Arbeitswelt:Gehälter von Digital-Topmanagern steigen rasant

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"Corona war wie ein Katalysator, alle mussten plötzlich digitalisieren", sagt Martina van Hettinga, eine der Chefinnen der Headhunting-Firma I-Potentials. (Foto: privat)

Die Einkommen der Führungskräfte steigen jährlich um gut zehn Prozent - deutlich mehr als bei anderen Topmanagern. Woran das liegt und wer davon profitieren kann.

Von Kathrin Werner

Die Gehälter von Topmanagern mit Digitalerfahrung sind in den vergangenen Jahren rasant gestiegen - trotz Rezession und multipler Krisen. Im vergangenen Jahr verdienten Führungskräfte auf der sogenannten C-Level-Ebene, also der höchsten Führungsebene der Unternehmen, im Schnitt 319 127 Euro. Das hat die Headhunting-Firma I-Potentials ermittelt, die Unternehmen vom Start-up über den Mittelstand bis zum Großkonzern hilft, solche Positionen zu besetzen. 2021 verdienten digitalaffine Manager noch durchschnittliche 302 773 Euro. Im vergangenen Jahrzehnt stiegen die Einkommen jährlich um gut zehn Prozent - also deutlich mehr als die Durchschnittsgehälter und auch stärker als Topgehälter für andere Führungspositionen.

"Es ist ein hart umkämpfter Markt", sagt Martina van Hettinga, eine der Chefinnen von I-Potentials. "Es gibt zu wenige, die sowohl einen modernen Führungsstil haben als auch auf Basis von Kenntnissen moderner Technologien und Märkte Entscheidungen für Unternehmen treffen können." Digitalexpertise weise man nach, indem man zum Beispiel vorher ein Digital-Start-up geleitet hat. Solche Menschen gibt es ohnehin nicht viele - und gleichzeitig steigt die Zahl der Unternehmen, die sie dringend braucht.

Das liegt vor allem daran, dass sich geändert hat, welche Unternehmen überhaupt auf der Suche sind nach Führungskräften, die sich mit Technologie auskennen. Vor zwölf Jahren, erzählt van Hettinga, hätte sie Ausflüge mit Managern aus dem deutschen Mittelstand ins Silicon Valley organisiert. Dort seien die Unternehmer zwar sehr beeindruckt gewesen - aber danach oft mit dem Gefühl nach Hause gereist, dass das alles mit ihnen und ihrem Geschäft nichts zu hat. Spätestens mit der Pandemie habe sich das geändert, sagt van Hettinga. "Corona war wie ein Katalysator, alle mussten plötzlich digitalisieren." Und dafür brauchten alle plötzlich Leute.

Wer so gefragt ist, kann gut hohe Gehälter herausverhandeln. 2 bis 5 Millionen Euro pro Jahr seien möglich, je nach Branche, Unternehmensgröße und Dringlichkeit der Besetzung, sagt van Hettinga. "Nach oben gibt es keine Grenze." Jenseits der Metropolen sind die Gehälter am höchsten, allen voran in Hessen. Allerdings entschieden sich auch viele Manager, auf einen Teil des Gehalts zu verzichten und stattdessen mehr Flexibilität zu fordern, etwa die Möglichkeit, im Home-Office zu arbeiten und nicht an den neuen Unternehmenssitz ziehen zu müssen.

Unternehmen mit abgelegenerem Sitz brauchen länger für die Suche - und müssen mehr zahlen

Die durchschnittliche Suche nach einem neuen Topmanager dauere vier Monate. An entlegeneren Standorten könne sie sich leicht um sechs bis zwölf Monate verlängern. Nach Vertragsunterzeichnung dauere es meist noch drei bis sechs Monate, bis die neue Managerin oder der neue Manager tatsächlich anfängt, das liegt an den Kündigungsfristen. Ein Faktor, der die Auswahl an Kandidaten viel kleiner macht, ist, dass nach wie vor viele Unternehmen darauf bestehen, dass die Topleute Deutsch sprechen. Fast ausschließlich Start-ups, die Geld von internationalen Wagniskapitalgebern bekommen haben oder europäische Niederlassungen von internationalen Konzernen, könnten damit leben, dass der neue Technikvorstand nur Englisch kann.

Auch ein moderner Führungsstil ist inzwischen ein Thema selbst für viele Mittelständler. Personalberater prüfen deshalb vorher genau mit standardisierten diagnostischen Verfahren, welche Stärken und Schwächen die Kandidatinnen und Kandidaten haben, inklusive Persönlichkeitstests. "Viele Unternehmen wollen, dass die Führungskräfte eine gesündere Fehlerkultur etablieren, als das üblich ist in Deutschland", sagt van Hettinga.

Wie heiß umworben die Tech-Manager sind, zeigte sich in den vergangenen Monaten auch an der Geschwindigkeit, mit der verfügbare Leute wieder neue Jobs bekommen. In den USA und auch in Europa haben viele große Tech-Konzerne und Start-ups, darunter Amazon, Meta und Yahoo, Tausende Menschen entlassen. Oft hatten nach den Entlassungen die Gründer und Chefs der Unternehmen Listen mit den Entlassenen beim sozialen Netzwerk Linkedin veröffentlicht, damit diese möglichst schnell neue Jobs finden. "Binnen zwei Wochen waren fast alle umverteilt", erzählt van Hettinga. "Als viele Mittelständler in Deutschland merkten, dass es diese Listen gibt, waren schon wieder viele Toptalente weg."

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