Suezkanal:Verdammt lang quer

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Die Havarie eines Containerschiffs im Suezkanal zeigt, wie verwundbar das System aus globalen Lieferketten ist. Über die Ursachen des Unfalls wird derzeit noch spekuliert.

Von Herbert Fromme und Patrick Hagen

Ein gut 400 Meter langer und 59 Meter breiter Stahlkoloss zeigt seit Dienstag, wie verletzlich die weltweiten Lieferketten sind. Das Containerschiff Ever Given, das in Diensten der taiwanischen Reederei Evergreen steht, lief am Dienstag im Suezkanal auf dem Weg von China nach Rotterdam auf Grund.

Seitdem geht an einer der wichtigsten Wasserstrecken der Welt nichts mehr. Mehr als 200 Schiffe stehen mittlerweile in den beiden Staus nördlich und südlich des Kanals und warten auf die Passage durch den Kanal, der das Rote Meer und das Mittelmeer verbindet. Da jeden Tag im Schnitt 52 Schiffe den Wasserweg durchfahren, wächst diese Zahl schnell. Andere Frachter sitzen im Kanal fest.

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Mit Schwimmbaggern, die Sand unter dem Schiff absaugen, und Schleppern will die ägyptische Kanalbehörde versuchen, den Frachter wieder freizubekommen, der sich mit dem Bug fünf Meter in das Ufer gebohrt hat. Mittlerweile hat die Behörde die Bergungsspezialisten der niederländischen Spezialfirma Boskalis beauftragt. Bis zum Wochenende wird der Kanal wohl mindestens noch blockiert bleiben - wenn das Schiff für die Bergung ganz oder teilweise entladen werden muss, dauert es länger.

Das hat Folgen für viele Unternehmen und ihre Lieferketten, dringend benötigte Produkte stecken in den Warteschlangen fest. Täglich werden Güter im Wert 9,6 Milliarden Dollar durch den Kanal befördert, hat die britische Fachzeitung Lloyd's List errechnet.

Besonders für Auto- und Computerhersteller wäre eine längere Sperrung des Kanals eine schlechte Nachricht. Die Branchen leiden bereits unter dem weltweiten Chip-Mangel, der sich zuletzt nach dem Brand bei einem japanischen Hersteller nochmal verschärft hat. Chips werden zwar oft per Luftfracht befördert, aber besonders wenn sie in Zulieferteilen verbaut sind, auch per Seecontainer.

Öltransporte sind ebenfalls betroffen. Der Ölpreis ist am Mittwoch direkt um sechs Prozent gestiegen, ging allerdings am Donnerstag bereits wieder zurück. Der Kanal ist zwar eine wichtige Route für den Transport von Rohöl aus dem Nahen Osten nach Europa und Nordamerika. Die riesigen Supertanker fahren aber ohnehin nicht mit Ladung durch den Suezkanal, weil sie zu groß sind. Sie müssen die Route um das Kap der Guten Hoffnung nehmen.

Für Containerschiffe wäre die Route um Afrika herum ein großer Umweg, der den Transport deutlich verteuern würde. Da lohnt sich die Passage: Im Schnitt kostet sie die Reeder knapp 298 000 Dollar (252 000 Euro) pro Schiff und Durchfahrt. Die staatliche Kanalbehörde in Ismailia nimmt jährlich 5,6 Milliarden Dollar ein.

Eigentlich sind Schiffsunfälle relativ selten

Die genaue Ursache für die Havarie ist noch unbekannt. Der starke Wind und der zum Zeitpunkt der Havarie herrschende Sandsturm werden als Grund vermutet, einen Maschinenschaden gab es wohl nicht. Der Kanal ist schwierig zu befahren, vor allem bei schlechter Sicht. Deshalb sind auf jedem Schiff von der Kanalbehörde angestellte Lotsen an Bord. Schiffe fahren in Konvoys, weil der Kanal so eng ist, dass er immer nur in einer Richtung genutzt werden kann.

Schiffsunfälle sind dennoch relativ selten. Zwischen 2010 und 2020 kam es laut der Schadenstatistik des Spezialversicherers Allianz Global Corporate & Specialty nur zu 75 Unfällen im Kanal. Davon waren ein Drittel Grundberührungen.

Die Ever Given gehört zu den größten Containerschiffen der Welt. Sie kann über 20 000 Standardcontainer tragen. Die Reedereien arbeiten mit immer größeren Schiffen. Noch Mitte der 1990-er Jahre galten Frachter, die 7000 der Stahlboxen tragen konnten, als riesig.

Das Schiff gehört der japanischen Reederei Shoei Kisen Kaisha. Es fährt unter Panama-Flagge und ist verchartert an die Linienreederei Evergreen aus Taipeh, die den Transport der Waren organisiert. Die 25-köpfige Besatzung stammt vor allem aus Indien, sie ist wohlauf.

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