Großbritannien:Sunak will Mindestlohn um fast zehn Prozent erhöhen

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Rishi Sunak während einer Pressekonferenz in Indonesien. Der britische Premier hat Hilfen für Geringverdiener angekündigt. (Foto: Leon Neal/Getty Images)

Weil die Inflation so stark steigt, verspricht der britische Premier staatliche Hilfen für Geringverdienende. Reiche dagegen sollen künftig mehr Steuern zahlen.

Von Alexander Mühlauer, London

Wenn es für Rishi Sunak in dieser Woche einen Tag gibt, auf den es ankommt, dann ist es der Donnerstag. Am 17. November wird der britische Premierminister auf der grünen Bank im Unterhaus sitzen und seinem Schatzkanzler Jeremy Hunt zuhören, wie er vor allem eines verkünden wird: schlechte Nachrichten. Vor seiner Haushaltsrede hat Hunt bereits ein wenig Erwartungsmanagement betrieben. Bei Sky News hörte sich das zum Beispiel so an: "Wir alle werden mehr Steuern zahlen müssen, fürchte ich."

Wirklich alle? Nun, Sunak und Hunt haben ein Haushaltsloch von gut 50 Milliarden Pfund ausgemacht, also umgerechnet etwa 57 Milliarden Euro. Dieses Loch wollen die beiden stopfen - mit Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen. Es soll aber auch gute Nachrichten geben, soweit das bei einer Inflationsrate von zehn Prozent überhaupt möglich ist. Laut der konservativen Zeitung Times soll jedenfalls der Mindestlohn von 9,50 Pfund auf 10,40 Pfund pro Arbeitsstunde steigen. Das wäre eine Erhöhung von fast zehn Prozent, also in etwa der Wert der Inflationsrate.

In Westminster heißt es, dass es beim Lohnanstieg von Geringverdienenden nicht bleiben soll. Auch Renten und Sozialleistungen sollen gemäß der Inflation angepasst werden. Das Ziel der Regierung ist es, vor allem den Ärmsten im Land zu helfen, damit sie durch den Winter kommen. Hinzu kommt ein Preisdeckel für Gas, der seit Oktober allen Haushalten zugutekommt. Geht es nach Sunak und Hunt, soll dieser Deckel bis April gelten. Danach dürften die Preise ziemlich sicher angepasst werden - und zwar nach oben.

Sunak sagt, er wolle "die Erwartungen der internationalen Märkte" erfüllen

Bleibt also die Frage, woher das Geld dafür kommt. Dem Vernehmen nach wollen Sunak und Hunt vor allem jene zur Kasse bitten, die sehr gut verdienen. Bislang beginnt der britische Spitzensteuersatz von 45 Prozent bei einem Jahreseinkommen von 150 000 Pfund (etwa 170 000 Euro). Diese Schwelle soll auf 125 000 Pfund (etwa 142 000 Euro) sinken, was dem Staat deutlich höhere Einnahmen bringen würde.

Laut britischen Medien planen Sunak und Hunt Steuererhöhungen im Umfang von 22 Milliarden Pfund, wozu auch eine Anhebung der Übergewinnsteuer für Energiekonzerne beitragen dürfte. Das Volumen der Ausgabenkürzungen liegt den Berichten zufolge bei 33 Milliarden Pfund. Die Regierung wird wohl nicht nur geplante Infrastrukturprojekte wie den Trassenneubau für Hochgeschwindigkeitszüge streichen, sondern auch bei den Verteidigungsausgaben sparen. Sunak vermied es jedenfalls bislang tunlichst, ein entsprechendes Vorhaben seiner Amtsvorgängerin Liz Truss zu bestätigen.

Die frühere Premierministerin wollte die Verteidigungsausgaben auf drei Prozent der Wirtschaftsleistung erhöhen - und damit das Zwei-Prozent-Ziel der Nato übertreffen. Davon ist bei Sunak keine Rede mehr. Er scheint damit zufrieden zu sein, dass Großbritannien - anders als etwa Deutschland - zu jenen Nato-Staaten zählt, die das bisherige Zwei-Prozent-Ziel erreichen.

Wie es aussieht, hat der Premierminister eher andere Sorgen. Sunak geht es darum, mit den Haushaltsplänen "die Erwartungen der internationalen Märkte zu erfüllen", wie er diese Woche sagte. Und diese Erwartung liegt eben bei gut 50 Milliarden Pfund, die London einsparen soll. In Regierungskreisen geht man deshalb davon aus, dass die Summe, die Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen bringen sollen, keinesfalls darunterliegen dürfte.

Sunak will auf jeden Fall vermeiden, dass es an den Finanzmärkten wieder unruhig wird. Als seine Vorgängerin Truss nicht gegenfinanzierte Steuersenkungen angekündigt hatte, sorgten vor allem Hedgefonds dafür, dass die Renditen britischer Staatsanleihen so stark anstiegen, dass die Bank of England eingreifen musste. Auch das britische Pfund geriet massiv unter Druck. Ein solches Szenario will Sunak verhindern. Und so dürfte am Donnerstag insbesondere eine Botschaft aus London kommen: Hier wird wieder solide gewirtschaftet.

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