Stresstest der Banken:Harmloses Ergebnis mit starker Wirkung

Frankfurt am Main

Bankenstadt Frankfurt am Main.

(Foto: REUTERS)

Europas Geldhäuser haben vor dem Stresstest in vorauseilendem Gehorsam 203 Milliarden Euro aufgetrieben, um ihre Bilanzen zu stärken. Allerdings heißt das nicht, dass das Bankensystem ungeschoren durch die nächste Krise kommt. Die neue Aufsicht durch die EZB muss sich erst noch bewähren.

Kommentar von Andrea Rexer

Auf den ersten Blick wirkt das Ergebnis lasch: Nur 13 europäische Großbanken sind durchgefallen und müssen zehn Milliarden Euro frisches Kapital besorgen. Das ist das Resultat des groß angelegten europäischen Bankenstresstests. Ein kleines Sümmchen gemessen am Brimborium, das diesen Test über Monate hinweg begleitet hat.

Natürlich kann man darüber lamentieren, dass die Szenarios des Stresstests noch härter hätten ausfallen können und dass die Europäische Zentralbank das Finanzsystem durch ein mieses Testergebnis nicht hat ins Wanken bringen wollen. Andererseits übernimmt sie nach dem Stresstest die Aufsicht und will sich keine Problemfälle ins Haus holen.

Insofern darf es nicht überraschen, dass hinter dem vermeintlich harmlosen Ergebnis ein wirkungsvoller Test steckt. Die wichtigste Zahl ist nicht die der durchgefallenen Institute, sondern es sind jene 203 Milliarden Euro, die europäische Großbanken seit Sommer letzten Jahres aufgetrieben haben, um ihre Bilanzen zu stärken - in vorauseilendem Gehorsam. Sie haben Risiken bereinigt und frisches Geld hereingeholt. Das heißt zwar noch nicht, dass das Bankensystem nun ungeschoren durch die nächste Krise kommt. Schließlich weiß niemand, wie die Probleme der nächsten Krise aussehen könnten. Doch die Banken Europas haben heute viel größere Verlustpuffer, um Probleme aller Art abzuwehren. Sie sind widerstandsfähiger als früher.

Banken sind immer noch zu komplex organisiert

Und dennoch liegt im europäischen Bankensystem viel im Argen. Die neue Aufsicht muss das adressieren. Banken sind immer noch zu komplex organisiert. Sie betreiben noch immer Geschäfte, die schwer durchschaubar sind. Der Stresstest hat den ersten Anlauf genommen, die Bilanzierung zu vereinheitlichen, Risiken transparenter zu machen. Doch das können nur erste Schritte in die richtige Richtung sein.

Vereinfachung ist auch anderswo nötig: Es darf nicht sein, dass eine gemeinsame Aufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank geschaffen wird und die nationalen Notenbanken ihre eigenen Abteilungen nicht etwa abbauen, weil sie weniger zu tun haben, sondern personell sogar noch aufstocken. Das sind nicht nur hohe Kosten für den Steuerzahler, das schafft auch Reibungsverluste, weil es Kompetenzrangeleien geben wird. Die EZB besteht aus den einzelnen Notenbanken der Euro-Zone, und deren Chefs sollten die Größe beweisen, die zentrale Bankenaufsicht klar mit Kompetenzen auszustatten, statt auf ihrem eigenen Machtanspruch zu beharren.

Für die EZB hat der eigentliche Stresstest mit diesem Sonntag erst begonnen: Sie muss sich als neue Bankenaufsicht beweisen und bewähren - im Machtgefüge der Notenbanken und gegenüber den Banken. Sie muss daran arbeiten, das Bankensystem übersichtlicher und leichter steuerbar zu machen und Fehler zu vermeiden. Denn jeder Lapsus fällt negativ auf die Reputation der gesamten EZB zurück. Das kann sie sich in dem noch immer fragilen wirtschaftlichen Umfeld nicht leisten.

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