Strompreise:Verbraucherschützer warnen vor Mehrkosten für Notfall-Kraftwerke

Strom soll fließen: Die Regierung möchte notfalls per Gesetz Stilllegungen von Kraftwerken verhindern. Dafür könnten die Energiekonzerne eine "angemessene Entschädigung" bekommen. Verbraucherschützer sind wenig begeistert.

Michael Bauchmüller, Berlin

Zwei Euro im Jahr, wen wird das schon stören? Zwei Euro im Jahr könnte Stromkunden künftig die Sicherung einer Kraftwerksreserve für den Winter kosten - jedenfalls verlautet das aus dem Umfeld des Bundeswirtschaftsministeriums. Konkret geht es um jene Kraftwerke, die Deutschland etwa in kalten, windstillen Winternächten vor dem Stromausfall bewahren sollen. Weil immer häufiger Ökostrom die Nachfrage deckt, werden viele dieser Kraftwerke zunehmend unrentabel. Schon erwägen Versorger wie der Eon-Konzern die Stilllegung erster Kraftwerke. Die Bundesregierung ist alarmiert.

Regierung verbietet angeblich Abschalten wichtiger Kraftwerke

Blumige Aussichten trotz Energiewende: Müssen andere Kraftwerke wegen des Atomausstiegs am Netz bleiben, könnten Konzerne eine  Entschädigung bekommen.

(Foto: dapd)

Notfalls per Gesetz sollen nun Stilllegungen verhindert werden. So könnten wichtige Kraftwerke zwangsweise am Netz gehalten werden - gegen "angemessene Entschädigung". Verbraucherschützer sind wenig begeistert. "Es ist klar, dass man in den Markt eingreifen muss", sagt Holger Krawinkel, Energieexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. "Die Frage ist aber, wie viel diese Intervention am Ende kosten darf." So lade die Neuregelung die Versorger dazu ein, laut über die Stilllegung von Kraftwerken nachzudenken - um auf diese Weise noch eine Sonderprämie einzustreichen. "Die Gefahr ist groß, dass die Stromkunden am Ende mehr zahlen als nötig", sagt Krawinkel.

Auch Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) sieht in dem Vorstoß nur "die zweitbeste Idee". Alte, unrentable Kraftwerke würden so für viel Geld künstlich im Markt gehalten. Besser seien Anreize für den Neubau effizienter Anlagen. So ließen sich die nötigen Kapazitäten auch europaweit ausschreiben. Unter den Versorgern gibt es für diese Idee ebenfalls gewisse Sympathien.

Nach Plänen des Wirtschaftsministeriums soll die Entschädigung über die Netzentgelte an die Stromkunden weitergereicht werden, ebenso wie die neue Verpflichtung für Gaskraftwerke, sich ausreichend mit Brennstoffen zu versorgen - im vorigen Winter hatten Engpässe bei der Gasversorgung die Lage im Stromnetz verschärft. Auch sollen die Betreiber verpflichtet werden, die Stilllegung eines Kraftwerks mindestens zwölf Monate vorher der Bundesnetzagentur anzumelden.

Für den nächsten Winter allerdings würde die Regelung wenig ändern, sie tritt frühestens 2013 in Kraft. Einstweilen werden nun wieder Reservekraftwerke unter Vertrag genommen - allein 940 Megawatt Leistung kommen notfalls aus Österreich, wie der Netzbetreiber Tennet am Mittwoch mitteilte. Ohnehin könnte am Ende auch das neue Stilllegungsverbot entfallen: Noch kann die Strombranche ihm per Selbstverpflichtung entgehen. Gespräche dazu laufen.

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