Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung:Frauen in Spitzenpositionen bleiben die Ausnahme

Frauen in Führungspositionen

Vorständin? Steht vielleicht bald im Duden.

(Foto: dpa)

In den Vorständen und Aufsichtsräten der 200 größten deutschen Unternehmen ist der Frauenanteil im Jahr 2012 nur minimal gestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt das "Manager-Barometer" des DIW. Dass sich überhaupt etwas getan hat, führt eine Mitautorin der Studie auf das Interesse der Öffentlichkeit zurück.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Die Technikerin gibt es schon, die Personalchefin sowieso, jetzt soll auch die "Vorständin" kommen. Zum Leidwesen mancher Sprachforscher sieht die Duden-Redaktion gute Chancen, dass es das Wort in die nächste Ausgabe der deutschen Rechtschreib-Bibel schafft. Schließlich müsse der Duden mit der Zeit gehen. Vielleicht wäre die Duden-Redaktion dann aber der Zeit noch ein bisschen voraus.

Dieser Eindruck drängt sich zumindest auf bei einem Blick in die Führungsetagen von Deutschlands 200 größten Unternehmen. Dort ist der Frauenanteil in Vorständen und Aufsichtsräten 2012 nur minimal gestiegen, wie das neue "Manager-Barometer" des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt.

Seit 2006 untersucht das DIW jedes Jahr den Frauenanteil in den Führungsetagen der nach Umsatz größten Firmen. Die Ergebnisse für 2012 legen den Schluss nahe: Der Fortschritt bleibt eine Schnecke. So waren nur vier Prozent der Vorstandspositionen bis November vorigen Jahres weiblich besetzt. 2011 lag der Anteil bei drei Prozent. Der Vorstandsvorsitz bleibt ohnehin eine reine Männerdomäne: Schon seit Jahren wird kein einziges der 30 Unternehmen, die dem Deutschen Aktienindex (Dax) angehören, von einer Frau geführt.

Der Anteil der weiblichen Vorstandsmitglieder in Dax-Firmen legte zwar von 2011 auf 2012 zu - von 3,7 auf 7,8 Prozent. Die Mitautorin der Studie, DIW-Forschungsdirektorin Elke Holst, warnt jedoch, diese Zahlen überzubewerten, weil von den 193 Dax-Vorstandsmitgliedern jetzt gerade einmal zwölf statt bisher sechs Frauen sind. Dass sich überhaupt etwas getan hat, führt die Wissenschaftlerin auf das Interesse der Öffentlichkeit zurück. "Die Dax-Konzerne sind mit einem höheren Handlungsdruck konfrontiert", sagt Holst.

Beispiel Norwegen

Etwas besser sieht es bei den Aufsichtsräten aus: In den Top-200-Unternehmen waren 2012 genau 12,9 Prozent der Kontrollgremien weiblich besetzt. Bei den Dax-Firmen traf dies sogar auf fast jeden fünften der Aufseher zu. Die DIW-Forscherin weiß auch warum: "Das liegt vor allem an den Arbeitnehmervertretungen, die noch immer häufiger als die Eigentümerseite Frauen in Aufsichtsräte entsenden."

Auch im Finanzsektor kommen weibliche Kollegen seltener als männliche an die Spitze: So sind bei den größten deutschen Banken und Sparkassen lediglich 4,3 Prozent Frauen im Vorstand. Bei den Versicherungen ist der Anteil nur minimal höher.

Im internationalen Vergleich liegt Deutschland in der Rangliste der Europäischen Union auf Platz sechs. Das Ergebnis dürfte aber vor allem deshalb so positiv sein, weil für diese Statistik nur die Aufsichtsräte der Dax-Unternehmen herangezogen wurden. Finnland, Lettland und Schweden liegen weit vor Deutschland. In Norwegen, der Nation mit dem größten Frauenanteil in den Top-Etagen, ist die Frauenquote sogar fast dreimal so hoch wie in der Bundesrepublik.

Holst ist überzeugt: Damit mehr Frauen es ganz nach oben schaffen, muss sich die Kultur in den Unternehmen ändern. "Im Moment treffen Frauen auf die Standards und Normen männlicher Lebensrealitäten - wie sehr lange Arbeitszeiten." Männer hätten häufig eine Partnerin zu Hause, die die familiäre Arbeit übernimmt. Umgekehrt sei das bei den Frauen nicht der Fall. Mittlerweile wollten aber junge Männer mehr von ihren Kindern haben. "Insofern gibt es ein Interesse von Männern und Frauen, die Karrierewege und den Alltag in Führungspositionen so zu ändern, dass sie stärker mit Familie und Beruf zu vereinbaren sind", hofft Holst.

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