Süddeutsche Zeitung

Streit mit Trump:Vom Streit zum Krieg

Die USA könnten schon bald Strafzölle gegen europäische Pkws erheben. Das wäre ein Schlag für die Autoindustrie.

Von Björn Finke und Alexander Hagelüken, Brüssel/München

Europa hat nur noch wenige Wochen. Bis Mitte November will US-Präsident Donald Trump verkünden, ob er Strafzölle gegen europäische Autos von bis zu 25 Prozent verhängt. Das wäre ein beispielloser Schritt: Nach Berechnungen des Münchner Ifo-Instituts könnte die gerade für Deutschland zentrale Autoindustrie nahezu die Hälfte ihrer Exporte nach Amerika einbüßen. Strafzölle auf Pkws made in Germany würden der deutschen Wirtschaft, deren Wachstum dieses Jahr von 1,5 auf höchstens 0,5 Prozent schrumpfen dürfte, einen neuen Schlag versetzen.

Einen Gradmesser für Trumps Haltung wird nun seine Reaktion auf das Urteil in Sachen Airbus liefern. Verhängt er sofort die Strafzölle, die ihm die Welthandelsorganisation WTO wegen der europäischen Subventionen für Airbus zubilligt, reicht das nach Konfrontationskurs. Denn ein einvernehmlicher Deal wäre möglich, weil die WTO Europa in wenigen Monaten Strafzölle gegen die USA wegen deren Subventionen für Boeing erlauben dürfte.

Hinter dem Disput über die Autos steht der Ärger des Präsidenten, dass sein Land aus Europa deutlich mehr ein- als dorthin ausführt. Trump will neue Regeln für den Handel durchsetzen, gegenüber China und Japan genauso wie gegenüber dem jahrzehntelangen Partner Europäische Union. Bereits im vergangenen Jahr führte der amerikanische Präsident Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte aus Europa ein, auf die Brüssel mit eigenen Zöllen antwortete.

Mit Autozöllen könnte Trump den Druck verstärken. "Wenn wir über Zölle auf Automobile sprechen, kann Amerika von Europa alles bekommen, was es will", behauptete der Präsident kürzlich. Das war eine der üblichen Übertreibungen, denn für die Vereinigten Staaten wäre eine Eskalation des Handelsstreits ebenfalls schmerzhaft. Zwar verzeichnen die USA seit langem ein Handelsdefizit mit der EU, im vergangenen Jahr betrug es 110 Milliarden Dollar. Aber Amerika exportiert eben auch für 575 Milliarden Dollar Produkte nach Europa - drei Mal so viel wie nach China. Höhere EU-Zölle ein Jahr vor den amerikanischen Präsidentschaftswahlen könnten Trump einigen Ärger bereiten.

Nach einem Treffen Trumps mit dem Brüsseler Kommissionschef Jean-Claude Juncker im Juli 2018 sah es nach Verständigung aus. Juncker versprach höhere Importe von Agrarprodukten und verflüssigtem Gas. Beide Seiten kündigten an, über Exporterleichterungen zu verhandeln, etwa durch das Kappen von Zöllen. Tatsächlich hat die EU den Bau von Terminals mitfinanziert, um Gas von Tankschiffen anzulanden. Die Importe von Flüssiggas aus den USA haben sich mehr als vervierfacht. Zudem erlaubte die Kommission, amerikanische Sojabohnen für die Herstellung von Bio-Kraftstoffen zu nutzen. Hier haben sich die Importe fast verdoppelt.

Bei den Gesprächen über Zölle geht es hingegen nicht voran. Die USA wollen über Handelserleichterungen für Industrie- und Agrarprodukte reden. Europa hat aktuell nur ein Mandat für Gespräche über Industriewaren. Das ließe sich ändern. Aber offenbar fehlt es am politischen Willen zu reden, auch und gerade in den Vereinigten Staaten.

"Es gibt hier de facto keine Verhandlungen", sagt Bernd Lange, der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament. Überhaupt sei schwer zu sehen, wie der Streit endgültig beizulegen sei, sagt der SPD-Politiker. "Die Europäische Union wird nie einer Verpflichtung zustimmen, dass ihre Firmen weniger in die USA exportieren. Das wäre eine gelenkte Wirtschaft."

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SZ vom 01.10.2019
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