Deutsche Bahn:Stuttgart 21 wird eine Milliarde Euro teurer

Deutsche Bahn: Tunnel des Bahn-Bauprojekts Stuttgart 21. Der unterirdische Bahnhof sollte nach ersten Planungen 1994 umgerechnet rund 2,5 Milliarden Euro kosten.

Tunnel des Bahn-Bauprojekts Stuttgart 21. Der unterirdische Bahnhof sollte nach ersten Planungen 1994 umgerechnet rund 2,5 Milliarden Euro kosten.

(Foto: Christoph Schmidt/picture alliance/dpa)

Die Kosten des Prestigeprojekts sollen Regierungskreisen zufolge auf 9,2 Milliarden Euro steigen. Der Deutschen Bahn droht ein Finanzloch. Baden-Württembergs Verkehrsminister lehnt höhere Zahlungen an den Konzern ab.

Von Markus Balser, Berlin

Das umstrittene Bahnhof-Prestigeprojekt Stuttgart 21 soll noch deutlich teurer werden als bislang gedacht. Nach Angaben aus Regierungskreisen rechnet die Deutsche Bahn inzwischen mit Kosten von 9,2 Milliarden Euro. Zuletzt hatte die Bahn die Kosten auf 8,2 Milliarden Euro taxiert. Innerhalb der kommenden zwei Wochen soll demnach ein Aufsichtsratsgremium der Bahn bei einer Sondersitzung über die neue Lage beraten. Nicht in Gefahr sei den Plänen zufolge der Starttermin. Im Dezember 2025 soll der Bahnhof in Betrieb gehen.

Das Vorhaben gilt schon seit Jahren als Negativbeispiel für Großprojekte in Deutschland. Es gab heftige Proteste gegen den Bau, die Kosten und auch der Zeitplan liefen immer wieder aus dem Ruder. Als der damalige Bahn-Chef Heinz Dürr, der frühere Verkehrsminister Matthias Wissmann und Baden-Württembergs damaliger Ministerpräsident Erwin Teufel 1994 erstmals die Vision eines unterirdischen Bahnhofs für Stuttgart entwarfen, sollte der Bau noch 4,8 Milliarden kosten - D-Mark wohlgemerkt. Fertigstellung: spätestens 2010.

Bei dem Bauprojekt, das die Deutsche Bahn umsetzt, wird aus dem Stuttgarter Kopfbahnhof ein unterirdischer Durchgangsbahnhof. Das soll innerdeutsche und europäische Verbindungen beschleunigen. Der Bahnhof soll auch der erste Knotenpunkt in Deutschland sein, der komplett digital gesteuert wird.

Für die erneuten drastischen Kostensteigerungen seien die massiv steigenden Baupreise verantwortlich, heißt es in den Regierungskreisen weiter. Zuerst hatte der Spiegel darüber berichtet. Gebaut wird an dem Bahnhofsvorhaben nun schon seit Februar 2010.

Mit den zusätzlichen Milliardenkosten droht der Bahn eine gewaltige Finanzierungslücke. Denn Bahn, Bund, EU, das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart und der Flughafen hatten 2009 vereinbart, die Kosten aufzuteilen. Damals gingen sie aber noch von 4,5 Milliarden Euro aus. Inzwischen wollen sich die Projektpartner an den Mehrkosten jedoch nicht mehr beteiligen. So will Baden-Württemberg nur die im Finanzierungsvertrag vereinbarten 930 Millionen Euro zahlen, auch der Bund lehnt die Übernahme weiterer Kosten ab. Die Bahn hat deshalb schon 2016 Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart eingereicht. Eine Entscheidung steht noch immer aus. Sie wird für dieses Jahr erwartet.

"Die Bahn und ihr Eigentümer Bund müssen klären, wer das Defizit trägt."

Baden-Württemberg kündigte am Freitag erneut an, nicht mehr zahlen zu wollen. "Die Bahn und ihr Eigentümer Bund müssen klären, wer das Defizit trägt", sagte Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). "Und sie müssen endlich davon Abstand nehmen, die freiwilligen Kofinanzierer des Projektes auf Beteiligung an den gigantischen Kostensteigerungen zu beklagen." Mehr als die geleisteten 930 Millionen Euro seien nicht drin, sagte Hermann weiter. "Das Land, die Stadt Stuttgart, die Region und der Flughafen haben vielfach erklärt, dass keine weiteren Zuwendungen erfolgen werden."

Hermann äußerte sich auch verwundert über die neue Zahl. Stimme diese, "dann hätten sich die Kosten seit Abschluss der Finanzierungsvereinbarung 2009 verdreifacht". In der Vergangenheit hätten sich Gerüchte über Kostensteigerungen leider regelmäßig bestätigt, sagte Hermann weiter - "meist nach Wahlen". In der Landesregierung hatte man von den Kostensteigerungen durch die Bahn offenbar noch nichts erfahren. "Im S-21-Lenkungskreis wurde seit Jahren auf Nachfragen zur Kostenentwicklung stets geantwortet: Man sei im Rahmen, und der Puffer reiche", sagte Hermann.

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