

In Paris war es vergangene Woche zu heftigen Protesten während des Olympischen Fackellaufs gekommen. Demonstranten erzwangen einen Abbruch der Veranstaltung. Die Regierung in Peking wirft dem Dalai Lama vor, für die schweren Unruhen in der tibetischen Hauptstadt Lhasa und weitere Regionen verantwortlich zu sein.

Nahezu alle führenden chinesischen Webseiten berichteten über die Boykott-Initiativen im Internet, es gab hunderte Seiten mit positiven Kommentaren. Eine Umfrage des Portals NetEase ergab, dass 94 Prozent von 11.000 Befragten einen Boykott französischer Produkte unterstützen würden. In einem Ableger der staatlichen Zeitung Renmin Ribao hieß es, dass "viele" einen Boykott unterstützen wollten.

Damit könnten vom Autobauer Peugeot bis zu den Luxus-Accessoires von Louis Vuitton oder der Kosmetik von L'Oréal viele Unternehmen betroffen sein. Die Verbreitung des Aufrufs im Internet und über SMS macht es indes schwierig, abzuschätzen, wie viele Menschen einen Boykott unterstützen würden. Ein ähnlicher Aufruf gegen japanische Produkte während eines Streits mit Tokio war 2005 weitgehend folgenlos geblieben. Ein Boykott-Aufruf könnte eine für alle Seiten unerfreuliche Spirale auslösen, denn auch in Europa bekämen Boykott-Befürworter damit Auftrieb.

Carrefour betont Unterstützung der Spiele

Carrefour erklärte am Dienstag, dass es Pekings Olympiabewerbung von Beginn an unterstützt habe. Jede Verwicklung in politische Angelegenheiten wies das Unternehmen zurück. Die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Yiang Ju, wollte den Boykottaufruf nicht verurteilen. Sie glaube, dass die Menschen vernünftig und gesetzeskonform reagieren würden, sagte sie.

Der Fackellauf in Paris war von heftigen Demonstrationen gegen Pekings Tibet-Politik überschattet, die olympische Fackel musste mit einem Bus in Sicherheit gebracht werden. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatte davon unabhängig angekündigt, dass er eine Teilnahme an der Eröffnungszeremonie der Spiele in Peking im August von der weiteren politischen Entwicklung abhängig machen wolle.

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