Südamerika:Venezuelas Regierung zieht größten Geldschein aus dem Verkehr

Südamerika: 100 Bolívares - auf dem Schwarzmarkt in Venezuelas Hauptstadt Caracas bekommt man dafür praktisch nichts. Ein Dollar ist derzeit etwa 4200 Bolívares wert.

100 Bolívares - auf dem Schwarzmarkt in Venezuelas Hauptstadt Caracas bekommt man dafür praktisch nichts. Ein Dollar ist derzeit etwa 4200 Bolívares wert.

(Foto: AFP)
  • Venezuelas Präsident Maduro lässt die größten Geldscheine des Landes entwerten - angeblich im Kampf gegen einen von den USA geführten Wirtschaftskrieg.
  • Das südamerikanische Land besitzt die mutmaßlich größten Ölreserven der Welt, trotzdem ist die Inflation so hoch wie nirgends sonst und die Menschen sind bitterarm.

Die venezolanische Regierung zieht den Geldschein im Wert von 100 Bolívares aus dem Verkehr. Der Schritt sei eine Verteidigungsmaßnahme im Wirtschaftskrieg gegen das südamerikanische Land, sagte Präsident Nicolás Maduro. Die Begründung: Vor allem aus Kolumbien, aber auch aus Deutschland, Tschechien und der Ukraine sei in den vergangenen Jahren gezielt Bargeld aus Venezuela abgezogen worden, um der Wirtschaft des sozialistischen Landes zu schaden. Dahinter stecke das US-Finanzministerium.

Die bisher größten Geldscheine in Venezuela sollen also abgeschafft werden, weil die Regierung glaubt, dass damit im Rahmen einer internationalen Verschwörung hohe Summen in bar außer Landes geschmuggelt werden. Nur: Auf dem Schwarzmarkt werden der Seite Dolar Today zufolge derzeit für einen Dollar rund 4200 Bolívares gezahlt - das macht einen Packen von 42 Scheinen à 100 Bolívares für nur einen Dollar. Wer also wirklich große Summen schmuggeln wollte, bräuchte dafür schon Lastwagen oder besser noch Güterwaggons.

Hinzu kommt, dass Geld derzeit nirgendwo schneller an Wert verliert als in Venezuela. Laut Internationalem Währungsfonds (IWF) dürfte die Inflationsrate in dem südamerikanischen Land 2017 auf 1700 Prozent steigen. Wohl auch aus diesem Grund hatte Maduro erst vor wenigen Tagen angekündigt, dass größere Bolívar-Geldscheine eingeführt werden, und zwar im Wert von 500, 1000, 2000, 5000, 10 000 und 20 000 Bolívares. Ob das immer noch gilt und wie das dann mit dem Schmuggel-Argument zusammenpasst, blieb in der neuesten Ankündigung des Präsidenten offen.

Die neuen Noten könnten aber vielleicht einige praktische Probleme lösen helfen - zumindest vorübergehend. Denn weil bei Zahlungen per Kreditkarte der viel schlechtere offizielle Kurs von rund 700 Bolívares je Dollar berechnet wird, begleichen Gäste in Hotels zum Beispiel ihre Rechnungen bar - oft mit Tüten voller Geldscheine. Und die Lage im Land dürfte sich so schnell kaum bessern. Der IWF rechnet damit, dass die unter Verstaatlichungen, Preis- und Kapitalverkehrskontrollen ächzende Wirtschaft dieses Jahr um zehn Prozent schrumpft. Schon heute sind Strom und Medikamente Mangelware, manche Menschen hungern gar. Und das, obwohl Venezuela als das Land mit den weltweit größten Ölreserven gilt.

Geldumtausch im Eiltempo

Die Venezolaner sollen nun bis Mittwoch ihre 100-Bolívares-Scheine umtauschen oder auf ihre Konten einzahlen. Danach verlieren die Scheine ihren Wert. Er habe die Streitkräfte zudem angewiesen, die Grenzen zu sichern, um zu verhindern, dass aufgekaufte 100-Bolívares-Noten zurück in das Land gelangten, sagte Maduro.

Der Präsident steht unter massivem Druck - und hat deshalb zuletzt die ohnehin schwache Demokratie ausgehebelt. Zwar hält die konservative Opposition im Parlament eine scheinbar komfortable Zweidrittelmehrheit. Laut Verfassung hätten die demokratisch legitimierten Gegner Maduros damit weitreichende Befugnisse, sie dürften etwa oberste Richterposten besetzen, politische Gefangene freilassen, eine verfassungsgebende Versammlung einberufen, das System ändern sowie nicht zuletzt ein Referendum zur Abwahl des Präsidenten durchsetzen. Maduro aber hat allen Protesten zum Trotz in den zurückliegenden Monaten systematisch an der Parlamentsmehrheit vorbeiregiert. Zudem wurden die für Dezember geplanten Regionalwahlen abgesagt, genauso wie ein Referendum zur vorzeitigen Abwahl Maduros.

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