Süddeutsche Zeitung

Studie zur Rente:Familien sind die Verlierer

Ein heute 13-Jähriger zahlt im Laufe seines Lebens 77.000 Euro mehr Beiträge als er später an Rente erhält. Seine Eltern schränken fürs Großziehen ihren Beruf ein - werden aber kaum entlohnt. Eine Studie zeigt, wie das gerechter gehen könnte.

Von Guido Bohsem, Berlin

Familien sind durch das geltende Rentensystem benachteiligt. Zu diesem Ergebnis kommt eine an diesem Freitag veröffentliche Studie der Bertelsmann-Stiftung. Eltern müssten genauso viel einzahlen wie kinderlose Versicherte, investierten aber zusätzlich Zeit, Geld und Energie in ihre Kinder. Dabei sei jedes Kind für die Rentenkasse ein Gewinn. Schließlich überwiesen sie im Laufe ihres Lebens deutlich mehr Geld an die Rentenkasse als sie an Rente beziehen würden.

Konkret zahlt nach Werdings Berechnungen ein heute 13-Jähriger im Laufe seines Lebens durchschnittlich 77.000 Euro mehr Beiträge als er später an Rente erhalten wird. Seine Eltern werden aber für den Aufwand, ihn großzuziehen, nur marginal, nämlich im Durchschnitt mit 8300 Euro Mütterrente belohnt.

Denn gerade wenn die Kinder klein seien, schränke ein Elternteil - in den meisten Fällen die Mütter - die Berufstätigkeit ein und mindere dadurch den späteren Anspruch auf Leistungen aus der Rentenversicherung. Eine Frau ohne Kinder treffe dieses Schicksal nicht. Weil sie länger einzahlt, wird sie auch mehr Geld erhalten.

Auch die etwa 156 familienpolitischen Maßnahmen ändern laut Studie nichts an dem Minusgeschäft, das die Eltern im Hinblick auf das Rentensystem eingehen. Zwar nehme ihnen die Allgemeinheit viele Kosten ab, für Kitas oder Schulen etwa. Zudem erhielten sie Kindergeld und Elterngeld. Doch gleiche das die Einnahmen nicht aus, die der Staat sich durch die künftigen Erwerbstätigen erhoffen könne.

Vision einer Kinderrente

Um diesen Effekt herauszuarbeiten, berechnete Werding die in Zukunft zu erwartenden Steuer- und Beitragszahlungen eines Kindes und verglich sie mit den Zuschüssen, die es für Betreuung und Bildung erhält. Im Ergebnis zahle das Kind etwa 50.500 Euro mehr an den Staat als es an Zuwendungen bekommen wird.

Eine Reform sei notwendig, sagte der Vorstand der Bertelsmann-Stiftung, Jörg Dräger. "Angesichts der Leistung von Eltern und der positiven Effekte, die ein Kind im weiteren Leben für die Gesellschaft erzielt, sollten Familien in der Erziehungsphase finanziell entlastet werden." Schließlich erhöhe die hohe Belastung durch Rentenbeiträge das Armutsrisiko der Kinder.

Um das System gerechter zu gestalten, schlägt Werding einen Umbau des Systems vor. Zum einen solle es eine niedrige Basisrente geben. Daneben soll eine Kinderrente geschaffen werden. Die Höhe der Ansprüche aus dieser Rente hängt von der Zahl der Kinder ab. Wer drei oder mehr Kinder hat, kann mit einem Rentenanspruch in derzeitiger Höhe rechnen. Wer hingegen weniger Kinder hat, muss zusätzlich vorsorgen.

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Quelle:
SZ vom 17.01.2014/sana
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