Langzeitarbeitslose:Viele Ein-Euro-Jobs fallen weg

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Die Bundesagentur für Arbeit muss drastisch sparen - auch bei Programmen für Langzeitarbeitslose. Die Sozialverbände warnen derweil vor den Folgen.

Thomas Öchsner

Wegen der drastischen Einsparmaßnahmen der Bundesregierung bei den Programmen für Langzeitarbeitslose müssen die Jobcenter 2011 zahlreiche Ein-Euro-Jobs streichen. Das hat die Bundesagentur für Arbeit angekündigt. Sozialverbände befürchten, dass die Kürzungen vor allem auf Kosten derjenigen gehen, die ohnehin schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.

Drastische Einsparmaßnahmen bei den Programmen für Langzeitarbeitslose (Foto: dapd)

Ein-Euro-Jobs sind das am häufigsten eingesetzte Mittel, um Menschen, die auf die Grundsicherung (Hartz IV) angewiesen sind, wieder an den Arbeitsmarkt heranzuführen. Dabei erhalten Langzeitarbeitslose gegen eine Entschädigung von durchschnittlich 1,50 Euro die Stunde eine befristete Arbeit vermittelt. Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA), schätzt nun, dass etwa ein Drittel der Ein-Euro-Jobs wegen des fehlenden Geldes 2011 wegfallen werden. "Die Arbeitslosenstatistik mag dadurch noch etwas ehrlicher werden, die soziale Lage vieler Langzeitarbeitsloser wird sich aber verschlechtern. Dies gilt vor allem für strukturschwache Regionen, in denen die Ein-Euro-Jobs eine große Rolle spielen", sagte Alt der Süddeutschen Zeitung.

"Wenn es darum geht, zu sparen, wird dies als Erstes den zweiten Arbeitsmarkt treffen", ergänzte eine Sprecherin der Nürnberger Behörde. Man wolle aber auf jeden Fall vermeiden, bei der Weiterbildung die Programme für Langzeitarbeitslose zu kürzen. Nach Angaben der BA hatten 2009 im Durchschnitt 280.000 Menschen einen Ein-Euro-Job. Die Kosten belaufen sich dafür auf mehr als eine Milliarde Euro. Bei den staatlich geförderten Jobs soll es sich um zusätzliche Tätigkeiten "im öffentlichen Interesse" handeln, etwa im Garten- und Landschaftsbau. Der Bundesrechnungshof hatte allerdings vor kurzem kritisiert, dass die Jobcenter diese Bedingungen bei der Vergabe oft viel zu wenig beachteten.

Opposition warnt vor Scheinerfolgen

Die Mittelkürzungen bei der Bundesagentur sind Teil des Sparpakets der Bundesregierung. Danach ist vorgesehen, die Ausgaben für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen von 6,6 Milliarden Euro auf 5,3 Milliarden Euro 2011 zu verringern. Zugleich bekommen die zuständigen Jobcenter zusätzliche Aufgaben: Sie müssen eine Organisationsreform umsetzen und Leistungen aus dem Bildungspaket für die Kinder aus Hartz-IV-Haushalten abrechnen.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege fürchtet deshalb nicht nur, dass die Jobcenter aus den Mitteln für die Arbeitsmarktförderung Geld in ihre Verwaltungsbudget umschichten, "wenn die Personal- und Verwaltungskosten nicht gedeckt werden können". Wegen der Mittelkürzungen sei es auch "faktisch unmöglich", gerade die Gruppen, die eine besonders individuelle Förderung benötigen, stärker zu aktivieren, heißt es in einem Schreiben an die Vorsitzenden des Sozial- und des Haushaltsausschusses im Bundestag. Das meint auch Kerstin Griese, Sozialexpertin des Diakonisches Werkes der EKD: "Wir sehen schon jetzt, dass Personen mit besonderen Vermittlungshemmnissen wie fehlenden Abschlüssen oder einer Suchterkrankung die Verlierer dieser Kürzungen sind."

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte dagegen angekündigt, unter den Jobsuchenden vor allem Jüngere mit geringer Qualifikation, Ältere und Alleinerziehende stärker zu fördern. In der Bundesregierung wird darauf verwiesen, dass die Jobcenter ihre Mittel effizienter nutzen könnten und sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt weiter verbessere. Dies wird auch in der BA so gesehen. "Wir haben noch Luft nach oben", sagte die Sprecherin. Die Betreuungsintensität werde sich nicht ändern. Auch werde es die Bundesagentur schaffen, wie vom Haushaltsausschuss gewünscht, die Vermittlungsquoten bei der Eingliederung von Langzeitarbeitslosen zu verbessern.

Die Opposition warnte dagegen vor Scheinerfolgen: "Durch die Vorgabe, die Vermittlungsquoten in den Arbeitsmarkt zu steigern und die gleichzeitige drastische Kürzung bei der Arbeitsförderung werden Langzeitarbeitslose abgehängt", sagte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer. So könnten die Jobcenter nur noch schnell zu vermittelnde Arbeitslose fördern. "Diejenigen mit besonders schweren Problemen könnten bei diesem Hochleistungswettbewerb nicht mithalten, denn ihre Integration dauert lange und erfordert intensive Unterstützung."

© SZ vom 29.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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