Nach Darstellung von Jacob Zuma ist das alles nicht etwa verheerendes Chaos, sondern Ausweis einer funktionierenden Demokratie. Erst vergangenen Mittwoch hatte Südafrikas Präsident zu allseitigem Erstaunen seinen Finanzminister Nhlanhla Nene entlassen und durch einen weitgehend unbekannten Jasager namens David van Rooyen ersetzt, der in Finanzangelegenheiten wenig Erfahrung besitzt. Die Kritik, die ihm daraufhin entgegenbrandete, hat Zuma offenkundig überrascht - jetzt, nur wenige Tage später, entließ er van Rooyen wieder und ersetzte ihn durch einen alten Bekannten: durch Pravin Gordhan, der dem Land bereits von 2009 bis 2014 als Finanzminister gedient hatte und international einen soliden Ruf genießt.
Das chaotische Personalkarussell begründete Zuma damit, dass es zahlreiche Einwände gegen seine Entscheidung gegeben hatte - "als demokratische Regierung legen wir Wert darauf, dem Volk zuzuhören und auf seine Meinung einzugehen." Aber nicht nur im "Volk", auch innerhalb der Regierungspartei African National Congress (ANC) war massive Kritik an der Absetzung von Nhlanhla Nene laut geworden. Nene, der nur zwei Jahre im Amt war, galt auch international als aufrechter Wahrer einer soliden Haushaltspolitik - und als solcher hatte er sich mehrmals allzu großspurigen Plänen des Präsidenten entgegengestellt.
So zum Beispiel einem Atomprogramm, das den Bau von sieben russischen Reaktoren für umgerechnet mehr als 60 Milliarden Euro vorsieht und das direkt von Zuma und Russlands Präsident Wladimir Putin ausgehandelt worden war. Oder der geplanten Anschaffung neuer Airbus-Maschinen für die staatliche Fluggesellschaft South African Airways (SAA), deren Aufsichtsratsvorsitzende Gugu Myeni als enge Vertraute Zumas gilt und nach Ansicht von Kritikern nur aufgrund dieser persönlichen Nähe überhaupt auf den Posten gelangt ist.
Zuma verteidigte seine Personalentscheidung
Mehr noch als die Kritik an der Absetzung des unbequemen Finanzministers dürften Zuma jedoch die unmittelbaren wirtschaftlichen Auswirkungen zu denken gegeben haben: Die ohnehin seit langem schwächelnde Landeswährung, der Rand, stürzte auf ein historisches Tief, die Aktienkurse mehrere südafrikanischer Banken brachen ein, und Analysten äußerten die Befürchtung, dass das Land von Rating-Agenturen in seiner Kreditwürdigkeit noch weiter herabgestuft werden könnte und möglicherweise sogar Hilfe vom Internationalen Währungsfonds benötigen könnte. Die Online-Zeitung Daily Maverick nannte die Personalentscheidung einen "Akt bewusster Sabotage".
Dennoch verteidigte Zuma seine Personalentscheidung zunächst; noch am Sonntag sagte er etwa vor einer Versammlung von ANC-Anhängern, die Kritik komme weitgehend von "Leuten, die ziemlich viel im Fernsehen reden". Doch am Sonntagabend gab er dann in einer schriftlichen Stellungnahme bekannt, dass er seine Entscheidung revidiere. Der neue - und frühere - Finanzminister Gordhan werde für "Haushaltsdisziplin und Vernunft" bürgen, erklärte Zuma. Die Finanzmärkte reagierten positiv: Währungs- und Aktienkurse legten wieder leicht zu.
Auf einer Pressekonferenz am Montag in Pretoria versicherte der neue Minister, die Ausgabengrenze sei "unantastbar". Doch die Kritik an Zuma reißt nicht ab. Der Leiter der Forschungsabteilung von Nedbank Capital, Mohammed Nalla, verwies auf die Verunsicherung, die eine solche schnelle Abfolge von Personalwechseln hinterlasse: "Internationale Investoren werden sich fragen: Warum hat der Präsident nicht von vornherein eine wohlüberlegtere Entscheidung getroffen?"
Gegner kündigen Protestmärsche gegen Zuma an
Auch innenpolitisch hagelt es weiter Kritik an Zuma. Die größte Oppositionspartei im Land, die eher wirtschaftsliberal ausgerichtete Democratic Alliance (DA), warf dem Präsidenten am Montag vor, er habe "in den vergangenen fünf Tagen Russisch Roulette mit unserer Wirtschaft und mit der Zukunft unseres Landes gespielt". Die linkspopulistischen Economic Freedom Fighters (EFF) erklärten: "Das Land hat drei verschiedene Finanzminister binnen einer Woche gehabt. Wer noch immer nicht glaubt, dass wir eine Bananenrepublik sind, dem ist nicht zu helfen."
Auch aus den eigenen Reihen bekommt Zuma ungewöhnlich starken Gegenwind zu spüren: Schon am Freitag hatte eine hohe ANC-Funktionärin, die frühere Gesundheitsministerin Barbara Hogan, ihn zum Rücktritt aufgefordert: Diesmal habe der Präsident "eine Linie überschritten" und müsse dafür "zur Rechenschaft gezogen werden."
In sozialen Medien wie Facebook und Twitter machen wütende Südafrikaner derweil ihrem Unmut Luft - etwa unter dem Hashtag "#ZumaMustFall". Sie kündigten für diesen Mittwoch in mehreren großen Städten Protestmärsche an. Beobachter gehen davon aus, dass Zumas Rückhalt innerhalb des ANC durch die jüngsten und von ihm selbst ausgelösten Turbulenzen nachhaltig geschwächt wurde - und dass sich dies auch auf die im kommenden Jahr anstehenden Regionalwahlen auswirken könnte: Schon vor der jetzigen Welle der Kritik zeichnete sich in Umfragen ab, dass der ANC in mehreren großen Städten, einschließlich der Wirtschaftsmetropole Johannesburg, erstmalig seine Macht an die Democratic Alliance verlieren könnte.