Neuer Discounter:Aldi-Klon aus Sibirien eröffnet in Deutschland

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  • An diesem Dienstag wird in Leipzig der russische Discounter Mere seinen ersten Markt eröffnen.
  • Er könnte Kunden anlocken, denen Aldi oder Lidl in den vergangenen Jahren zu schick geworden ist.

Von Michael Kläsgen, München

Eine schmucklose Halle, grelles Neonlicht, die Lebensmittel auf Paletten in Pappkartons. Keine Schilder, kein Schnickschnack. So ähnlich sah es bei Aldi ganz am Anfang in den Sechzigerjahren aus. Wie ein Remake wirkt nun der 100-prozentig designfreie Laden des russischen Discounters Torgservis, der an diesem Dienstag in Leipzig eröffnen wird. Es ist die erste Filiale der Russen in Deutschland. Sie liegt übrigens in einer ehemaligen Aldi-Filiale im Norden der Stadt. Hat so ein Konzept heute noch eine Chance?

Ein bisschen Unruhe herrscht schon bei der Konkurrenz, wenn auch nicht so sehr bei den großen deutschen Discountern Aldi und Lidl mit ihren Milliardenumsätzen. Sie äußern sich offiziell nicht dazu. In einen Rechtsstreit ist TS-Markt, die deutsche Tochter von Torgservis, aber schon hineingezogen worden, ehe sie überhaupt die Leipziger Filiale eröffnen konnte.

Das Logo - fast ein Bundesadler

Der sibirische Discounter wollte seine Billigläden in Deutschland ursprünglich "Centwelt" nennen. Das sollte ein klares Statement sein: Es geht noch billiger als im "Euro-Shop". Essen für Centbeträge. Dagegen hatte aber Centi was, der Großhändler für Haushalts- und Gartengeräte, zu dem auch der Einzelhändler Centiniwelt gehört. Centi klagte, TS-Markt musste eine Unterlassungserklärung abgeben, den Namen und das Logo ändern und die Eröffnung von Dezember auf Ende Januar verschieben. Jetzt heißt der Leipziger Laden Mere, so wie die Discounterkette von Torgservis in Rumänien. Der Name ist auch rumänisch. Übersetzt heißt er "Äpfel". Gegen Mere hatte dann wiederum die Mera Tiernahrung GmbH etwas, aber offenbar bleibt es jetzt bei Mere.

Mit dem Namen wirbt die Deutschlandtochter TS-Markt auch auf ihrer deutschen Homepage. Dort sind keine Bilder von Paletten zu sehen, sondern fein abgepackte Lebensmittel in Kühlvitrinen und, scheinbar zum Greifen nahe, strahlend rote Tomaten. "Wir arbeiten nach dem Motto ,Jeden Tag nur Tiefstpreise'", heißt es auf der Internetseite von TS-Markt. Und weiter: "Unsere Ziele: Zufriedene Kunden durch unser bestes Preis-Leistungs-Verhältnis." Daneben prangt das TS-Markt-Logo, es sieht dem Bundesadler überraschend ähnlich. Offiziell kommuniziert die Firma nicht. Würde ja auch Geld kosten.

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Deswegen erfährt man von Unternehmensseite nichts über Strategie und Pläne. Andererseits ist die Logik klar. Die deutschen Discounter sind in den vergangenen Jahren immer, nun ja, schicker geworden, auch wenn sie alles tun, um nicht zu teuer zu wirken. Das beste Beispiel: Aldi ist heute der größte Bio-Händler in Deutschland. Alle anderen Discounter setzen auch voll auf Bio. Hier lässt sich in dem margenschwachen Lebensmittelgeschäft noch mit am meisten Geld verdienen. Fachleute nennen dieses "Sich-nach-oben-Entwickeln" Trading up. Die Supermärkte haben sich ihrerseits auch immer mehr herausgeputzt. Die Mehrheit der Kunden wollte das angeblich so. Ganz unten ist deswegen eine Marktlücke entstanden. Vor allem auch in Ostdeutschland, wo die Kaufkraft vielerorts niedriger ist als im Westen.

Dass ein Anbieter in dieser Nische sein Glück versuchen würde, war in der Branche erwartet worden. Dass nun ein russischer Discounter vorprescht, überrascht aber auch viele Insider. Torgservis wollte anderen zuvorkommen, lautet eine Erklärung dafür. Denn Torgservis zählt eigentlich eher zu den kleineren Billiganbietern in Russland. Der größte Discounter heißt dort X5 Retail. Er ist zudem der drittgrößte Discounter in Europa und macht Aldi und Lidl bereits heute Konkurrenz bei der Expansion in manchen Ländern Osteuropas.

Niedrige Margen

Es hat allerdings schon einige gescheiterte Versuche gegeben, Aldi und Lidl zu unterbieten. Real plante beispielsweise, eine Billigmarke, stellte das Vorhaben im vergangenen Jahr aber still und leise wieder ein. Das größte Problem für die Konkurrenz ist, dass Lebensmittelpreise gemessen an der Kaufkraft der Bevölkerung in Deutschland vergleichsweise gering sind. Entsprechend niedrig sind die Gewinnmargen. Alle ausländischen Konkurrenten, die bisher ihr Glück auf dem deutschen Markt suchten, wie der US-Konzern Walmart oder die französische Intermarché-Gruppe, zogen sich daher wieder zurück. Hinzu kommt: Trotz der geringen Margen, herrscht ständiger Preiskampf, ohne dass an der Qualität der Lebensmittel gespart würde. Das heißt, auch auf Mere könnten die deutschen Discounter mit neuen Tiefstpreisen reagieren.

Das Image des russischen Discounters ist wohl auch deshalb betont superbillig. Selbst die Einkaufswagen sind gebraucht, und die Ware gibt's nur aus dem Karton. 70 Prozent des Sortiments sollen übrigens Lebensmittel sein, der Rest Tierbedarf, Haushaltswaren, Drogerieartikel und Bekleidung. Nur: Wenn Mere gerade einmal an die 100 Mere-Filialen in Deutschland betreiben will, könnte das zu wenig sein, um diese effizient zu bewirtschaften. Ohne großen Partner lässt sich so eine Lieferkette nur ganz schwierig mit Gewinn betreiben. Wie dem auch sei: TS-Markt sucht schon "eine/n Leiter/in" für eine neue Filiale in Zwickau.

© SZ vom 29.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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