Streit um TTIP:EU will Abkommen mit USA entschärfen

Streit um TTIP: Debatte um Freihandelsabkommen TTIP: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker

Debatte um Freihandelsabkommen TTIP: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker

(Foto: John Thys/AFP)

Der neue Kommissionschef Juncker reagiert auf die Kritik am geplanten Freihandelsvertrag TTIP: Er möchte es Konzernen erschweren, Staaten vor Schiedsgerichten zu verklagen. Wegen einer manipulierten Mitteilung kommt es in Brüssel zum Eklat.

Von Javier Cáceres und Cerstin Gammelin

Nach heftigen Protesten gegen das angestrebte Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union plant der neue Kommissionschef Jean-Claude Juncker einen Kurswechsel. Juncker will insbesondere beim Investorenschutz auf die Kritiker zugehen und die Rechte von privaten Unternehmen, Staaten vor internationalen Schiedsgerichten zu verklagen, deutlich einschränken.

Wie am Montag in Brüssel bekannt wurde, könnte der vergangene Woche ausgehandelte - und deutlich entschärfte - Freihandelsvertrag der EU mit Kanada dem transatlantischen Abkommen als Blaupause dienen. Die darin enthaltenen Paragrafen stärken die nationalen Gerichte und erschweren es Unternehmen, gegen Regierungen auf Schadenersatz zu klagen, etwa wegen entgangener Gewinne oder indirekter Enteignung aufgrund geänderter Gesetze. Konkret ist vorgesehen, dass internationale Schiedsgerichte erst nach einer 18 Monate dauernden "Abkühlphase" angerufen werden dürfen. In dieser Zeit sollen die Parteien versuchen, ihren Disput vor nationalen Gerichten oder außergerichtlich zu lösen. Die USA und die EU wollen durch eine Freihandelszone weltweit Standards für Güter und Dienstleistungen setzen und damit das Wachstum erhöhen.

Eklat: Passagen in Statement von Dritten geändert

Juncker hatte den Kurswechsel bei seiner Wahl angedeutet. Er werde nicht akzeptieren, "dass die Rechtsprechung der Gerichte in den EU-Mitgliedstaaten durch Sonderregelungen für Investorenklagen eingeschränkt wird", sagte er Mitte Juli in Straßburg. Am Montag hieß es in Brüssel, Juncker werde sich vor dem EU-Parlament äußern, sobald die Kommission im Amt sei. Dies ist zum 1. November geplant.

Mit einem Eklat begannen am Montagnachmittag die Anhörungen der designierten Kommissare vor dem Europaparlament. Ausgerechnet die als Handelskommissarin vorgesehene Cecilia Malmström, künftige Chefunterhändlerin des transatlantischen Abkommens, löste Verwirrung aus. Am Freitagabend hatte es in den dem Parlament vorab zugesandten Antworten der Schwedin für die Anhörung geheißen, sie werde "überhaupt keine Schutzklauseln für Investoren" in den Handelsvertrag aufnehmen. Über den Internetdienst Twitter teilte Malmström am späten Freitagabend zur allgemeinen Überraschung mit, diese Ankündigung stamme nicht von ihr. Am Sonntag erhielt das Europaparlament eine korrigierte und deutlich abgeschwächte Version von Malmströms Antworten. Aus dem Dokument geht hervor, dass die entsprechende Passage in der EU-Kommission von Dritten geändert wurde.

Der Kabinettschef Junckers, Martin Selmayr, geriet in eine unangenehme Lage, weil die Änderung offenkundig von seinem Rechner aus vorgenommen wurde. Malmström wurde bei der Anhörung von einer niederländischen Europaparlamentarierin nach Selmayr gefragt - wich aber aus. Auf Nachfrage der SZ sagte der Kabinettschef, er wolle selber wissen, was da passiert sei; er lasse den Vorgang prüfen. Malmström schloss ihrerseits nicht aus, dass die Investoren-Schutzklauseln noch gestrichen würden, darüber zu spekulieren sei aber sehr verfrüht.

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