Streit um die Strategie:"BMW ist auch kein Ponyhof"

The 2016 Paris Motor Show Day One

Strommotoren für alle? BMW-Vertriebsvorstand Ian Robertson bemühte sich um eine Erklärung.

(Foto: Jasper Juinen/Bloomberg)

Warum der Münchner Konzern, der beim E-Auto mal den Takt vorgab, in Paris im Hintergrund bleibt.

Von Thomas Fromm

Ian Robertson hat nicht viel geschlafen diese Nacht, das sieht man ihm an. Das Leben eines Managers kann ziemlich ermüdend sein. Der BMW-Vertriebschef war noch am Abend vor den Pariser Messe-Terminen in München, Aufsichtsratssitzung. Oder, wie es Robertson selbst sagt: "Business as usual".

Es ist eigentlich eine undankbare Aufgabe für ihn, heute hier zu sitzen. Ausgerechnet bei diesem Autosalon in Paris stehen Elektroautos auf einmal ganz vorne: Daimler, Volkswagen, Renault, Opel - alle reden darüber, wie sie in den nächsten Jahren die große Stromer-Offensive starten wollen, wie sie mit Reichweiten von 400, 500 und 600 Kilometern die Kurve kriegen und raus aus dem Diesel-Zeitalter fahren wollen.

BMW, jener Konzern, der vor drei Jahren mit seinem elektrischen i3 die Branche aufmischte, redet gerade nicht so richtig mit. Es gibt Konkurrenten, die jetzt sagen: So ist das, wenn man zu früh kommt und auf Avantgarde macht - dann hat man hinterher nichts mehr im Ärmel, wenn es wirklich ernst wird.

Tatsächlich wird bei BMW hinter den Kulissen sehr wohl darüber diskutiert, wie es mit E-Autos weitergehen soll, nur so ganz entschieden ist das alles noch nicht. Zur Diskussion steht einiges: BMW-Chef Harald Krüger will Elektroautos auf breiter Front einsetzen, was eine Abkehr wäre vom exklusiven Einsatz der Kohlefaser-Leichtbau-Karosserien und der eigens dafür von seinem Vorgänger Norbert Reithofer gegründeten i-Serie. Auch dem 3er, kleineren Geländewagen und dem Mini sollen dann Batterien verpasst werden; es wäre möglicherweise eine Schwächung, vielleicht sogar das Ende der exklusiven Submarke i.

Strommotoren für alle, also. BMW ist in der Regel kein Konzern, der seine Konflikte gerne nach außen trägt. Äußerste Diskretion, so will es die Eigentümerfamilie der Quandts, ist hier oberstes Gebot, nichts darf nach außen dringen - zumindest nicht, bis es hundertprozentig entschieden ist. Nach außen wirkt dann alles sehr harmonisch: Keine Diskussionen, alle sind sich einig.

Was sonst so hinter den Kulissen passiert? Wer weiß das schon.

Und so muss an diesem Donnerstag in Paris der britische BMW-Manager Ian Robertson ran. Er berichtet den Journalisten vom Brexit und von BMW, und als irgendwann die Sprache auf die Elektropläne der Münchner kommt, erlaubt er bis dato ungewohnte Einblicke in einen verschlossenen Konzern. Man streite natürlich "wie verrückt" über die richtige Strategie, aber das sei normal. Die BMW-Kultur sei auch nicht immer "sweetness and light", sagt Robertson. Man kann das in etwa so übersetzen: "BMW ist auch kein Ponyhof."

Wie auch, welches Unternehmen ist schon ein Ponyhof? Aber dass es einer direkt sagt, ist neu. "Wir sind nicht sehr gut darin, unsere Erfolge zu feiern", fährt der Marketing-Experte fort. Kaum sei etwas erreicht, gehe es sofort darum, was man besser machen könne. Aber kein Grund zur Panik, alles normal. Alles "business as usual."

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