Südafrika:Eine Art Staatsstreich

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Die Berufung des neuen Finanzministers ruft die Opposition auf den Plan. Denn Präsident Zuma hat Kritiker wie den früheren Finanzminister Gordhan durch treue Gefolgsleute ersetzt, um Zugriff auf den Haushalt zu bekommen.

Von Bernd Dörries, Nairobi

In der vergangenen Woche standen viele Mitarbeiter des Finanzministeriums in Pretoria zusammen und sangen "Senzeni Na", ein Lied der Anti-Apartheids-Bewegung. Sie sangen es für ihren ehemaligen Chef Pravin Gordhan, der gerade aus dem Amt gejagt wurde. Sie sangen es wohl auch als Botschaft an seinen Nachfolger Malusi Gigaba, der ein paar Stunden später seine Büros bezog. "Eine radikale Wende in der Wirtschaftspolitik", verkündete Gigaba sogleich. Dass diese Wende kommen wird, darin sind sich Gegner und Befürworter Gigabas einig. Die Frage ist nur, in welche Richtung die Veränderungen gehen werden. "Der Besitz von Reichtümern und Gütern ist immer noch in der Hand eines kleinen Teiles der Bevölkerung. Das muss sich ändern", sagt Gigaba.

Genau das ist eigentlich seit fast 25 Jahren das Anliegen des ANC, seit er 1994 an die Macht kam. In der Realität hat sich zwar eine schwarze Mittelschicht gebildet, weite Teile der schwarzen Bevölkerung leben aber weiter in Armut. Zehn Prozent der Südafrikaner besitzen 90 Prozent der Reichtümer des Landes. "Black economic empowerment", eines der Hauptziele des ANC, war in der Realität oft nur der Deckmantel für die Selbstbereicherung der Parteiführung. Gegen Präsident Jacob Zuma gab es etwa 800 Ermittlungsverfahren. Auch gegen den neuen Finanzminister gibt es Korruptionsvorwürfe.

Man soll ihn an Taten messen, sagt Gigaba. So lange wollen seine Gegner aber nicht warten

"Ich will einen schnellen Wandel", sagt der 45-jährige Gigaba und bekommt von Teilen des ANC Applaus. Letztlich hat seine Berufung aber zur Spaltung der Partei beigetragen. Sein Vorgänger galt als Garant für Stabilität und hatte das Vertrauen der internationalen Investoren. In den 18 Monaten seiner Amtszeit war er hauptsächlich damit beschäftigt, sich gegen den Einfluss der indisch-stämmigen Unternehmerfamilie der Guptas zu wehren, die eng mit Präsident Zuma verbandelt sind. "Auch Gigaba geht dort ein und aus", sagte Julius Malema von der Oppositionspartei der Economic Freedom Fighters.

Andere sehen in der Berufung Gigabas eine Art Staatsstreich. Gigaba ist nur eine von 20 Berufungen von neuen Ministern und Staatssekretären im Kabinett von Präsident Zuma. Er hat Kritiker durch treue Gefolgsleute ersetzt. Gigaba soll ihm nun endlich freien Zugriff auf den Staatshaushalt geben, gigantische Projekte wie das eines Atomkraftwerkes finanzieren, wovon auch die Familie Gupta profitieren soll. Die hatte in der Vergangenheit wegen ihrer korrupten Geschäfte alle Konten bei den großen südafrikanischen Banken verloren und wollte deshalb einfach eine Bank kaufen. Den Segen Zumas hatte sie, aber Finanzminister Gordhan weigerte sich, zu helfen. Das wird sich unter seinem Nachfolger wohl ändern.

Man solle ihn an seinen Taten messen, sagte Gigaba zum Amtsantritt. So lange wollen seine Gegner aber nicht warten. Vize-Präsident Cyril Ramaphosa sagte, die Kündigung von Gordhan sei inakzeptabel, der habe seinem Land gute Dienste geleistet. Die Opposition hat zum "Black Monday" aufgerufen, zu öffentlichen Demonstrationen und der Blockade des Finanzministeriums. Dort ist Gigaba zwar nun der Chef, aber nicht unbedingt willkommen bei den Mitarbeitern.

Sein Vorgänger wird unterdessen von Opposition und auch Teilen des ANC zu einer Art Retter Südafrikas stilisiert. Und gefällt sich in dieser Rolle gut, obwohl er seit Jahren zum Establishment des ANC gehört. Der sich nun aber fragt, ob es nicht besser ist, Zuma jetzt schnell los zu werden, statt bei der nächsten Wahl 2019 empfindliche Verluste zu erleiden. "Ich rufe unverhohlen zur Massenmobilisierung auf", sagte Gordhan. "Wir müssen zeigen, dass wir noch eine Bewegung des Volkes sind." Am Freitag haben er und die anderen Gegner von Zuma Gelegenheit, ihren Widerstand zu demonstrieren, die Opposition hat im Parlament ein Misstrauensvotum gegen den Präsidenten beantragt. Kommt es durch, wäre das auch das Ende des neuen Finanzministers.

© SZ vom 03.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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