Süddeutsche Zeitung

Studie:Fruchtbar wie Nilschlamm

Nach einer Untersuchung des Ifo-Instituts profitieren von Messen vor allem Hotels und Gastronomie. So geht ein Fünftel aller Übernachtungen in Frankfurter Hotels auf Messen zurück. Die Veranstaltungen erzeugen Steuereinnahmen in Milliardenhöhe.

Von Helga Einecke

Messegesellschaften sind in Deutschland keine privaten Veranstaltungen. Sie gehören meist gemeinsam der Stadt und dem Bundesland. So manche Messe schaffte es in der Vergangenheit nicht, die nötigen Investitionen aus eigener Kraft zu stemmen. Umso mehr bemühen sich Messemanager und öffentliche Eigentümer, die Vorteile für ihre Stadt und ihr Land, ja sogar für den Bund herauszustreichen. Das Ifo-Institut ermittelte für die Messe Frankfurt, wem sie nützt. Die nackten Zahlen beeindrucken. So bescheinigt das Ifo-Institut der Frankfurter Messe einen jährlichen Kaufkraft-Effekt von 3,6 Milliarden Euro und Steuereinnahmen für Bund, Land und Frankfurt von 657 Millionen Euro.

"Die Messe ist ein Teil vom Fleisch dieser Stadt"

2,8 Milliarden Euro lassen Aussteller und Besucher pro Jahr springen. Jeder Messebesucher gibt im Schnitt 520 Euro, jeder Kongressbesucher 570 Euro aus. Jeweils etwa 40 Prozent kalkuliert man für An- und Abreise sowie Hotel und Gastronomie. Die Aussteller müssen natürlich mehr aufwenden, 42 000 Euro im Schnitt. Ein Viertel davon geht an den Messeveranstalter für Standmiete, Strom, Entsorgung. Jeweils 13 bis 14 Prozent verschlingen An- und Abreise sowie Hotel und Gastronomie. Die Ausgaben der Besucher konzentrieren sich auf Frankfurt, während die Aussteller viele Vorarbeiten und Elemente für den Messestand am Firmensitz, von Spezialisten oder im Ausland produzieren lassen. Hauptsächlich profitieren Hotels und Gaststätten von den Ausgaben. Ein Fünftel aller Übernachtungen in Frankfurter Hotels gehen auf die Messen zurück. Einschließlich der Betten im Rhein-Main-Gebiet summiert sich das auf 2,5 Millionen Übernachtungen. Messen schaffen auch Arbeitsplätze und sie generieren Steuereinnahmen.

Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann mag nicht nur Zahlen vortragen. Er sagt einfach, ohne die Messe gäbe es die Stadt Frankfurt gar nicht. Dort sei schon immer gehandelt worden, das belegten jüngste Ausgrabungen. "Die Messe ist ein Teil vom Fleisch dieser Stadt", lautet sein Fazit. Und er fügt hinzu, wenn es der Messe gutgehe, gehe es Frankfurt gut. Das ist insofern korrekt, als die Frankfurter Messe seit Jahren eine Dividende abführt, auf die sich die Stadt verlassen kann. Darüber hinaus investiert die Messe kräftig. Sie steckt in ihre Gebäude für Neubauten, Renovierung und Modernisierung eine Milliarde Euro von 1995 bis 2022.

Die Segnungen ihrer Besucher wissen auch die Messemanager zu schätzen. Nicht entgangen ist ihnen dabei das Detail, dass rund um einen Kongress noch mehr Geld ausgegeben wird als bei den Messen. Geschäftsführer Uwe Behm sagt: "Der Kongressbesucher ist in der Stadt so etwas wie der Nilschlamm." Er spielt auf den über die Ufer tretenden ägyptischen Fluss Nil an, der mit seinen Ablagerungen im Boden für Fruchtbarkeit sorgt. Das neue Kongressgebäude Cap Europa, das vor seinem Bau für Kritik sorgte, sei zu hundert Prozent ausgelastet, merkt Behm außerdem an.

Was Frankfurt kann, können andere schon lange. Die Messe Düsseldorf lässt sich vom Ifo-Institut bescheinigen, drei Milliarden an Kaufkrafteffekten pro Jahr auszulösen. Dem Fiskus beschere die Messe über eine halbe Milliarde Euro an zusätzlichen Einnahmen pro Jahr. "Die Effekte, die unsere Messen, Tagungen und Kongresse für die Beschäftigung, Kaufkraft und Steuern vor allem am Standort Düsseldorf bewirken, sind beachtlich", resümiert Messechef Werner Dornscheidt zufrieden. Fast ein Drittel aller Übernachtungen in Düsseldorf seien auf Messen und Kongresse zurückzuführen. Auch die Messe München hat Zahlen vom Ifo-Institut vorliegen. Aussteller und Besucher generieren pro Jahr einen bundesweiten Gesamtumsatz von 2,63 Milliarden Euro und erzeugen ein Steueraufkommen von 490 Millionen Euro, hieß es im April 2014. Damals sagte der Messechef Klaus Dittrich: "Die Ergebnisse unterstreichen die bedeutende Hebelwirkung der Messe München für die heimische Wirtschaft."

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SZ vom 21.02.2018
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