Streik:"Wir werden niemandem das Osterfest verhageln"
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An den zuletzt streikgeplagten Bahnhöfen und Flughäfen kehrt vor den Feiertagen Ruhe ein. Der österliche Friede wird aber nicht überall von Dauer sein.
Von Benedikt Peters
Zunächst einmal sind da einige gute Nachrichten pünktlich zum reisestarken Osterwochenende. Millionen Menschen können in Ruhe mit dem Zug fahren, sie müssen nicht fürchten, dass die Lokführer und Zugbegleiter streiken, nachdem sich die Gewerkschaft GDL mit der Deutschen Bahn in dieser Woche auf einen Tarifabschluss geeinigt hat. Arbeitskämpfe bei der Bahn wird es in diesem Jahr nicht mehr geben; erst ab April 2025 sind sie wieder möglich, also dann, wenn das nächste Osterfest vor der Tür steht.
Auch an den zuletzt streikgeplagten Flughäfen ist erst einmal Ruhe, wenn auch kürzer. Die Gewerkschaft Verdi hat sich mit der Lufthansa grundsätzlich geeinigt, was die Gehälter von etwa 25 000 Bodendienstmitarbeitern angeht - also etwa von Technikern und dem Personal an den Check-in-Schaltern. Den Durchbruch brachte eine Schlichtung, die der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und der frühere Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, leiteten. Die Beschäftigten bekommen nun bis zu 18 Prozent mehr Lohn sowie eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro; der Tarifvertrag läuft zwei Jahre. Abgewendet ist damit ein Szenario, das für viele Reisende sehr unangenehm hätte werden können: Für den Fall eines Scheiterns der Schlichtung hatte Verdi mit einem unbefristeten Streik gedroht.
Zwei Konflikte an den Flughäfen sind weiter akut
Halten wird der Friede an den deutschen Flughäfen zumindest bis nach den Feiertagen. Das ergibt sich aus den jüngsten Entwicklungen in zwei anderen Tarifkonflikten in der Luftfahrt, die ebenfalls das Potenzial haben, den Ärger vieler Fluggäste auf sich zu ziehen. Da ist einerseits das Kabinenpersonal der Lufthansa und der Regionaltochter Lufthansa Cityline. Es geht um 19 000 Flugbegleiter insgesamt, die Gewerkschaft UFO verlangt für sie 15 Prozent mehr Lohn. Anfang März hatten die Flugbegleiter jeweils für einen Tag ihre Arbeit an den Flughäfen in Frankfurt und München niedergelegt. Es gebe kein anderes Mittel mehr, da sich das Management uneinsichtig zeige, hatte UFOden Streik begründet.
Inzwischen aber laufen die Gespräche wieder, beide Seiten haben sich mehrfach getroffen. Es wirkt, als käme man voran. "Wir werden niemandem das Osterfest verhageln", sagt Harry Jaeger, Leiter Tarifpolitik bei UFO, der SZ. "Stattdessen werden wir unmittelbar nach den Feiertagen die Gespräche wieder aufnehmen und um eine Lösung am Verhandlungstisch ringen."
Der zweite größere und weiterhin akute Tarifkonflikt an den Flughäfen betrifft das Personal, das die Sicherheitskontrollen durchführt. Die insgesamt etwa 25 000 Beschäftigten sind bei verschiedenen privaten Firmen angestellt; die Gewerkschaft Verdi verhandelt für sie alle zusammen. Eine Ausnahme bildet Bayern: Die Sicherheitskontrolleure etwa am Flughafen München fallen unter den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes, sie sind von den aktuellen Verhandlungen nicht betroffen.
Busse und U-Bahnen könnten bald wieder stillstehen
Verdi will in dieser Runde einen um 2,80 Euro höheren Stundenlohn durchsetzen, außerdem soll es mehr Geld für Überstunden geben. Nach mehreren Warnstreiks hat sich die Gewerkschaft mit dem Bund der Luftsicherheitsunternehmen, der für die Arbeitgeber verhandelt, inzwischen auf eine Schlichtung verständigt. Sie beginnt am kommenden Freitag, 5. April, unter der Leitung des ehemaligen Bremer Finanzstaatsrats Henning Lühr (SPD), der mit solchen Angelegenheiten Erfahrung hat: Lühr schlichtete schon im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen, als in den Verhandlungen im Frühjahr 2023 nichts mehr ging. Bis Sonntag, 7. April, soll die Schlichtung dauern; Verdi hat sich verpflichtet, die Sicherheitskontrolleure bis dahin nicht mehr zu Ausständen aufzurufen.
Bleibt noch der öffentliche Nahverkehr, der zuletzt ebenfalls oft von Streiks betroffen war - etwa Ende Januar, als in etlichen Städten Busse-, Tram- und U-Bahnen stillstanden. In nahezu allen Bundesländern hatte Verdi Tarifverträge im Nahverkehr gekündigt; die Gewerkschaft versucht derzeit, in mehreren regionalen Runden höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten durchzusetzen. Es geht dabei um die Arbeitsbedingungen von insgesamt etwa 90 000 Beschäftigten.
Je nach Bundesland verlaufen die Verhandlungen sehr unterschiedlich - in einigen Regionen etwa steht schon der neue Abschluss, dort müssen sich die Fahrgäste nicht mehr um Streiks sorgen. Das gilt nach Angaben von Verdi für Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Thüringen und Hamburg. In anderen Bundesländern, etwa Bremen und Niedersachsen, gehen die Gespräche weiter.
Und dann gibt es noch die Länder, wo die Verhandlungen ziemlich verfahren sind. In Baden-Württemberg etwa, in Sachsen-Anhalt und in Nordrhein-Westfalen hat Verdi die Beschäftigten zu Urabstimmungen aufgerufen - gehen sie positiv aus, was als sehr wahrscheinlich gilt, dann drohen dort möglicherweise unbefristete Ausstände im Nahverkehr. Auch in Sachsen stehen die Zeichen auf Streiks. Der österliche Friede also, so viel scheint klar, wird nicht überall von Dauer sein.