Süddeutsche Zeitung

Studie:Familienunternehmen wirtschaften erfolgreicher

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Von Elisabeth Dostert, München

Die meisten deutschen Unternehmen gehören Familien. Nur wenige wagen sich an die Börse, wo sie einen sehr viel tieferen Einblick in ihr Zahlenwerk gewähren müssen. Wenn sie das tun, schlagen sie sich besser als Konzerne ohne familiären Einfluss, ergab nun eine von der Stiftung Familienunternehmen in Auftrag gegebene Studie des Center for Entrepreneurial and Financial Studies an der TU München unter Leitung der Professoren Ann-Kristin Achleitner, Reiner Braun und Christoph Kaserer. Die Studie erschien zum ersten Mal 2008, nun wurde sie mit den Daten der Jahre 2009 bis 2018 aktualisiert.

Die Erkenntnisse lassen sich so zusammenfassen: Börsennotierte Familienunternehmen "wirtschaften solider und erfolgreicher" als Nicht-Familienunternehmen. Je stärker der Einfluss der Familie, desto positiver die Effekte. "Familienunternehmen wirtschaften auf lange Sicht und mit Substanz. Diese Tugenden übertragen sie auch an der Börse", kommentiert Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, die Ergebnisse.

Um die Studie besser einzuordnen, lohnt ein Blick auf die Stichprobe und die Auswahlkriterien, die vom Allgemeinverständnis dessen, was ein Familienunternehmen ist, abweicht. Als Familienunternehmen im weiteren Sinne gelten in dieser Studie Firmen, an denen die Gründerfamilie direkt oder indirekt über Zwischengesellschaften mindestens ein Viertel der Stimmrechte und/oder einen Aufsichtsrat oder Vorstand stellt. Nach dieser Definition gelten etwa BMW oder Knorr-Bremse nicht als börsennotierte Familienunternehmen, wohl aber Neulinge wie der Online-Händler Zalando. Zwar hält Familie Thiele 70 Prozent der Stimmrechte von Knorr-Bremse, und im Aufsichtsrat sitzen Julia Thiele-Schürhoff und ihr Vater Heinz Hermann Thiele als Ehrenvorsitzender. Aber kein Thiele hat die Firma gegründet, das war Georg Knorr 1905. Auch BMW wurde nicht von Herbert Quandt, dem Vater der heutigen Großaktionäre Susanne Klatten und Stefan Quandt, gegründet. Die Anfänge gehen auf Karl Rapp und Gustav Otto zurück. An Zalando halten die Gründerfamilien zwar nur noch vier Prozent, im Vorstand sitzen aber mit Robert Gentz und David Schneider zwei Gründer.

Als ein weiteres Maß für den Einfluss der Familie wurde in der Studie ermittelt, wie hoch der prozentuale Anteil der Gründerfamilie am Eigenkapital ist, am Vorstand und im Aufsichtsrat, die Arbeitnehmer im Kontrollgremium wurden dabei nicht berücksichtigt. Als börsennotierte Familienunternehmen im engeren Sinne definieren die Autoren Unternehmen, in denen die Summe der prozentualen Anteile größer als 50 ist. Der Eigentumsanteil der Gründerfamilie darf in der engeren Definition nicht bei Null liegen. Der Spezialmaschinenhersteller Dr.Hoenle und der Laborausrüster Sartorius sind börsennotierte Familienunternehmen im weiteren Sinne. Enger gefasst ist es nur bei Sartorius: Zwar sitzt die Gründerfamilie weder im Vorstand noch im Aufsichtsrat, aber sie hält 56 Prozent der Anteile. Gründer Karl Hoenle ist zwar einer der drei Aufsichtsräte, aber die Familie hält nur fünf Prozent des Kapitals von Dr. Hoenle - macht zusammen 38 Prozent.

Erfasst wurden alle im CDax notierten Firmen, dem Aktienindex gehören alle im Prime- und General-Standard notierten deutschen Unternehmen an. Für die Studie wurden einige Bereinigungen vorgenommen, Penny-Stocks wurden eliminiert, auch Finanz- und Immobilientitel wurden wegen der mangelnden Vergleichbarkeit ausgeschlossen. Etwa 40 Prozent der CDax-Firmen sind Familienunternehmen, ihr Anteil an der Marktkapitalisierung liegt bei etwa 30 Prozent. Tendenziell sind der Studie zufolge Familienunternehmer kleiner und jünger als Nicht-Familienunternehmen. Für das Jahr 2009 wurden für die Studie insgesamt 403 CDax-Firmen ermittelt, darunter waren 177 Familienunternehmen im weiteren Sinne. 2018 waren von 300 Konzernen 113 Familienunternehmen. In die Standardanalysen flossen nur Firmen mit Stammaktien ein. Familienunternehmen im engeren Sinne gab es 2009 laut Studie 91, 2018 waren es 61.

Familienunternehmen sind oft jünger, auch das kann ein Faktor sein

Familienunternehmen, so ergab die Studie, weisen ein höheres Wachstum beim Umsatz auf. Auch das jährliche Beschäftigungswachstum sei von 2009 bis 2018 mit sechs Prozent annähernd doppelt so hoch gewesen wie das von Nicht-Familienunternehmen. Ein Grund dafür könnte allerdings sein, dass alte und große Firmen, die in größerer Zahl in der Gruppe der Nicht-Familienunternehmen zu finden sind, angesichts ihrer großen bestehenden Mitarbeiterbasis schwerlich Wachstumsraten erzielen, wie sie tendenziell von jüngeren Unternehmen erreicht werden.

Familienunternehmen weisen auch eine "signifikant bessere" Gesamtkapitalrendite und eine höhere Eigenkapitalrendite auf. Noch besser schneiden Familienunternehmen im engeren Sinne ab. Die durchschnittliche jährliche Aktienrendite liege bei einer Gewichtung auf Basis der Marktkapitalisierung der Firma mit 17,2 Prozent leicht über der für Nicht-Familienunternehmen, die es auf 15 Prozent bringen. Familienunternehmen in engerem Sinne bringen es auf 23,2 Prozent. Ohne Marktgewichtung lassen sich laut Studie allerdings keine systematischen Unterschiede in den Aktienrenditen ausmachen.

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SZ vom 26.08.2019
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