Streit über Handelsungleichgewicht:Deutscher Exportüberschuss auf Rekordwert

Autoterminal in Bremerhaven

Exportieren, was das Zeug hält: Autoterminal in Bremerhaven

(Foto: dpa)

"Öl ins Feuer": Deutschlands Exporte übersteigen die Importe so stark wie nie. USA und EU dürften sich bestätigt fühlen. Sie finden, Deutschland bringe Europas Wirtschaft aus dem Gleichgewicht.

Neue Nahrung für den Streit über Deutschlands Handelsbilanz: Der deutsche Exportüberschuss ist im September auf ein neues Rekordhoch gestiegen. Die Ausfuhren überstiegen die Importe um 20,4 Milliarden Euro, teilte das Statistische Bundesamt mit. Grund sei vor allem die steigende Nachfrage aus dem Rest Europas.

Damit wurde der bisherige Höchstwert vom Juni 2008 übertroffen, der bei 19,8 Milliarden Euro lag. Der hohe Wert wird öffentlich imitten der Debatte, in der darüber diskutiert wird, ob Deutschlands Exportstärke den Rest der Euro-Zone behindert. "Die neuen Zahlen dürften Öl ins Feuer gießen", so kommentierte der Chefvolkswirt von HSBC Trinkaus, Stefan Schilbe, die neuen Zahlen.

Schon lange wird der starke deutsche Außenhandel im Ausland kritisiert. Doch der Ton hat sich in den vergangenen Tagen verschärft, gerade unter Deutschlands Partnern.

Erst vor einer Woche hatte das US-Finanzministerium in ungewöhnlich scharfen Worten kritisiert, dass Deutschland viel exportiere, die Nachfrage im Land selbst aber "blutleer" sei. Besonders die europäischen Staaten in der Krise würden mit deutschen Produkten überschwemmt, obwohl sie doch selbst wettbewerbsfähige Produkte herstellen müssten, um ihre Probleme zu überwinden. Die Kritik belastet das deutsch-amerikanische Verhältnis, das ohnehin schon wegen der NSA-Affäre angespannt ist.

Vor wenigen Tagen drängte auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso Deutschland, mehr gegen seine Exportlastigkeit zu tun. Auch der Internationale Währungsfonds macht Druck.

Die Kommission zieht allerdings keine unmittelbaren Konsequenzen aus dem Rekord-Überschuss. "Wir nehmen die am Freitag veröffentlichten Zahlen natürlich zur Kenntnis", teilte der Sprecher von EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn mit. Der will die wirtschaftlichen Ungleichgewichte in einzelnen EU-Staaten untersuchen. Die Exportzahlen seien dabei aber nur einer der Indikatoren.

Am Mittwoch will die Kommission Details zu ihren Untersuchungen vorlegen. Dann wird auch klar, welche Staaten mit einer eingehenden Analyse rechnen müssen.

Die Bundesregierung winkt ab: Man könne ja nicht verhindern, dass deutsche Produkte im Ausland so beliebt seien. Außerdem führen Verteidiger des Exportüberschusses an, dass ja auch ausländische Unternehmen profitierten, weil deutsche Unternehmen viele Einzelteile aus deren Produktion verbauten.

DIHK-Außenhandelschef Volker Treier, Außenhandelschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, mahnte nach den neuen Zahlen zur Gelassenheit: "Die Unternehmen wollen mehr investieren, deshalb werden wir künftig mehr Waren aus dem Ausland beziehen, was den Überschuss wieder drücken wird." Hannes Hesse, Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauer-Branchenverbandes, hatte die Vorwürfe aus dem Ausland bereits vor einigen Tagen "völligen Unsinn" genannt.

Die deutschen Exporteure konnten ihre Ausfuhren im September spürbar steigern, verglichen mit August stiegen sie um 1,7 Prozent. Es ist bereits der zweite deutliche Anstieg in Serie. Die Einfuhren waren hingegen rückläufig, sie sanken um 1,9 Prozent.

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