Studentenwohnheime:Plötzlich Platz

Sprayer Studentenstadt

Studentenstadt Freimann in München. Die "StuSta" ist mit knapp 2500 Bewohnern eines der größten Studentenwohnheime Deutschlands.

(Foto: Florian Peljak)

In der Pandemie bekommen Studierende leichter ein Zimmer in einem Wohnheim. Doch die Lage könnte sich wieder zuspitzen. Investoren prüfen schon einen Umbau von Hotels und Büros.

Von Bärbel Brockmann

Im April hat an den deutschen Universitäten und Hochschulen das dritte Semester unter Corona-Bedingungen begonnen. Es findet zunächst wieder fast überall in digitaler Form statt, zumindest größtenteils. Wann die Studierenden dauerhaft zurück in die Hörsäle, Seminarräume und Labors können, hängt vom weiteren Verlauf der Pandemie ab. Dennoch werden die meisten Studenten wohl, wie schon in den beiden vorangegangenen Semestern, am Hochschulort bleiben. Das legt zumindest die weiterhin hohe Auslastung der Studentenwohnungen in der Krise nahe. Das freut die Immobilienfonds, die in dieser Nische unterwegs sind, und die Anleger.

"Wir hören von Betreibern von privaten Studentenheimen, dass die Auslastung zwar leicht gesunken, aber alles in allem immer noch hoch ist", sagt Matti Schenk von der internationalen Immobilienberatung Savills. Grund für den leichten Rückgang sei in erster Linie die geringere Zahl ausländischer Studienanfänger. Laut Statistischem Bundesamt kamen im vorigen Jahr mit 99 400 Studierenden etwa 21 Prozent weniger nach Deutschland, hauptsächlich wegen der Pandemie.

Ausländische Studierende sind für private Studentenwohnheime eine wichtige Zielgruppe. Sie wollen in einem fremden Land möglichst nicht lange auf Wohnungssuche gehen, und ein Teil von ihnen kann sich die recht hohen Mieten oft auch leisten. Obwohl viele ausländische Studenten fehlen, melden Betreiber Auslastungsquoten von etwa 70 bis 90 Prozent.

Künftig nur noch digitale Lehre? Das halten viele für unrealistisch

Auch die Annahme, dass sich die digitale Lehre in der Zukunft durchsetzen wird und eine Präsenz an einem Hochschulort unnötig mache, hält Schenk für übertrieben. "Zahlreiche Umfragen deuten darauf hin, dass es die Studierenden nach Corona weiter an die Hochschulen zieht. Deshalb erwarten wir auch keinen langfristigen Bruch des Marktes für Studentenwohnungen", sagt Schenk. Möglicherweise wird es aber Anpassungen geben. Die Mieten sind in der Pandemie vielfach schon gesunken. Zudem denken manche Betreiber schon über eine Art Sonderkündigungsrecht nach, sollte es erneut zu einer Pandemie kommen.

Auch in den 1700 öffentlich geförderten Wohnheimen der Studentenwerke stehen nur wenige der etwa 196 000 Plätze leer. In den besonders attraktiven Hochschulstandorten hat die Pandemie allenfalls zu kürzeren Wartelisten geführt. "Sobald sich abzeichnet, dass wieder mehr Präsenzstudium möglich ist, sind wir genau dort, wo wir vorher waren. Die Wartelisten füllen sich wieder, und viele Studierende gehen ins WG-Casting", sagt Stefan Grob, stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks. Zwar werde derzeit in Deutschland viel gebaut. Dadurch werde aber das strukturelle Problem nicht entschärft, dass es viel zu wenig bezahlbaren Wohnraum für Studierende gebe, meint er.

Auch für die auf Studentenapartments und Mikroapartments für Berufstätige spezialisierte Internationale Campus GmbH (IC) stellt die Corona-Pandemie nur eine Delle auf dem Weg zu weiterem Nachfragewachstum dar. Sie verzeichnet nach eigenen Angaben in ihren Häusern eine hohe Auslastung. Schon zu Beginn des nächsten Wintersemesters 2021/22 werde sich die Lage höchstwahrscheinlich wieder ändern. "Wir sind sicher, dass die Nachfrage nach studentischen Wohnungsangeboten anhalten und sogar tendenziell steigen wird", sagt IC-Geschäftsführer Rainer Nonnengässer.

Nicht immer muss man neu bauen

Die Prognose basiert auf der Erwartung, dass in Deutschland mittel- und langfristig die Zahl der Studierenden weiter steigen, das Angebot an Wohnungen damit aber weiter nicht Schritt halten wird. Mitten in der Pandemie hat IC daher zu Beginn dieses Jahres erklärt, in den nächsten drei Jahren eine Milliarde Euro in neue Objekte in Deutschland investieren zu wollen. Nicht alles muss man dabei neu bauen. IC sieht großes Umnutzungspotenzial bei Hotel- und Büroobjekten, die durch die Krise Finanzierungsprobleme bekommen haben. "Für uns ergeben sich daraus Chancen, wir können mit entsprechender Umnutzungsgenehmigung bestehende Projekte übernehmen", sagt Nonnengässer. Haupt-Anteilseigner der IC ist der internationale Asset-Manager Brookfield, einer der großen Anbieter von Immobilienfonds.

Glaubt man den Prognosen, kann sich eine Investition in Studentenapartments tatsächlich lohnen, sei es, dass der Anleger eine solche Kleinwohnung direkt von einem Projektentwickler kauft oder sich an einem Fonds beteiligt, der solche Wohnformen in seinem Portfolio hat.

Bei der auf Fondsbewertungen spezialisierten Firma Scope Analysis hat man festgestellt, dass Immobilienfonds zunehmend das Segment Wohnen als stabilisierendes Element beimischen und manche dabei auch das Nischensegment Studentenwohnungen einbeziehen. Wie zum Beispiel der Vermögensverwalter DWS, der 2019 für seine beiden Fonds Grundbesitz Europa und Grundbesitz Global für 600 Millionen Pfund Studentenheime im Großbritannien erworben hat.

"Die Nachfrage nach höherer Bildung wächst weltweit und damit auch die Nachfrage nach entsprechenden Studienplätzen in Verbindung mit ansprechendem Wohnraum", sagt Ulrich Steinmetz, Leiter Portfoliomanagement Immobilien-Publikumsfonds bei DWS. Man sei überzeugt, dass die durch Corona gedämpfte Nachfrage auf jeden Fall wieder anziehen werde. "Studentenwohnheime passen in unsere Strategie, sehr breit zu diversifizieren, sowohl nach Nutzungsarten als auch nach Ländern. Auf diese Weise wollen wir langfristig stabile positive Renditen für den Anleger erzielen."

Bei allem Optimismus bleibt aber zu bedenken, dass Studentenwohnungen als Anlageform nicht risikofrei sind. Ein Risiko ist zum Beispiel die im Vergleich zum normalen Wohnungsbau eingeschränkte Zielgruppe. Schenk von Savills sieht das nüchtern: "Man muss sich auf die klassischen Faktoren besinnen und genau prüfen, ob Konzept, Standort und Preis stimmen."

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