Streit um Privatisierung:Länder lehnen Verkauf von Sparkassen ab

Forderungen aus dem Bundesfinanzministerium, die öffentlich-rechtlichen Sparkassen für die Übernahme durch Privatbanken zu öffnen, stoßen in den Bundesländern auf harten Widerstand. Sie lehnen es parteiübergreifend ab, in ihren Sparkassengesetzen die Voraussetzung für Verkäufe zu schaffen.

Von Helga Einecke

(SZ vom 01.12.03) - Jochen Dieckmann, Finanzminister in Düsseldorf, sagte der Süddeutschen Zeitung: "Das Sparkassengesetz in Nordrhein-Westfalen sieht mit Bedacht keine Beteiligungsmöglichkeit von Privatbanken an den Sparkassen vor. Ich will keine Entwicklung fördern, die die Sparkassen in Existenznöte bringt, und das wäre die Folge einer völligen Freigabe von Beteiligungen durch private Investoren."

Der SPD-Minister begründet seine harte Haltung damit, dass die Betreuung des Mittelstandes und die Versorgung in der Fläche in erster Linie von den Sparkassen geleistet wird. Es sei noch keine drei Jahre her, da hätten die großen Privatbanken den kleinen Sparer nicht mehr als Kunden haben wollen.

Auch der hessische Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) meint: "Die Sparkassen müssen ihren öffentlich-rechtlichen Charakter behalten. Ich befürworte die Dreigliedrigkeit des deutschen Bankenwesens, um die vielfältige Landschaft der Kreditinstitute, den Wettbewerb und die flächendeckende Versorgung zu sichern, damit für private Kunden und mittelständische Unternehmen bestmögliche Angebote gewährleistet sind."

Keine Mehrheit

Ein Entwurf der hessischen FDP zur Privatisierung von Sparkassen hat vor wenigen Tagen in Wiesbaden keine Mehrheit gefunden.

Hans-Artur Bauckhage (FDP) formuliert als Wirtschaftsminister in Rheinland-Pfalz am vorsichtigsten : "Die Sparkassen befinden sich derzeit in einer Konsolidierungsphase, auch bedingt durch den Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung im Jahr 2005. In dieser kritischen Phase müssen die über das bestehende Modell hinaus gehenden Optionen sehr sorgfältig geprüft werden. Prinzipiell bin ich für alles offen, was die Sparkassen stärkt. Wichtig ist die gewährleistete Versorgung mit Bankdienstleistungen im ländlichen Raum und für die mittelständischen Betriebe".

Der Einstieg in die Privatisierung ist nach geltenden Sparkassengesetzen schon in mehreren Bundesländern möglich. In Rheinland-Pfalz etwa können sich private Investoren als stille Gesellschafter mit bis zu 49 Prozent des haftenden Eigenkapitals beteiligen und erhalten Sitz und Stimme im Verwaltungsrat. In der Praxis geschieht das aber nur in Ausnahmefällen.

Offensichtlich gar kein Mangel

Die Sparkassenorgane müssen der Hereinnahme privaten Kapitals zustimmen. Im Mainzer Wirtschaftsministerium zieht man daraus den Schluss, dass es den Sparkassen offensichtlich gar nicht an Eigenkapital mangelt.

Die Bundesländer machen mit ihrer Ablehnung zur Sparkassenprivatisierung Front gegen die Bundesregierung. Caio Koch-Weser, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, hatte "eine stärkere Beteiligung privaten Kapitals im gesamten Kreditgewerbe" sowie "alternative Rechtsformen der öffentlich-rechtlichen Banken" gefordert.

Bei Ländern, Gemeinden und Sparkassenorganisationen sorgte diese Äußerung für große Verärgerung. Koch-Weser war als Treuhänder für die Länder und Gemeinden aufgetreten, als die Bundesregierung in Brüssel über staatliche Garantien für den öffentlich-rechtlichen Bankensektor verhandelte. Während die Staatsgarantien der Landesbanken fallen, wurden den Sparkassen eine Bestandsgarantie zugesichert und ihr öffentlich-rechtlicher Auftrag bestätigt.

Beispiel Stralsund

"Wir haben auf Rechtssicherheit gebaut und sehen uns getäuscht", heißt es im Sparkassenlager. Abgesehen von Ausnahmen, wie dem Fall Stralsund, zeigen bisher weder Länder noch Gemeinden Neigung zum Ausstieg aus dem öffentlich-rechtlichen Bankenwesen.

Dafür ist ihnen die Stellung der Sparkassen in strukturschwachen Regionen zu wichtig. Meistens handelt es sich um den größten Arbeitgeber, Ausbilder, Investor und Steuerzahler in der Fläche. Finanzkräftige Investoren sind eher an großen Sparkassen interessiert, die in Ballungsräumen gute Renditen erzielen.

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