Südafrika:Licht aus

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Im Dunkeln: Ein Ladenbesitzer sucht in seinem Geschäft in Senaone, Südafrika, nach Ware. (Foto: Siphiwe Sibeko/Reuters)

Lange galt Südafrika als Vorzeigeland des Kontinents. Wegen der grassierenden Korruption sind viele Staatsbetriebe aber inzwischen in einer desolaten Lage.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Schlechter hätte das Timing nicht sein können: Als sich das südafrikanische Parlament in Kapstadt vor einigen Wochen mit dem Zustand der Stromversorgung des Landes beschäftigte, gingen mitten in der Sitzung die Lichter aus. Dem staatlichen Stromversorger Eskom war es mal wieder nicht gelungen, das einzige industrialisierte Land Afrikas zuverlässig mit Strom zu versorgen. Noch im Jahr 2001 war das Unternehmen von der Financial Times zum internationalen Energieversorger des Jahres gewählt worden, knapp 20 Jahre später liegt Eskom am Boden.

Dieser Tage wird in ganz Südafrika wieder zu festgelegten Zeiten der Strom abgestellt, weil die alten Kohlekraftwerke ständig ausfallen. Bleibt der Strom weg, zieht es die Landeswährung auch gleich mit in den Keller. Die großen Ratinggesellschaften sehen mittlerweile die ganze wirtschaftliche Entwicklung Südafrikas eng mit der Zukunft von Eskom verknüpft. Dessen Schuldenberg hat sich auf umgerechnet 27 Milliarden Euro aufgehäuft, fast zehn Prozent des Bruttosozialproduktes des Landes.

Immer wieder muss die Regierung Eskom und andere staatliche Unternehmen vor der Pleite bewahren, laufend neue milliardenschweren Rettungspakete schnüren. "Verschiedene Gesellschaften befinden sich in einer schwierigen Situation, was für die südafrikanische Wirtschaft ein großes Risiko darstellt", sagte Präsident Cyril Ramaphosa nach einem Treffen mit den Vorstandschefs der staatlichen Unternehmen vor vier Monaten.

Seitdem hat sich die Lage weiter verschlechtert: Die Chefs der staatlichen Fluggesellschaft South African, der Post und auch von Eskom traten zurück, weil sie sich in ihren Reformvorhaben von der Politik nicht ausreichend unterstützt fühlen. South African Airlines macht seit sieben Jahren Verluste, die einst größte und beste Airline des Kontinents musste zuletzt viele Routen aufgeben und verlor die Spitzenposition an Ethiopian Airlines. Nach einem Bericht der Sunday Times ist die Korruption in der Wartungsgesellschaft des Unternehmens mittlerweile so massiv, dass bei manchen Maschinen nur noch minderwertige Ersatzteile eingebaut worden seien. Ein Zwischenfall bei der Billigtochter Mango sei auf ein solches Qualitätsproblem zurückzuführen. Die Fluglinie widersprach massiv. Probleme haben auch andere: Die staatliche Post braucht für die Zustellung eines Inlandspakets derzeit etwa zwei Monate, der Infrastrukturdienstleister Transnet bestellte Lokomotiven, die für die Strecken in Südafrika zu hoch waren.

Der desolate Zustand der Staatsbetriebe ist die Folge der grassierenden Korruption unter dem im Februar 2018 zurückgetretenen Präsidenten Jacob Zuma. Er hatte den Staat in einen Selbstbedienungsladen verwandelt, in dem sich seine Clique bedienen konnte. Seine Jugendfreundin, eine ausgebildete Grundschullehrerin, machte Zuma zur Chefin der Fluggesellschaft, auch an anderer Stelle durften sich seine Günstlinge bedienen, oft mithilfe internationaler Konzerne. Die Unternehmensberatung McKinsey musste sich bei der südafrikanischen Öffentlichkeit entschuldigen und ein Honorar von 50 Millionen Euro zurückzahlen, das sie unter dubiosen Umständen für einen Auftrag bei Eskom erhalten hatte. Auch dem Softwarekonzern SAP, dem Wirtschaftsprüfer KPMG oder der Telekom-Tochter T-Systems wird vorgeworfen, sich an staatlichen Aufträgen bereichert zu haben, bei denen Korruption im Spiel war.

Die Vorgänge werden von verschiedenen Untersuchungskommissionen aufgeklärt, die Spitzen vieler Unternehmen wurden ausgetauscht. Dennoch kommt die Reform nicht richtig voran. Diese Verzögerungen lassen sich mit dem Ausmaß der Schäden nach Jahren der Misswirtschaft begründen. Aber auch damit, dass die regierende Partei African National Congress (ANC) tief gespalten ist. Die kommunistischen Gewerkschafter wehren sich gegen jede Privatisierung oder Stellenabbau in den aufgeblähten Belegschaften. Andere, wie Finanzminister Tito Mboweni, wollen am liebsten so schnell wie möglich so viel wie möglich verkaufen. Mboweni sagte kürzlich, man solle die staatliche Fluggesellschaft "einfach dichtmachen".

Präsident Ramaphosa will es möglichst allen recht machen. In einem Interview mit dem Magazin Economist sagte er kürzlich, er wolle einen Ausgleich suchen, sodass "alle sich als Gewinner fühlen". Was das konkret heißt, soll sich demnächst zeigen. Bis Ende Oktober will die Regierung einen neuen Zwischenhaushalt vorstellen. Bei der Fluglinie SAA und bei Eskom ist Ramaphosa offen für Investoren. Dass solche Partnerschaften gelingen können, zeigt das Beispiel Telkom: Der südafrikanische Telefon- und Internetdienstleister wurde vor einigen Jahren teilprivatisiert und erzielt solide Gewinne.

© SZ vom 22.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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