Süddeutsche Zeitung

Studie zu Topunternehmen:Deutschland hat die wenigsten Frauen in Führungspositionen

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Von Henrike Roßbach, Berlin

In Deutschland sind Frauen in den Vorstandsetagen großer Börsenunternehmen deutlich seltener anzutreffen als in anderen Staaten. Diese Männerdominanz bestätigt nun eine neue Studie der deutsch-schwedischen Allbright Stiftung, die sich für mehr Frauen in Führungspositionen einsetzt.

Verglichen wurden die Frauenanteile in den Vorständen der führenden Unternehmen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen, den USA und Schweden. Deutschland, so das ernüchternde Ergebnis, landet dabei auf dem letzten Platz.

88 Prozent betrage hierzulande der Männeranteil in den Vorständen der Dax-Konzerne, heißt es in der Studie. Mit seinen zwölf Prozent Frauen befinde Deutschland sich auf einer Stufe mit Indien oder der Türkei, die beide auf rund zehn Prozent Frauen in den Top-Firmen kämen.

In den Vereinigten Staaten ist dagegen knapp jeder vierte Vorstandsposten in weiblicher Hand; knapp dahinter liegt Schweden mit gut 24 Prozent. In Großbritannien sitzt in jedem fünften Vorstandssessel eine Frau, in Polen sind es 15,5 und in Frankreich 14,5 Prozent.

"Die deutschen Konzerne landen stets auf dem letzten Platz"

Der geringe Frauenanteil in den deutschen Vorständen ist immer wieder Thema; zuletzt Anfang des Jahres, als das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung eine ähnliche Untersuchung veröffentlicht hatte.

Damals zeigte sich, dass sich in den Aufsichtsräten - wo mittlerweile eine Frauenquote von 30 Prozent gilt - einiges getan hat. In den Vorständen dagegen geht es kaum voran. Die Allbright Stiftung zeigt nun sogar Rückschritte: Zwischen September 2017 und April 2018 sei der Frauenanteil in den Vorständen von 13,4 Prozent auf 12,1 Prozent gefallen.

Das Fazit der Autoren ist vernichtend. Unter welchem Aspekt man den Frauenanteil in den Vorständen der größten Börsenunternehmen auch betrachte: "Die deutschen Konzerne landen stets auf dem letzten Platz."

So findet sich im Dax kein einziges Unternehmen, dass einen 30-Prozent-Frauenanteil vorzuweisen hätte; eine Größenordnung, die den Autoren zufolge als "kritische Masse" für eine veränderte Teamdynamik angesehen wird. In Schweden dagegen schafft es jedes dritte Unternehmen über diese Schwelle, in den USA 30 Prozent.

Hinzu kommt: Je niedriger man die Hürde setzt, desto weiter abgeschlagen ist Deutschland. Vorstände mit wenigstens zwei Frauen etwa sind in den Vereinigten Staaten mit 90 Prozent geradezu Standard; in Deutschland gibt es nur in knapp 17 Prozent der Dax-Vorstände mindestens zwei Frauen. Und: Deutschland ist das einzige der untersuchten Länder, das keinen einzigen weiblichen CEO vorweisen kann.

Potenziale sieht die Studie unter anderem in der Größe der Vorstände; in anderen Ländern seien die Gremien größer als in Deutschland. Geht es dagegen weiter im bisherigen Tempo voran, würden die deutschen Börsenkonzerne der Allbright Stiftung nach frauentechnisch erst in neun Jahren amerikanische Verhältnisse erreichen.

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