Süddeutsche Zeitung

Streit über Verteilung der Reformlasten:Millionen-Gehälter der Topmanager in Verruf

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Justizministerin Brigitte Zypries denkt nun an ein Gesetz zur Steuerung der Bezüge. Der langjährige Daimler-Benz-Vorstandschef Edzard Reuter findet in Zeiten des Sparens Millionengehälter für Manager "nicht nur unmoralisch, sondern ethisch nicht begründbar".

Im Streit um die gerechte Verteilung der Lasten bei der Reform des Arbeitsmarktes geraten die Millionengehälter deutscher Manager immer stärker in Verruf. Angesichts ständig neuer Sparforderungen an die Arbeitnehmer werden Stimmen in Politik und Wirtschaft laut, Topmanager sollten solidarisch sein und auf Teile ihres Einkommens verzichten.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) schloss ein Gesetz zur Steuerung der Manager-Gehälter nicht aus. Die Verhandlungen beim Automobil-Konzern DaimlerChrysler über längere Arbeitszeit ohne Lohnausgleich gingen am Mittwoch in die entscheidende Phase.

"Managergehälter unmoralisch"

Die Debatte um soziale Gerechtigkeit und Standortpolitik hat in Deutschland einen Streit über eine gesetzliche Begrenzung von Managergehältern entfacht. So forderte der langjährige Daimler-Benz-Vorstandschef Edzard Reuter eine Deckelung der Managergehälter.

Wenn ein Unternehmen wie DaimlerChrysler sparen müsse, seien Millionengehälter für die Vorstände "nicht nur unmoralisch, sondern ethisch überhaupt nicht begründbar". Auch der frühere SPD-Chef Hans-Jochen Vogel forderte eine Obergrenze der Bezüge. Das Bundesjustizministerium erklärte, man schließe gesetzliche Regeln nicht aus, an eine Verdienst-Obergrenze sei aber nicht gedacht.

"Eine Schnapsidee"

Auch der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg stellte klar: "Es gibt keine Initiative für eine gesetzliche Regelung von Managergehältern." Man müsse allerdings darauf bestehen, dass die Gehälter "hinreichend transparent" seien. Dies sei in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen.

Es sei unzweifelhaft, dass die Manager-Gehälter eine Entwicklung genommen hätten, mit der die Tariflöhne nicht Schritt gehalten hätten. "Wenn ein Manager ein Vielhundertfaches verdient als ein Facharbeiter, muss man fragen, ob sich das allein aus der Leistung ableiten lässt." Die Bundesregierung habe keine Zweifel daran, dass die Gehälter rechtlich korrekt ausgehandelt würden: "Die Frage ist aber berechtigt, ob sie auch den Kriterien Moral und Anstand entsprechen."

Clement gegen Höchstgrenze

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) sprach sich gegen eine gesetzliche Höchstgrenze von Managergehältern aus. "Von gesetzlichen Regelungen halte ich nichts", sagte er. In Zeiten von Tarifkürzungen seien vielmehr freiwillige Angebote von Vorständen nötig. Ein Eingriff des Gesetzgebers stößt auch auf Widerstand in der Wirtschaft.

Der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, sprach von einer "Schnapsidee". Die Unternehmen müssten über die Bezüge ihrer Spitzenkräfte selbst entscheiden können. Den angekündigten freiwilligen Verzicht bei DaimerChrysler lobte er dagegen. Auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHK), Ludwig Georg Braun, wandte sich gegen generelle Begrenzungen von Managergehältern, mahnte aber Zurückhaltung an.

Auch VW denkt über Kürzungen nach

"Einige Manager sollten sich fragen, ob ihr Verdienst, gemessen an der erbrachten Leistung, angemessen ist", sagte Braun der Süddeutschen Zeitung.

"Wenn große deutsche Konzerne in Branchen wie der Pharmaindustrie in den letzten zehn Jahren international zurückgefallen sind, dann ist das nicht die Schuld der Arbeitnehmer, sondern es geht auf schlechte unternehmerische Leistung zurück." Über eine Verringerung der Manager-Bezüge wird auch bei VW nachgedacht.

Bei dem Autokonzern heißt es zwar, man plane keine individuelle Kürzung der Vorstandsgehälter. Doch offenbar ist auch beim Management an einen Verzicht gedacht, der dazu beitragen soll, bis 2011 das Ziel zu erreichen, die Personalkosten um 30 Prozent zu senken.

DaimlerChrysler: 500 Millionen Euro einsparen

Die Gespräche bei DaimlerChrysler über den Abbau von Arbeitspausen und die Reduzierungen von Schichtzulagen gingen am Mittwoch in die entscheidende Runde. Es komme möglicherweise schon bald zu einer Einigung, hieß es. Der Vorstand verlangt von der Belegschaft Einsparungen von 500 Millionen Euro pro Jahr.

Andernfalls würde die Produktion der C-Klasse aus dem Werk Sindelfingen nach Bremen oder Südafrika verlagert. Konzernchef Jürgen Schrempp hatte Entgegenkommen signalisiert und angekündigt, das Management werde auf einen Teil seines Einkommens verzichten. Schrempp gehört mit einem Jahreseinkommen von mehr als fünf Millionen Euro zu den Spitzenverdienern unter deutschen Managern.

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Quelle:
SZ vom 22.7.2004
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