Die Deutsche Bahn verschiebt nach einem Bericht des Spiegels die Inbetriebnahme des neuen Stuttgarter Hauptbahnhofs auf Dezember 2026. Das umstrittenste Bahnprojekt Deutschlands verzögere sich damit erneut um ein weiteres Jahr, meldete das Nachrichtenmagazin unter Berufung auf Quellen im Bahn-Konzern.
In Aufsichtsratskreisen hieß es, eine vollständige Inbetriebnahme von Stuttgart 21 im Jahr 2025 sei ausgeschlossen. Ein Konzernsprecher sagte auf Anfrage, die Bahn werde – wie bereits angekündigt – am Dienstag über das Fahrplankonzept 2026 ausführlich informieren. Am Dienstag trifft sich in Stuttgart der Lenkungskreis des Bahnprojektes, bei diesem Treffen will die Bahn die Projektpartner über ihre Pläne zur Inbetriebnahme von Stuttgart 21 unterrichten.

Hauptbahnhof Stuttgart:Überirdisch schön
Nach einem unterirdischen Bauprozess und historischen Wutprotesten steht der Rohbau von Stuttgart 21. Besuch an einem Ort, an dem man plötzlich wieder an die Zukunft glaubt.
Zuvor war lange unklar gewesen, wann der neue Bahnhof in Betrieb gehen wird. Die Bahn hatte im März mitgeteilt, dass der bestehende Stuttgarter Hauptbahnhof zumindest auch im Jahr 2026 in Betrieb bleibe. Eigentlich sollte dieser im Dezember 2025 durch den neuen Tiefbahnhof ersetzt werden. Ob, und wenn ja in welchem Umfang, von Dezember 2025 an bereits Züge durch den neuen Tiefbahnhof fahren können, muss die Bahn bis spätestens 18 Monate vor dem Beginn des neuen Fahrplans entscheiden – also bis Juni 2024 für den Fahrplanwechsel im Dezember 2025.
Gegner fühlen sich durch Mehrkosten und Verzögerungen bestätigt
Das Projekt Stuttgart 21 steht nicht nur für den Bau des neuen Hauptbahnhofs in der Landeshauptstadt, sondern für die komplette Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart. Gebaut werden neue Bahnhöfe – etwa ein neuer Fernbahnhof am Flughafen – Dutzende Kilometer Schienenwege und Tunnelröhren, Durchlässe sowie Brücken. Herzstück ist der neue unterirdische Hauptbahnhof, der im Gegensatz zum bisherigen Kopfbahnhof ein Durchgangsbahnhof sein wird.
Die Bahn, die offiziell Bauherrin von Stuttgart 21 ist, taxiert die Kosten für das Projekt auf etwa elf Milliarden Euro und hat zusätzlich einen Puffer von rund 500 Millionen Euro eingeplant. In den vergangenen Jahren hatte es mehrmals deutliche Kostensteigerungen gegeben. Die milliardenschweren Mehrkosten von derzeit mindestens 6,5 Milliarden Euro muss die Bahn einem Gerichtsurteil zufolge allein tragen.
Der Name des Projekts ist aber auch mit mittlerweile 15 Jahre anhaltendem Protest verbunden. Immer noch gehen die Gegner von Stuttgart 21 jeden Montag auf die Straße – und fühlen sich angesichts der Kostenexplosion und der Verschiebung bestätigt. 2010 eskalierten die Proteste, bei einem rechtswidrigen Polizeieinsatz wurden Hunderte Demonstranten verletzt. Es folgte im März 2011 eine Volksabstimmung, bei der die Bürger einen Ausstieg des Landes aus dem Großprojekt ablehnten.