Süddeutsche Zeitung

Studium:Was Unternehmen und Studenten wirklich über den Bachelor denken

  • Die Bundesagentur für Arbeit sieht für Bachelor-Absolventen keine Schwierigkeiten beim Berufseinstieg.
  • Viele Unternehmen halten Bewerber mit Bachelor-Abschluss für bestimmte Positionen jedoch nicht für geeignet.
  • Die Studenten wissen das - viele machen deshalb lieber direkt den Master hinterher.

Von Vivien Timmler

Der Bachelor sollte der Abschluss für die akademische Masse sein. Kaum eingeführt, wurde er schon als "Schmalspur-Studium" belächelt oder zum Abschluss zweiter Klasse degradiert. Nun wurde bekannt, dass auch das Innenministerium Bachelor-Absolventen nicht in den höheren Dienst aufnehmen will - obwohl Union und SPD sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt hatten.

Statistisch gesehen, haben Bachelor-Studenten keine Probleme beim Berufseinstieg, wie aus den Daten der Bundesagentur für Arbeit hervorgeht. Trotzdem schließen drei Viertel ein Masterstudium an. Auch einige Unternehmen geben zu, dass sie Bewerber mit Bachelor-Abschluss für gewisse Berufsbilder nicht für geeignet halten. Bei einer bestimmten Gruppe von Studenten hingegen erleichtert ein Bachelor-Abschluss sogar den Berufseinstieg gegenüber höheren Qualifikationen. Ein Stimmungsbild.

Benedikt Biernat, Maschinenbaustudent im Master, Karlsruhe:

"Man hört von so vielen Leuten so unterschiedliche Meinungen zu dem Thema, dass man irgendwann nur noch verunsichert ist. Ich habe mich im Endeffekt für einen Master entschieden, weil ich das wissenschaftliche Arbeiten einfach mag. Aber viele machen ihn, glaube ich, auch, weil sie sich gewissermaßen dazu verpflichtet fühlen.

Ich bin mir außerdem ziemlich sicher, dass man ohne Master kaum eine Chance hat, später in eine Führungsposition aufzusteigen. Manchmal kommt es mir sogar so vor, als ginge das nicht einmal ohne Doktortitel. Bei früheren Praktika und meiner Arbeit als Werkstudent habe ich gemerkt: Selbst für eine Anstellung im Bereich Forschung und Entwicklung ist ein Master die stille Voraussetzung."

Jochen Frey, Pressesprecher bei BMW für den Bereich Personal:

"Es ist durchaus so, dass wir auch Bachelor-Absolventen einstellen. Man muss aber ganz klar sagen: Da kommt es ganz auf die Position und die Laufbahn an. Bei Jobs im Bereich der Zukunftstechnologien ist ein Master-Abschluss schon Voraussetzung, eigentlich arbeiten da sogar eher Doktoranden. Leute mit Bachelor-Abschluss bringen wir dann eher in der operativen Entwicklung unter.

Allerdings begrüßen wir es sehr, wenn sich einer unserer Mitarbeiter dann doch noch für einen anschließenden Master entscheidet, egal ob berufsbegleitend oder nicht. Wir erwarten von allen unseren Mitarbeitern, dass sie sich weiterbilden und weiterführende Qualifikationen erwerben - und das geht natürlich am besten über ein Masterprogramm."

Franziska Bröckl, Sportwissenschaftsstudentin im Bachelor, Bochum:

"Wir Sportstudenten müssen eigentlich eher aufpassen, dass wir für einen späteren Beruf nicht überqualifiziert sind. Unsere Hauptarbeitgeber sind Fitnessstudios, Rehakliniken, Vereine und Verbände - ein Bachelor-Abschluss reicht beispielsweise völlig aus, um dort in leitende Positionen zu kommen. Wenn man sich dort mit Master oder Doktor bewirbt, wird man schnell mal schief angeguckt. Wenn man Karriere machen will, macht man auch als Sportwissenschaftler einen Master, klar. Aber auch da gilt: Wichtiger als der letztendliche Abschluss sind Arbeitserfahrungen und - nicht zu unterschätzen - Kontakte."

Ralf Beckmann, Agentur für Arbeit:

"Alles in allem sind Akedemiker die am leichtesten zu vermittelnde Berufsgruppe. Da ist auch der Bachelor-Abschluss keine Ausnahme. Die Arbeitslosenquote lag 2014 bei Akademikern insgesamt bei 2,2 Prozent - in diesem Bereich spricht man von einer Vollbeschäftigung. Wenn Bachelor-Absolventen vor ihrem Berufseinstieg einige Monate der Arbeitslosigkeit überbrücken müssen, dann liegt das meist nicht an ihrem formalen Abschluss, sondern an ihrer Fachrichtung. Bei technischen Berufen gibt es kaum Probleme bei der Vermittlung, egal, ob Bachelor oder Master, weil einfach der Bedarf da ist. Bei Geisteswissenschaften ist das schon schwieriger.

Trotzdem zeigt uns die Statistik: Die Gruppe, die direkt nach dem Bachelor-Abschluss in den Arbeitsmarkt startet, ist gar nicht mal so groß. Die Hälfte aller Fachholschulabsolventen schreibt sich danach noch für einen Masterstudiengang ein, bei den Uni-Absolventen sind es sogar 75 Prozent. Viele wollen damit auf Nummer sicher gehen. Denn ganz ehrlich: Als Bachelor-Absolvent hat man einfach nicht die gleichen Fachkenntnisse wie jemand mit Master-Abschluss."

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